"Guy D'haeseleer stellt erste rechtsextreme Führungsmannschaft vor – Stieftochter Malika wird Schöffin in Ninove", titelt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "'Super-Bürgermeister' Guy D'haeseleer gibt Stieftochter Sitz im Schöffenkollegium von Ninove", schreibt De Standaard. "Stieftochter D'haeseleer wird Schöffin in Ninove", so auch Het Nieuwsblad.
Es ist wirklich keine gute Woche für Vlaams Belang-Chef Tom Van Grieken, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel: Jean-Marie Dedecker lässt die Rechtsextremen in Middelkerke doch links liegen und entscheidet sich stattdessen für die N-VA. Und dann ist da der riesige strategische Patzer, den sich Guy D'haeseleer in Ninove geleistet hat. Seine Stieftochter wird mit ihren 20 Jahren zur vermutlich jüngsten Schöffin Flanderns. Und wer weiß, vielleicht wird sie sich ja als brillante Politikerin entpuppen. Aber entscheidend ist etwas anderes: Der Vlaams Belang hat die traditionellen Parteien und ihre Vertreter immer als Postenschacherer dargestellt, die ihre Familien und Freunde mit Jobs versorgen. Und jetzt macht Guy D'haeseleer seine Stieftochter zur Schöffin. Eigen volk erst, next level! Für eine Partei, die sich so lange gerühmt hat, dass alles anders würde, wenn sie erstmal mitregiert, ist das ein Horrorszenario. Es dümmer anzustellen, wäre wirklich schwierig, so das gnadenlose Urteil von Het Nieuwsblad.
Schlechte Verlierer
Het Belang van Limburg beschäftigt sich mit Wahlverlierern: Genk und Gent. Obwohl sie nur ein Buchstabe trennt, haben diese beiden flämischen Städte wenig gemeinsam. Oder doch: Beide haben einen Kanal und sehr schlechte Verlierer. In Genk ist das Zuhal Demir von der N-VA. Nach ihrer Niederlage hat sie wüste Vorwürfe gegen CD&V-Bürgermeister Wim Dries geäußert, bei aller nachvollziehbaren Enttäuschung eine wirklich übertriebene Reaktion Demirs. Und in Gent gehen die Grünen auf die Barrikaden und wohlen partout nicht wahrhaben, dass sie von den Sozialisten und Liberalen ausgebootet worden sind. Wenn ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat zum Sturm auf das Kapitol aufruft oder die Armee einsetzen will gegen "linksradikale Spinner", bezeichnen wir ihn als gefährlichen Populisten und schlechten Verlierer. Wenn selbstdeklarierte Progressive in Gent sich weigern, das Wahlergebnis anzuerkennen, stellen sie sich auf eine Linie mit Trump. Traurig, findet Het Belang van Limburg.
Politik ist Emotion, hält Het Laatste Nieuws fest. Das muss den Genter Grünen niemand mehr erzählen. Rot-Blau und Gelb haben in Gent eine Mehrheit. Daran ist nichts Antidemokratisches, wie manche Grüne jetzt behaupten. Noch nicht einmal in Gent. Im Gegenteil: Das ist Demokratie und absolut legitim, unterstreicht Het Laatste Nieuws.
Die linken Demonstranten in Gent machen genau die gleichen Fehler, die die Rechtsextremen so oft machen, schreibt Gazet van Antwerpen: Sie beanspruchen zu Unrecht, im Namen der gesamten Bevölkerung zu sprechen; in vorliegendem Fall im Namen der gesamten Bevölkerung von Gent. Auch der Vlaams Belang schwadroniert ja gerne über das, was "der Flame" wolle und schwingt sich damit zum Sprachrohr aller Flamen auf. Auch die grünen Aktivisten haben den Pfad der Polarisierung eingeschlagen, stellt Gazet van Antwerpen fest.
Vorsicht vor dem Grand Canyon der Arizona
La Dernière Heure befasst sich mit den föderalen Regierungsverhandlungen: Nach den Wahlen ist klar, dass nur die Arizona-Parteien den Staat regieren werden, also MR, Les Engagés, N-VA, CD&V und Vooruit. Bleiben zwei Fragen: Wann? Und auf welcher Basis? Mittlerweile liegt ja die x-te Version von Bart De Wevers "Super-Note" auf dem Tisch. Neben absurden Symbol-Forderungen wie der Regionalisierung des Königlichen Meteorologischen Instituts enthält das Papier vor allem auch viele heiße Eisen, über die die Meinungen der Koalitionspartner in spe weit auseinandergehen. Sie müssen nur aufpassen, dass aus diesen Gräben nicht der Grand Canyon der Arizona wird. Außerdem muss es schnell gehen und es muss viel gespart werden. Zumindest darüber sind sich alle einig, frotzelt La Dernière Heure.
De Standaard greift den alarmierenden Konjunkturbericht auf, den der Verband der belgischen Technologieunternehmen, Agoria, gestern veröffentlicht hat. Die gesamte europäische Industrie steht aktuell unter enormem Druck, besonders durch die hohen Energiepreise und die scharfe Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten und China. Aber der belgische Tech-Sektor leidet noch stärker als der Rest Europas. Bei den föderalen Unterhändlern der Arizona fallen die Sorgen der belgischen Unternehmer auch nicht auf taube Ohren. In De Wevers "Super-Note" ist die Rede von einer Beibehaltung sowohl der automatischen Indexanpassung zum Schutz der Kaufkraft als auch des Lohnnormgesetzes zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit - vorläufig zumindest. Denn gleichzeitig gibt die Note den Sozialpartnern zwei Jahre Zeit, um beide Systeme grundlegend zu reformieren. Viel Glück damit, denn das sind zwei absolut festgefahrene Dossiers, erinnert De Standaard.
Frust am Flughafen
La Libre Belgique regt sich derweil über den Streik gestern am Flughafen Charleroi auf: Werden wir in Zukunft, wenn wir in den Schulferien in die Sonne fliegen wollen, immer befürchten müssen, am Boden zu bleiben? Werden wir systematisch beim kleinsten Sozialkonflikt als Geiseln genommen werden? 90 Flüge sind gestern ausgefallen, die Ferienpläne Tausender Passagiere sind in letzter Minute komplett über den Haufen geworfen worden. Was ist eigentlich mit dem Respekt den Reisenden gegenüber? Diese unendlichen Streiks schaden dem Ansehen eines ganzen Sektors. Die Gefahr ist groß, dass sich Menschen künftig lieber für andere Flughäfen im In- und Ausland entscheiden werden. Und die Gewerkschaften tun sich und ihren legitimen Anliegen mit solchen Aktionen auch keinen Gefallen, wettert La Libre Belgique.
Boris Schmidt