"Russlands Angriff auf die Ukraine: 1.000 Tage Krieg und Zerstörung", erinnert das GrenzEcho auf Seite eins. "Der tausendste Tag", formuliert es L'Avenir ähnlich. "Tausend Tage eines harten Krieges", schreibt auch Le Soir. "Tausend Tage Krieg – und was nun?", fragt De Standaard in seinem Aufmacher. "Europa mangelt es angesichts des Ukraine-Kriegs an Einigkeit", kann L'Echo nur feststellen.
Tausend Tage nach Beginn der großangelegten Invasion scheint die Lage in der Ukraine tragischer und hoffnungsloser denn je, beklagt Le Soir in seinem Leitartikel. Tausend Tage Leben ohne zu leben für die, die geblieben sind, die den Bomben, der Angst, dem Mangel trotzen, die einen Kampf auf Leben und Tod führen, um ihr Land zurückzubekommen, ihre Identität zu erhalten oder einfach nur, um zu überleben. Diesen Sonntag ist wieder ein Regen aus russischen und wohl auch chinesischen Raketen und Drohnen auf das Land niedergegangen, Selenskyj hat davon gesprochen, den Krieg 2025 diplomatisch beenden zu wollen. Denn er, der unermüdlich nach Unterstützung sucht für sein von den Russen heimgesuchtes Heimatland, weiß: Donald Trump könnte Putin den Sieg schenken und die Europäer würden nichts daran ändern, fasst Le Soir zusammen.
Europa sendet ein schlechtes Signal nach Washington
Die russischen Invasoren kontrollieren aktuell fast 20 Prozent des ukrainischen Territoriums, erinnert La Libre Belgique. Dass US-Präsident Joe Biden der Ukraine nun erlauben will, begrenzt amerikanische Langstreckenwaffen gegen russisches Gebiet einzusetzen, ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges politisches Signal und eine strategische Wende. Die Vereinigten Staaten haben entschieden, der Ukraine noch einmal militärisch unter die Arme zu greifen, bevor Trump an die Macht kommt, bevor Trump die Ukraine möglicherweise zu Friedensverhandlungen und Zugeständnissen an Putin zwingt.
Das unterstreicht auch einmal mehr die zwiespältige Haltung Europas: Die Vereinigten Staaten zeigen zumindest, dass sie eine – wenn auch nur kurzfristige – klare Strategie haben. Das kann man von der Europäischen Union nicht sagen. Dabei kann sich das Europa nicht leisten: Die Ukraine zu unterstützen bedeutet, nationale Souveränität und das internationale Recht zu verteidigen. Und nebenbei Russland nicht noch mehr zu ermutigen, noch weiter zu expandieren, etwa in die baltischen Staaten oder nach Finnland. Der Mangel an europäischer Führung schwächt nicht nur das transatlantische Bündnis, das überlebenswichtig ist gegen Moskau. Es sendet auch ein ganz schlechtes Signal nach Washington, mahnt La Libre Belgique.
Der größte Fehler des Westens
Die Erlaubnis, amerikanische Langstreckenwaffen einzusetzen, wird den Kriegsverlauf nicht verändern, schreibt La Dernière Heure. Aber sie könnte der Ukraine erlauben, in Kursk standzuhalten, wo Russland seine nordkoreanischen Verstärkungen in die Schlacht wirft. Das könnte der Ukraine helfen, nicht ganz nackt am Verhandlungstisch erscheinen zu müssen. Europa hingegen bietet ein ganz anderes Bild: Scholz telefoniert schon wieder mit Putin und Macron schaut zu, ohne zu helfen. Noch haben wir die Ukraine nicht im Stich im gelassen. Aber wir waren noch nie so nah dran, es zu tun, wettert La Dernière Heure.
Bidens Entscheidung werde den Dritten Weltkrieg auslösen, haben gewisse Leute gezetert, merkt Het Nieuwsblad an. Was natürlich nicht stimmt, auch diese angebliche rote Linie Putins ist gefallen wie so viele andere davor. Es hat keine weitere Eskalation gegeben, nur den täglichen Tod und die Zerstörung, die die Russen auf die Ukraine regnen lassen von Stützpunkten, die außerhalb der Reichweite der ukrainischen Verteidigung liegen.
Der größte Fehler, den der Westen machen kann, ist, den Russen zu weit entgegenzukommen, in der Hoffnung dadurch die Gräueltaten des Kremls zu beenden. Genau das passiert aber gerade. Die sogenannten Experten überschlagen sich schon, um dem Westen eine Teilschuld an der Tragödie zu geben. Wer dieser Argumentation folgt, der kann auch sagen, dass Belgien mitverantwortlich ist für den Ersten Weltkrieg. Schließlich hätte man die deutschen Invasoren ja einfach durchlassen können. Eine Sache sollte doch bitte niemand vergessen: Russland ist in die Ukraine eingefallen. Russland und seine nordkoreanischen Bande den Krieg gewinnen zu lassen, das bedroht wirklich den Weltfrieden, donnert Het Nieuwsblad.
Der einzige Fluchtweg
Het Belang van Limburg beschäftigt sich mit der Suche nach einer Föderalregierung: Das Jahresende droht, nicht besonders feierlich zu werden. Falls eine Arizona-Koalition unter dem Weihnachtsbaum liegen sollte, bedeutet das einschneidende Reformen und schmerzhafte Sanierungen. Gibt es noch immer keine Einigung, dann rutscht Belgien noch weiter in Richtung des Abgrunds mit politischer Aussichtslosigkeit, einer weiter schrumpfenden Wirtschaft und noch tiefroteren Staatsfinanzen.
Nach vier Monaten im Kreis drehen, auf Zeit spielen, Beschleunigen, Zurückkriechen, Aufgeben und Zurückkehren an den Tisch verhandeln die fünf Parteien seit gestern richtig. Auf Regierungsbildner De Wever wartet dabei eine Sisyphusarbeit, das ist schon deutlich geworden. Währenddessen tickt die Uhr aber gnadenlos, schrillen die Alarmglocken in Europa unbarmherzig weiter. Wenn nicht endlich eingegriffen wird, wird unser Haushalt noch weiter entgleisen. Eine Arizona-Regierung vor Weihnachten ist der einzige Fluchtweg – selbst mit all den Strapazen und Schmerzen, die das für uns alle bedeuten wird, ist Het Belang van Limburg überzeugt.
Boris Schmidt