"Bedroht Vollmacht-Betrug Forza Ninove? Wenn 500 Stimmen ungültig sein sollten, wäre die absolute Mehrheit in Gefahr", schreibt De Tijd auf Seite eins. "Für Forza Ninove kam es auf 106 Stimmen an: Der Einsatz der Untersuchung auf möglichen Betrug wird größer", titelt De Standaard. "106 Stimmen können zu Neuwahlen führen in Ninove", fasst Het Nieuwsblad zusammen. "In fünf Gemeinden Verdacht auf Betrug mit Wahlvollmachten", meldet Het Laatste Nieuws. "Schon vier Ermittlungen wegen Wahlbetrug", liest man bei Gazet van Antwerpen.
Auch drei Tage später beherrschen die Kommunalwahlen noch immer die Nachrichten, hält Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel fest. Grund dafür ist möglicher Betrug mit Wahlvollmachten im ostflämischen Ninove. Aber was ist eigentlich der Stand der Dinge? Alle Vollmachten in Ninove werden untersucht auf mögliche Unregelmäßigkeiten – mehr ist da im Moment nicht. Es gibt aktuell auch noch keine Hinweise auf Straftaten. Genauso wenig sind mögliche Täter genannt worden. Es waren auch keine politischen Rivalen der rechtsextremen Forza Ninove, die die Klage eingereicht haben, es war der Friedensrichter, der die Wahl überwachen musste. Und selbst wenn Wahlbetrug festgestellt werden sollte, würde das noch nicht umgehend etwas am Wahlergebnis ändern – der Vlaams Belang hat eine absolute Mehrheit.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist eigentlich nur eine Sache klar: Das System der Vollmachten ist für Manipulationen anfällig. Wer der Demokratie wirklich dienen und das Vertrauen in die Justiz nicht untergraben will, wartet das Ergebnis der Ermittlungen ab, schweigt in der Zwischenzeit und bedient keine Verschwörungstheorien. Und unternimmt Schritte, um das System weniger anfällig zu machen, appelliert Het Nieuwsblad.
"Experiment Ninove"
Wenn die Geschichte um möglicherweise gefälschte Wahlvollmachten dem Vlaams Belang nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht, werden die nächsten Jahre in Ninove ein interessantes Experiment werden, kommentiert Gazet van Antwerpen. Denn dank der absoluten Mehrheit wird der Vlaams Belang sein Parteiprogramm integral zur Basis seiner Politik machen können. So fordert Forza Ninove unter anderem, dass Schulen keine Halal-Mahlzeiten anbieten dürften, und unterstreicht, dass es nicht sein könne, dass Schulen kein Schweinefleisch mehr anbieten würden. Beides ist nicht der Fall in den städtischen Schulen in Ninove. Und bei den anderen Schulen hat die Stadt sowieso nichts zu melden.
Forza Ninove will auch, dass sich weniger Fremde ansiedeln. Aber wie wollen die Rechtsextremen das umsetzen, ohne gegen geltende Gesetze zu verstoßen? Wie weit werden sie beim "aktiven Aufspüren von Illegalen" gehen? Das Programm von Forza Ninove umfasst auch Dutzende Punkte, die nichts mit Migration zu tun habe – und für die viel Geld aufgetrieben werden müsste, analysiert Gazet van Antwerpen.
Gescheiterte Integration
In Limburg gibt es auch nach diesen Gemeinderatswahlen keinen einzigen Bürgermeister mit Migrationshintergrund, hält derweil Het Belang van Limburg fest. Noch nicht einmal in den Bergbaugemeinden und obwohl wir mittlerweile in der vierten Generationen nach der ersten großen Migrationswelle in den 1970er Jahren sind. Auch dass unsere Gesellschaft immer schneller bunter wird, hat daran nichts geändert. Das zeigt, wie viele Hindernisse Menschen mit Migrationshintergrund noch immer bewältigen müssen. Und es zeigt vor allem auch, dass die Integration nicht geglückt ist. Ein anderes Problem ist derweil, dass sich mancherorts für bestimmte Parteien nur Kandidaten einer einzigen Ethnie durchgesetzt haben – eine politische Segregation, wie wir sie sicher nicht brauchen können, warnt Het Belang van Limburg.
Die frankophonen Zeitungen befassen sich vor allem mit den diversen Deals und Allianzen, die lokal die eine oder andere Partei trotz starken Abschneidens in die Opposition verbannen: Wir können uns nur den Bürgern anschließen, die mit Unverständnis auf Bündnisse reagieren, die bekanntgegeben worden sind, bevor die offiziellen Wahlergebnisse feststanden, wettert L'Avenir. Die Frage, warum man dann überhaupt noch wählen gehen soll, ist nachvollziehbar. In Flandern ist bei diesen Wahlen eine neue Regel eingeführt worden, die dem Kandidaten mit den meisten Stimmen auf der populärsten Liste für 14 Tage das Initiativrecht gibt. Daran sollten wir uns in der Wallonie ein Beispiel nehmen. Denn sechs Jahre sind lang für überstürzt und schlecht gebildete Allianzen – sowohl für die Gewählten als auch für die Bürger, kritisiert L'Avenir.
Wer im Glashaus sitzt …
Für diese Art von Problemen gibt es keine Wunderlösungen, scheint La Libre Belgique einzuhaken. Aber diese Flucht nach vorne, dieser zügellose Run auf Posten und Titel, lässt die wirklich wichtigen Anliegen in den Hintergrund treten. Es wäre sinnvoller, sich erst auf Projekte und ihre Finanzierung zu einigen, bevor die Kompetenzen verteilt werden. Und was gewisse Parteipräsidenten betrifft, die jetzt über Deals toben, die ihre Partei lokal ausgebootet haben: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, andernorts haben sie genau das Gleiche gemacht, giftet La Libre Belgique.
Dieses Verhalten zeigt mal wieder die ganze Arroganz der Partikratie, prangert Le Soir an. Wie wäre es denn, wenn sich die Vorsitzenden der frankophonen Parteien stattdessen auf ihre föderalen Verpflichtungen konzentrieren würden? Heute nimmt Regierungsbildner Bart De Wever die Verhandlungen über eine föderale "Arizona"-Regierungskoalition wieder auf. Die Sterne scheinen nicht ungünstig für eine neue Regierung zum Nikolaus. Aber die Bruchlinien zwischen den Rechts- und Mitte-Rechts-Parteien sind natürlich immer noch da. Genauso wie das gemeinschaftspolitische Minenfeld zwischen Flamen und Frankophonen, gibt Le Soir zu bedenken.
Boris Schmidt