"Sind die Cyber-Angriffe eine Gefahr für die Wahlen?" fragt La Libre Belgique auf Seite eins. "Jeder achte Bürgermeister ist im Immobiliengeschäft tätig", so der Aufmacher bei De Standaard. "In zwei Dritteln der Gemeinden verbessert sich die Verkehrssicherheit", titelt Le Soir.
Verschiedene Themen rund um die Wahlen am kommenden Sonntag beschäftigen heute auch die Leitartikel.
La Libre Belgique berichtet: Wie schon bei den Föderal- und Regionalwahlen im Juni ist es auch dieses Mal schwer genug, Wahlhelfer zu rekrutieren. Anscheinend ist es sogar noch schwieriger als im Juni, und warum das so ist, das weiß keiner so genau. Sicher: Wenn man Wahlhelfer wird, kann man am Sonntag nicht ausschlafen. Man bekommt quasi einen Pflichttermin aufgedrückt, weil das Los es so wollte. Diese Einschränkung ist tatsächlich nicht aus der Welt zu schaffen. Aber vielleicht hilft es, dies als das kleinere Übel zu sehen. Man könnte sich ja auch sagen: Als Wahlhelfer unterstütze ich die Demokratie. Das ist mir wichtig. Ohne Wahlhelfer könnte die Demokratie nicht funktionieren. Und ohne Demokratie sähe unser Leben anders aus, schreibt La Libre Belgique.
Demokratie braucht mehr Frauen
L'Avenir erinnert: Neben den Gemeinderäten werden die Wähler am Sonntag auch die Provinzräte neu wählen. Das Problem dabei ist, dass die meisten Wähler nicht wissen, was die Provinzen eigentlich machen. Die Diskussion um den Sinn oder Unsinn der Provinzen gibt es seit fast 50 Jahren. Und auch die aktuelle Regierung in der Wallonie will die Provinzen ja reformieren. Die Frage bleibt, ob die Bürger dadurch besser verstehen werden, wofür die Provinzen da sind. Warten wir mal ab, was am Ende der Legislaturperiode aus den Reformplänen geworden ist, rät L'Avenir.
Le Soir notiert: Seit 2002 gibt es ein Gesetz, das die Parteien verpflichtet, ihre Wahllisten nach dem Reißverschlussprinzip abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen. Das führt aber nicht dazu, dass es bei den Spitzenkandidaten genauso viele Männer wie Frauen gibt. Frauen bleiben dort mit nur 30 Prozent weit hinter den Männern zurück. Und wenn eine Frau Spitzenkandidatin ist, ist die Gefahr doppelt so hoch wie bei einem Mann, dass sie wegen ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder Position beschimpft wird. Das haben Universitäten in Belgien herausgefunden. Das führt dazu, dass Frauen sich oft weigern, verantwortungsvolle Rollen in der Politik zu übernehmen. Und das schadet der Demokratie, findet Le Soir.
Gefahr der Vetternwirtschaft
Het Nieuwsblad weiß: Die Beziehungen zwischen Politikern und der Immobilienbranche birgt Gefahren für das Gemeinwohl. Die Tatsache, dass jeder achte Bürgermeister beruflich im Immobiliensektor tätig ist, ist deshalb problematisch. Da kann es schnell zu Vetternwirtschaft kommen. Viele Gemeinden haben das erkannt und Regeln aufgestellt, wie solche Bürgermeister sich im Amt zu verhalten haben. Gerade in kleineren Gemeinden ist das allerdings oft nicht einfach. Aber auch hier sollte gelten: Vorsorge ist besser als Heilen, gerade, wenn es um Immobilienskandale geht, betont Het Nieuwsblad.
La Dernière Heure stellt fest: Sicherheit, Mobilität und Sauberkeit stehen thematisch im Zentrum des aktuellen Wahlkampfs und das ist gut. Denn tatsächlich sind das drei große Herausforderungen, die es auch auf lokalem Niveau zu meistern gilt. Erstaunlich aber ist, dass das große Thema aus den vergangenen Gemeinderatswahlen diesmal überhaupt keine Rolle spielt, nämlich die Klima- und Umweltpolitik. Gerade so, als ob das nicht mehr wichtig wäre. Das ist allerdings mitnichten der Fall. Und es hilft auch nicht, zu beobachten, dass nicht nur in Belgien dieses Thema kaum noch eine Rolle spielt in Wahlkämpfen, bedauert La Dernière Heure.
Grünen eiern vor sich hin
Het Laatste Nieuws kommentiert zu den Grünen in Flandern: Die Partei hat ein großes Problem: Sie weiß nicht, was sie will und ist ganz groß dabei, sich selbst klein zu machen. In Gent hat sie mit dem bisherigen Verkehrsschöffen einen aussichtsreichen Spitzenkandidaten. Aber wenige Tage vor den Wahlen muss er sich Angriffen aus seiner eigenen Partei erwehren. In Antwerpen eiert Groen vor sich hin und zeigt sich offen für Koalitionen sowohl mit der liberalen N-VA als auch den Marxisten der PVDA. Wie wollen die Grünen mit so einem Verhalten es schaffen, Wähler für sich zu überzeugen, spöttelt Het Laatste Nieuws.
De Morgen notiert zu dem starken Zuspruch für die PVDA in Antwerpen: Die unklare Haltung der Sozialisten von Vooruit und der Grünen von Groen spielt der PVDA in die Hände. Vooruit und Groen wollen sich nicht festlegen, ob sie eventuell mit der N-VA oder doch lieber mit der PVDA regieren würden. Deshalb entscheiden sich viele, die auf jeden Fall linke Politik in Antwerpen haben wollen, für die PVDA. Denn so können sie sicher sein, dass ihre Stimme für linke Ziele nützlich bleibt, analysiert De Morgen.
Kay Wagner