"Gekämpft um einen Punkt", titelt Het Nieuwsblad. "Gegen zehn Italiener klappte es dann plötzlich doch", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Unverhofftes Unentschieden", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Die Roten Teufel haben gestern in der Nations League doch noch ein 2:2 Unentschieden gegen Italien erkämpft. Die Italiener hatten die erste Halbzeit klar dominiert. Nach einer Roten Karte gegen die Squadra Azzurra lief es dann aber doch für die Belgier. "Teufel mit zwei Gesichtern", so denn auch das Fazit von La Dernière Heure.
Und auch andere Zeitungen machen mit einem Sport-Thema auf: "Rafael Nadal, der König des Sandplatzes, gibt auf", titelt etwa La Libre Belgique. "König Nadal sagt Adieu", schreibt Le Soir auf Seite eins. Der spanische Tennisprofi hat ja gestern sein baldiges Karriereende angekündigt. 92 Siege, davon 22 Grand Slam-Titel: Rafael Nadal hat Tennisgeschichte geschrieben, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. Der Mallorquiner war immer ein vorbildlicher Athlet. Disziplin, Widerstandsfähigkeit, absolute Motivation und Ehrgeiz: All das hat es ihm erlaubt, dem Tennis während seiner 22-jährigen Karriere seinen Stempel aufzudrücken. Nadal hat seinen Sport revolutioniert. Und mit seinem Fair-Play und seinem Respekt war er ein Beispiel für viele.
Hahnenkämpfe dienen der Demokratie nicht
Im Mittelpunkt der Leitartikel stehen aber natürlich die anstehenden Kommunalwahlen vom kommenden Sonntag. In einigen Gemeinden haben Hahnenkämpfe aber leider die inhaltliche Debatte in den Schatten gestellt, beklagt La Libre Belgique. Das gilt vor allem für die Stadt Mons, wo sich der amtierende PS-Bürgermeister Nicolas Martin und sein liberaler Herausforderer Georges-Louis Bouchez eine regelrechte Schlammschlacht geliefert haben. Hier ging es nur noch um die Personen, was dazu geführt hat, dass die wirklichen Sorgen und Nöte der Bürger außen vor geblieben sind. Kein Ruhmesblatt für die Demokratie! Ähnliches konnte man in Antwerpen beobachten. Dort fokussiert sich alles auf den Zweikampf zwischen Amtsinhaber Bart De Wever und seinem jungen Herausforderer Jos D'Haese von der marxistischen PTB. Und auch da ging es nicht wirklich um Inhalte. Derlei Zweikämpfe haben zudem den Nachteil, dass die übrigen Parteien fast völlig ausgeblendet werden. In Antwerpen könnten deswegen allen voran Vooruit und Groen am Sonntag ein regelrechtes Waterloo erleben.
Abschaffung der Wahlpflicht: ein schmerzlicher Irrtum
Apropos Flandern: Ein großes Novum im nördlichen Landesteil ist ja die Tatsache, dass am kommenden Sonntag zum ersten Mal keine Wahlpflicht gilt. Einige Blätter sehen das durchaus kritisch. Man sollte die Dinge nur verändern, wenn sie falsch laufen, ist De Standaard überzeugt. Politiker sollten in erster Linie tatsächliche Probleme lösen. Die Wahlpflicht gehörte definitiv nicht dazu. Klar: Man darf davon ausgehen, dass am kommenden Sonntag rund ein Drittel der Wähler zu Hause bleiben wird. Das sind dann also die Leute, die ohnehin abgehakt haben und der Politik den Rücken zuwenden. Ausgerechnet auf der lokalen Ebene ist das aber unglücklich und sogar kontraproduktiv. Denn das kommunale Niveau ist den Bürgern am nächsten und deshalb auch prädestiniert, das Vertrauen wieder zu kitten. Eben deswegen spielt die lokale Ebene auch die Rolle des Kanarienvogels in der Kohlenmine: Hier kann man Unzufriedenheit und wachsendes Misstrauen am ehesten erkennen und gegebenenfalls auch darauf reagieren. Jetzt drohen Protestwähler schlichtweg ausgeblendet zu werden. Das alles nur um zu sagen: Die Abschaffung der Wahlpflicht war ein schmerzlicher Irrtum.
Ein bisschen Bürgerpflicht muss erlaubt sein
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich: Hinter der Abschaffung der Wahlpflicht verbarg sich ganz offensichtlich ein politisches Kalkül der traditionellen Parteien. Auf diese Weise konnte man nämlich all die Bürger loswerden, die in der Wahlkabine ohnehin nur der Politik den Mittelfinger zeigen wollten und deswegen irgendwelchen Extremisten ihre Stimme gaben. Und tatsächlich: Aus Umfragen geht hervor, dass die Maßnahme vor allem dem rechtextremen Vlaams Belang und der marxistischen PTB schaden wird. Die könnten rund ein Viertel ihrer Stimmen einbüßen. Aber löst man damit ein Problem, also indem man Unzufriedene oder extreme Störsender einfach ausblendet? Eine Demokratie funktioniert am besten, wenn wirklich jeder einmal alle paar Jahre dazu verpflichtet wird, sich mal kurz mit Politik zu beschäftigen. Ein bisschen Bürgerpflicht muss erlaubt sein. Die Demokratie ist zu wichtig, um sie am Ende abhängig zu machen vom sonntäglichen Kater oder vom Wetter.
"Fusion" ist kein Schimpfwort
La Dernière Heure befasst sich mit dem Zustand der Gemeinden im Allgemeinen. Der Begriff "Fusion" scheint insbesondere im Wallonischen ein Schimpfwort zu sein, ein Tabu, das man bloß nicht aussprechen darf. Gerade in diesen Wahlkampfzeiten ist das ein tragischer Irrtum. Natürlich gibt es lokale Befindlichkeiten und Identitäten, die es zu respektieren gilt. Jede Gemeindefusion muss deswegen wohlüberlegt sein. Dennoch muss man der Realität ins Auge sehen. Kleinere Gemeinden sind mit den heutigen Zwängen und Herausforderungen hoffnungslos überfordert, sie ersticken an ihren Kosten. Jede noch so kleine Kommune braucht ihr Städtebauamt, ihren Fahrzeugpark. Effizienz und Professionalisierung sehen anders aus. Jetzt bedarf es des politischen Mutes, um diese Wahrheiten auch mal auszusprechen und dann auch die Konsequenzen daraus zu ziehen.
Roger Pint