"Nahost-Konflikt: befürchteter Gegenschlag – Iran startet Raketenangriff – USA sichern Israel Unterstützung zu", titelt das GrenzEcho. "Totaler Krieg scheint unabwendbar: Iran feuert aus Rache 181 Raketen auf Israel ab", schreibt Gazet van Antwerpen. "Der Nahe Osten steht vor der Explosion – israelische Offensive im Libanon löst iranischen Raketenregen aus", liest man bei De Tijd. "Der Iran nimmt Israel ins Visier und riskiert die Eskalation", so der große Aufmacher bei L'Echo. "Welle von Vergeltungsangriffen droht den gesamten Nahen Osten mitzureißen", warnt Het Belang van Limburg. "Nach Gegenangriff des Irans: Wird Israel noch eine Front eröffnen?", fragt De Standaard.
Die Marschrichtung Israels war seit dem 18. September klar, kommentiert L'Avenir. Nur wenige Stunden nach der Explosion Tausender Pager und Funkgeräte von Hisbollah-Mitgliedern verkündete der israelische Verteidigungsminister, dass sich der Schwerpunkt des Krieges in den Norden verlagern werde. Das hat jeder Schritt Israels seitdem bestätigt – bis hin zu den angeblich nur "begrenzten" und "gezielten" Vorstößen in den Süd-Libanon gestern. Diese Operationen haben auch die letzten Hoffnungen auf einen Waffenstillstand erstickt. Gestern hat der große Verbündete der Hisbollah nun reagiert – mit dem Abschuss von über 200 Raketen auf Israel. Opfer soll es dabei laut Tel Aviv nicht gegeben haben. Aber die Gefahr ist groß, dass die Lage trotzdem weiter eskalieren wird – und die ganze Region in Brand setzen wird, befürchtet L'Avenir.
Die Gefahr einer mörderischen Eskalation
Mit dem Rache-Raketenangriff des Iran ist ein regionaler Krieg im Nahen Osten noch wahrscheinlicher geworden, hält De Tijd fest. Es ist fraglich, ob eine Ausweitung des Krieges noch verhindert werden kann. Schon vor dem iranischen Beschuss hatten Israel und die Vereinigten Staaten mit Vergeltung im Fall eines Angriffs gedroht. Und Teheran wiederum hat gewarnt, dass es noch ein ganzes Arsenal an Raketen hat, um gegen Israel zurückzuschlagen im Fall einer Eskalation. Davor hatte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu einen Gang höher geschaltet, indem er Truppen in den Libanon einrücken ließen. Diese Bodenoffensive wird zähneknirschend auch von den Vereinigten Staaten unterstützt. Netanjahu profitiert in diesem Zusammenhang vom US-Wahlkampf. Denn hier geht es um jede Stimme, Netanjahu hat also quasi freie Hand. Netanjahu hat durch die jüngsten Erfolge gegen die Feinde Israels auch bei der eigenen Bevölkerung punkten können, seine Popularität wächst. Aber die Frage ist, ob er eigentlich eine Exit-Strategie aus all dieser Gewalt hat. Und ob sein Handeln Israel langfristig sicherer machen wird, bezweifelt De Tijd.
Der Angriff des Iran könnte den Beginn einer mörderischen Eskalation darstellen, meint L'Echo. Denn traditionell schlägt Israel immer deutlich härter zurück – man muss also das Schlimmste befürchten. Die Folgen wären potenziell verheerend, Zehntausende Leben im Nahen Osten wären in Gefahr. Aber eine Eskalation könnte noch weitreichendere Konsequenzen haben: Wenn die Vereinigten Staaten als unerschütterlicher Verbündeter Israels in den Krieg hineingezogen würden, würde der Konflikt unmittelbar ganz andere Dimensionen annehmen. Und das könnte auch jenseits des Nahen Ostens spürbar werden – von den Schlachtfeldern der Ukraine bis hin zu anderen geopolitischen Pulverfässern, warnt L'Echo.
Frankreich: ein trauriges Schauspiel
Le Soir blickt in seinem Leitartikel derweil nach Frankreich. Dort hat der neue Premierminister des Landes, Michel Barnier, gestern seine Regierungserklärung gehalten. Was für ein trauriges Schauspiel, schreibt die Zeitung, hier war kein frischer Wind zu spüren und auch nicht die geringste Spur von Ehrgeiz. Barnier erweckte den Eindruck, nur verhindern zu wollen, dass das Auto Frankreich zu früh im Straßengraben landet. Er scheint selbst nicht daran zu glauben, sich lange auf seinem Stuhl halten zu können. Aber wie könnte es auch anders sein angesichts der verfahrenen politischen Situation in Frankreich? Die Umstände seiner Ernennung tragen im Prinzip schon die Saat seines Scheiterns in sich und lassen seiner neuen Regierung kaum Handlungsspielraum. Man könnte versucht sein, diesen Zirkus mit einer Tüte Popcorn in der Hand verfolgen zu wollen – wenn die Lage des Landes nicht so ernst wäre, so das düstere Urteil von Le Soir.
Die Justiz als Werkzeug der Politik
La Libre Belgique befasst sich mit einem ganz anderen Thema: mit dem Anti-Walfang-Aktivisten Paul Watson. Ein Gericht in Grönland wird heute darüber entscheiden, ob Watson unter Auflagen freikommt. Es ist bereits sein dritter Antrag. Watson war am 21. Juli festgenommen worden, auf Basis eines zumindest sehr fragwürdigen internationalen Haftbefehls aus Japan von 2010. Dem Aktivisten droht die Auslieferung nach Japan, wo er bis zu 15 Jahre Gefängnis bekommen könnte. Diese Vorgänge illustrieren einmal mehr, wie die Justiz zu einem Werkzeug der Politik werden kann, um unliebsame Personen unschädlich zu machen. Es ist auch ein weiteres Beispiel für die Einschüchterung von Umweltaktivisten. Natürlich kann man die Methoden des radikalen Walfang-Gegners hinterfragen. Aber das Gleiche gilt auch für das Verhalten der japanischen Regierung. Hoffen wir, dass die dänische Justiz und Regierung, unter deren Zuständigkeit Grönland fällt, hier Augenmaß beweisen werden, so La Libre Belgique.
Het Laatste Nieuws greift die Drogengewalt in Brüssel auf: Schon wieder hat es eine Schießerei gegeben im berüchtigten Peterbos-Viertel. Die x-te in der Hauptstadt in den letzten Monaten. Aber solche Vorfälle scheinen kaum noch jemanden zu interessieren, selbst die Berichte in den Medien darüber werden immer kürzer. Dieses Schulterzucken muss einen doch auf die Palme treiben. Klar, in Antwerpen gibt es auch ständig Drogengewalt. Aber zumindest wird das Bürgermeister Bart De Wever dann auch vor die Füße gekippt. In Brüssel hingegen mit seinen 19 Bürgermeistern wird fleißig Schwarzer Peter gespielt. Wenn nicht untereinander, dann mit der föderalen Ebene. Hauptsache, niemand muss tatsächlich mal etwas gegen die Gewalt unternehmen, wettert Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt