"Diese Allianz mit der PTB in Mons ist ein Experiment", zitiert La Libre Belgique PS-Chef Paul Magnette auf ihrer Titelseite. "Wenn die PS sich mit der PTB zusammentut, dann schaufelt sie weiter ihr eigenes Grab", gibt L’Echo auf seiner Titelseite die Meinung des MR-Parteivorsitzenden Georges-Louis Bouchez wieder. Die neue Mehrheit im Gemeinderat in Mons, eine Allianz zwischen PS, Ecolo und PTB, greifen einige Zeitungen auch in ihren Leitartikeln auf.
La Libre Belgique beobachtet: Nach dem Aufstieg des Vlaams Belang in Ninove und dem Bruch des Cordon sanitaire in Flandern ist jetzt in Mons eine weitere rote Linie überschritten worden. Denn dort hat die PTB jetzt erstmals im frankophonen Belgien Regierungsverantwortung bekommen. Dank der PS und Ecolo, die die PTB mit in ihre Koalition geholt haben. Und es ist nicht auszuschließen, dass einige Gemeinden vor allem im Brüsseler Raum dem Beispiel folgen werden. Das ist zu Recht beunruhigend. Denn PS und Ecolo scheinen den ideologischen Hintergrund dieser marxistischen Partei und ihre Affinität zu autokratischen Regimen vergessen zu haben, ärgert sich La Libre Belgique.
Eigene Schuld
Le Soir hält fest: In Belgien gibt es kein Verbot, mit einer linksextremen Partei eine Koalition zu schließen. Der Cordon sanitaire gilt nur für rechtsextreme und rassistische Parteien. Das ist die PTB nicht. Deshalb ist in Mons zwar vielleicht ein Tabu gebrochen, aber keine rote Linie überschritten worden. Die war nämlich nur von MR-Chef Georges-Louis Bouchez gezogen worden. Dass er jetzt so laut aufschreit, ist zwar verständlich. Aber Bouchez muss sich auch an seine eigene Nase packen. Hätte die MR den Wahlkampf in Mons nicht so verbittert geführt gegen die PS, dann hätte die PS vielleicht überlegt, eine Mehrheit mit der MR zu bilden. Doch das Klima war so vergiftet, dass die PS das nicht in Erwägung zog. Und so kam die PTB ins Spiel, erinnert Le Soir.
Zu den jüngsten Wendungen bei der Suche nach einer neuen Föderalregierung kommentiert De Standaard: Man muss sich fragen, was Regierungsbildner Bart De Wever damit bezweckt, jetzt plötzlich die OpenVLD als Partner mit ins Spiel zu bringen. Eine Föderalregierung ohne flämische Mehrheit - das hatte De Wever in der Vergangenheit selbst immer kritisiert. Will er jetzt schon ein Not-Kabinett bilden, um einige Reformen durchzudrücken, die unbedingt und schnell nötig sind für unser Land? Oder ist das nur ein Schachzug, um dem MR-Vorsitzenden Bouchez zu zeigen, dass es keine wirkliche Alternative zur Arizona-Koalition gibt?, fragt sich etwas ratlos De Standaard.
Klares Profil
Het Laaste Nieuws hingegen wittert eine Chance und notiert: Zwar ist es richtig, dass die OpenVLD nicht als ein Gewinner der Wahlen bezeichnet werden kann. Aber wenn sie jetzt schon mal gebeten wird, sich an der Regierung zu beteiligen, dann sollte sie das Angebot auch annehmen. Dadurch würde das Profil der neuen Regierung auch klar: Es wäre dann eine klar rechtsgerichtete Regierung. Inhaltlich könnte man an einem Strang ziehen. Dank der starken MR könnte dann eine Regierungsbildung mit deutlich liberalen Akzenten relativ rasch über die Bühne gehen, argumentiert Het Laatste Nieuws.
Gazet van Antwerpen meint zum Angriff auf Fußballfans von Maccabi Tel Aviv in Amsterdam: Das war ein gezielter Angriff aufgrund des Glaubens und der Herkunft dieser Menschen. Die jüdische Gemeinschaft spricht deshalb nicht zu Unrecht von einem Pogrom. So etwas könnte auch bei uns in Belgien passieren. Im jüdischen Viertel von Antwerpen gibt es jede Woche Meldungen über Übergriffe auf jüdische Bürger. Einige Mädchen dort verstecken ihre Halsketten mit Davidsstern, wenn sie auf die Straße gehen. Amsterdam ermahnt uns, wachsam zu bleiben, warnt Gazet van Antwerpen.
Doppelter Preis
De Morgen schaut zurück auf die Wahlen in den USA und analysiert: Die Wahlen sind nicht unbedingt von Donald Trump und seinen Republikanern gewonnen worden. Die Wahlen sind vor allem von Kamala Harris und ihren Demokraten verloren worden. Warum? Weil sie es nicht geschafft haben, sich zur Stimme des "kleinen Mannes" zu machen und dessen Sorgen aufzugreifen. Die Kampagne von Harris war eine Kampagne für die gebildeten Schichten. Da ging es um Dinge wie Demokratie und Abtreibung. Trump hingegen hat mit den Alltagssorgen der Menschen Wahlkampf gemacht. Mit deren Sorge um genug Geld und deren Gefühl der sozialen Unsicherheit. Und nur so lassen sich heutzutage auch Wahlen gewinnen. Man muss das aufgreifen, was die meisten Menschen in ihrem Alltag beschäftigt. Das sollten auch die progressiven Parteien wieder machen, rät De Morgen.
L’Avenir überlegt zum Weltklimagipfel, der am Montag beginnt: Es gab Zeiten, als die zentrale Frage dieser Klimagipfel war, wie man die Erderwärmung stoppen könne. Mittlerweile geht es darum zu diskutieren, wie man genug Geld mobilisieren kann, um die Folgen des Klimawandels am besten in den Griff zu bekommen. Das ist ziemlich frustrierend. Denn dazu ist es nur gekommen, weil man jahrelang zu wenig gegen die Erwärmung gemacht hat. Für dieses Versäumnis bezahlt die Weltgemeinschaft jetzt einen doppelten Preis: Nicht nur die Erderwärmung muss jetzt weiter bekämpft werden, sondern auch schon die ersten verheerenden Folgen dieser Erwärmung, bedauert L’Avenir.
Kay Wagner