"750 Jahre Gefängnis für Drogenkriminelle im größten Prozess aller Zeiten", titelt De Standaard. "750 Jahre Haft für 115 Angeklagte", präzisiert Le Soir. Im Brüsseler Mammutprozess sind die Urteile gefallen. Eigentlich müsste man vom "Sky ECC-Prozess" sprechen, denn der Durchbruch kam, als die belgische Polizei das Kommunikationssystem Sky ECC knackte, das als unentschlüsselbar galt. Die Ermittler konnten also mitlesen und mithören. So bekamen sie tiefe Einblicke in die Funktionsweise der großen Drogenkartelle und konnten massenhaft Beweismaterial sammeln.
Belgien kein Standort mehr für die Automobilindustrie
"Letzte Klappe in Februar, so derweil die Schlagzeile von L'Echo. "Audi beendet im Februar die Produktion in Brüssel", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Audi Brussels wird am 28. Februar seine Pforten schließen", präzisiert Het Laatste Nieuws. Dass der deutsche Autobauer seinen Brüsseler Standort aufgeben will, das war ja schon länger bekannt. Jetzt kennt man also auch das Datum.
Das Drama in Forest weckt schmerzliche Erinnerungen, meint nachdenklich Het Belang van Limburg. Es hat Zeiten gegeben, da gehörte Belgien – gemessen an seiner Einwohnerzahl – zu den größten autoproduzierenden Ländern der Welt. Dann kam die Schließungswelle: Renault Vilvoorde, Opel Antwerpen, Ford Genk und jetzt also Audi Brüssel. Für die Autoindustrie gibt es also offensichtlich keinen Platz mehr in Belgien. Die Volvo-Fabrik in Gent ist so etwas wie der letzte Mohikaner. In Forest sollte man sich aber ein Beispiel an Ford Genk nehmen. Dort hat man sich dazu entschlossen, auf dem Gelände der alten Autofabrik Unternehmen mit lokaler Verankerung anzusiedeln. In Ungarn oder in der Türkei haben sich chinesische Autobauer niedergelassen, neben den Fabriken entstanden große Wohnkomplexe für Tausende chinesische Arbeiter. Ist es das, was wir wollen?
Neue kommunale Wahlgesetzgebung ist kontraproduktiv
Einige flämischen Zeitungen beschäftigen sich in ihren Leitartikeln mit dem Chaos in einer Reihe von Städten und Gemeinden nach den Kommunalwahlen. Die neue kommunale Wahlgesetzgebung ist kontraproduktiv, ist etwa Gazet Van Antwerpen überzeugt. Der Wahlsieger hat gerade mal zwei Wochen Zeit, um eine Mehrheit zu schmieden, ansonsten verliert er sein Initiativrecht. In Gent waren überstürzte Entscheidungen die Folge, was letztlich für ein heilloses Durcheinander sorgte. Da wurde viel Porzellan zerdeppert. In Antwerpen hat man es anders gemacht: Da haben N-VA und Vooruit die neuen Regeln schlichtweg ignoriert. Die neue flämische Regierung wird die Wahlgesetzgebung auf jeden Fall noch einmal überarbeiten müssen.
Freifahrtschein ins Chaos
"Die neuen Regeln waren ein Freifahrtschein ins Chaos", wettert auch Het Nieuwsblad. Und das wurde schon am Wahltag klar. Die Wahlbeteiligung war erschreckend niedrig, weil ja in Flandern keine Wahlpflicht mehr galt. Der Demokratie hat man damit einen Bärendienst erwiesen. Viel schlimmere Auswirkungen hat jetzt aber noch die famose Zweiwochenfrist. In vielen Gemeinden ist das Initiativrecht auf die Zweitplatzierten übergegangen. Das Ganze wirkt wie ein einziger, unendlicher Staffellauf. Der größte Fehler war, dass die letzte flämische Regierung von den falschen Prämissen ausgegangen ist, nämlich von der Allmacht des Größten. Insbesondere in Flandern war es längst nicht immer der Wahlsieger, der am Ende ins Rathaus einzog. Vielmehr waren es Koalitionen, die ein gemeinsames Projekt und eine gemeinsame Vision verband. So funktioniert eben Demokratie. Das neue Wahlgesetz sollte mehr Transparenz bringen. Erreicht hat man das Gegenteil.
Israel überschreitet eine neue Grenze
Einige Zeitungen schließlich kritisieren mit scharfen Worten das vom israelischen Parlament beschlossenen Arbeitsverbot für das UNRWA, also das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen. Konkret wird der Schritt zur Folge haben, dass die Zivilbevölkerung im Gazastreifen nicht mehr mit Hilfsgütern versorgt werden kann. Damit überschreitet Israel eine neue Grenze, konstatiert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Die Entscheidungen der Knesset wird begründet mit Vorwürfen, wonach einige Mitarbeiter des UNRWA der Hamas nahestehen sollen. Das UNRWA dafür aber gleich ganz zu verbieten, das geht entschieden zu weit. Denn die humanitären Konsequenzen werden dramatisch sein. Und außerdem stachelt man damit die Feindseligkeiten Israel gegenüber weiter an.
Weltordnung in ihren Grundfesten bedroht
Der Krieg Israels gegen die Hamas ist in dieser Form nicht mehr zu rechtfertigen, ist Het Laatste Nieuws überzeugt. Ja, natürlich hatte Israel das Recht, auf den grausamen Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 zu reagieren. Inzwischen sind aber 42.000 Tote zu beklagen, zwei Drittel davon sind Kinder, Frauen und alte Menschen. Man muss doch kein Antisemit sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass in diesem Krieg die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt ist. Das Arbeitsverbot für das UNRWA macht alles nur noch schlimmer.
Und noch dazu wird die Weltordnung durch die Entscheidung in ihren Grundfesten bedroht, hakt Le Soir ein. Mit dem UNRWA stellt Israel nämlich die Vereinten Nationen insgesamt ins Abseits. UN-Generalsekretär Antonio Guterres wurde ja bereits zur Persona non grata in Israel erklärt. Israel ist ja längst nicht das einzige Land, das grundsätzliche Kritik an der UNO äußert und der Organisation die Legitimität abspricht. Die Aussicht auf eine neue Amtszeit von Donald Trump macht die Gefahr noch greifbarer. Der Weltfrieden ist mehr denn je bedroht.