"Israel beginnt Bodeneinsatz im Libanon", meldet Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Mit Einmärschen im Süd-Libanon erreicht der Krieg zwischen Hisbollah und Israel eine neue Phase", titelt De Standaard. "Wie weit wird die israelische Armee im Libanon gehen?", fragt L'Echo. "Israel: Der Krieg greift immer weiter um sich", stellt Le Soir fest. "Tod des Hisbollah-Führers ist kein Endpunkt für Israel: Naher Osten am Rand eines regionalen Krieges", fasst De Tijd zusammen.
Die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten werden allerdings noch nicht in den Leitartikeln aufgegriffen. Stattdessen blickt De Standaard auf die Nato: Der Kreml arbeitet an seiner neuen Nukleardoktrin und an der weiteren Erhöhung seiner Militärausgaben. Sein Angriffskrieg hat den Westen davon überzeugt, dass auch er militärisch wieder alle Register ziehen muss. Aber zu dieser Überzeugung zu kommen ist eine Sache, die Konsequenzen zu ziehen eine ganz andere – gerade in Zeiten klammer Kassen. Und auch angesichts der Tatsache, dass europäische Verteidigungsausgaben vor allem die Taschen amerikanischer Rüstungskonzerne füllen. Jeder europäische Schritt in Richtung mehr strategischer Autonomie bedeutet also potenzielle Einbußen für US-Betriebe – das kann zum Spaltpilz werden zwischen den westlichen Verbündeten. Besonders, falls Donald Trump wieder Präsident werden sollte.
Das ist die Lage, der sich der neue Generalsekretär der Nato, der Niederländer Mark Rutte, gegenübersieht. Aber wenn jemand diesen Herausforderungen gewachsen ist, dann er. Er ist nicht nur Vollblut-Pragmatiker mit viel politischer Erfahrung, er kommt dank seines Charakters auch gut mit allen aus. Hinzu kommt, dass gerade die Niederlande besonders atlantisch denken und immer einer der treuesten europäischen Verbündeten Washingtons gewesen sind. Natürlich wird sich Rutte erst noch beweisen müssen als Militär-Manager. Aber die Vorzeichen sind günstig, meint De Standaard.
Brüssel muss weiter warten
Ansonsten beschäftigen sich die Kommentare aber vor allem mit der neuen flämischen Regionalregierung. La Libre Belgique blickt in diesem Zusammenhang nach Brüssel: Mit der Eidablegung von Ministerpräsident Matthias Diependaele und seinem Team haben nun vier der fünf Regionen und Gemeinschaften die Arbeit aufgenommen. Während in Brüssel weiterhin gar nichts geht. Und vor den Kommunalwahlen am 13. Oktober ist auch nicht zu erwarten, dass sich hier noch viel tun wird. Man kann wirklich nur hoffen, dass die politisch Verantwortlichen danach wieder auf den Weg des Kompromisses finden werden. Denn die Brüsseler verdienen auch endlich eine Regierung – gerade angesichts der dramatischen Haushaltslage, appelliert La Libre Belgique.
Selbst wenn es lange gedauert hat: Auch Flandern hat nun eine neue Regionalregierung, schreibt sinngemäß L'Echo. Alle drei flämischen Koalitionspartner können sich in dem Regierungsabkommen wiederfinden, bleibt nur zu hoffen, dass die Regierung Diependaele nicht auf die gleichen Abwege gerät wie die Vivaldi-Koalition. Das Verhalten des Vooruit-Vorsitzenden Conner Rousseau am Wochenende gegenüber der N-VA lässt da nicht unbedingt das Beste erwarten. Man sollte auch festhalten, dass die neue flämische Regionalregierung in einigen Punkten fest auf die föderale Ebene setzt – und das bedeutet, dass sie auch die frankophonen Parteien überzeugen muss, erinnert L'Echo.
Eine unbequeme Frage
Wenn man die Regierungserklärung von Ministerpräsident Jan Jambon vor fünf Jahren mit der gestern von Matthias Diependaele vergleicht, dann fällt auf, wie wenig sich eigentlich verändert hat, stellt De Tijd fest: Einerseits ist das gut, denn diese Kontinuität kommt der Wirtschaft zugute, der Innovation und der Forschung in Flandern. Aber andererseits wirft es auch Fragen auf bezüglich des Umgangs mit Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der Stickstoff-Problematik. Und es gibt noch eine sehr unbequeme Frage: Warum musste drei lange Monate über etwas verhandelt werden, wenn so viel beim Alten bleibt?, stichelt De Tijd.
Das flämische Regierungsabkommen ist ein Musterbeispiel für einen Kompromiss, der in geduldiger Arbeit zwischen Parteien der politischen Mitte geschmiedet worden ist, kommentiert Gazet van Antwerpen. Herausgekommen ist ein Abkommen, das weit entfernt ist von den radikalen Lösungen, die extremere Parteien am linken oder rechten Rand wollten. Diependaele wird sich nun als Ministerpräsident beweisen müssen. Aber bis auf Weiteres verdient diese flämische Solidität Vorschussvertrauen, in all ihrer glorreichen Langweiligkeit, fordert Gazet van Antwerpen.
Wie schon seine Vorgänger und Parteikollegen Geert Bourgeois und Jan Jambon ist auch Matthias Diependaele niemand, der für verbales Feuerwerk sorgen kann, hält derweil Het Nieuwsblad fest. Seine Art zu reden erinnert viel mehr an einen Buchhalter. Aber Taten sind wichtiger als Worte. Und hier muss man konstatieren, dass das, was N-VA, Vooruit und CD&V da präsentiert haben, alles andere als eine Revolution ist. Was auch keine Überraschung ist, schließlich hat auch jetzt wieder die N-VA das Heft fest in der Hand, analysiert Het Nieuwsblad.
Die Macht der Partikratien
Het Belang van Limburg befasst sich mit dem Vorsitz des flämischen Parlaments: Obwohl die flämischen Sozialisten von Vooruit sich dieses Amt bei den flämischen Regierungsverhandlungen sichern konnten, wird es bis auf Weiteres von der bisherigen Vorsitzenden, Liesbeth Homans von der N-VA, ausgeübt werden. Auf expliziten Wunsch von Vooruit-Chef Conner Rousseau wohlgemerkt. Hinter dieser ungewöhnlichen Personalie stecken wohl parteipolitische Erwägungen. Die anstehenden Kommunalwahlen könnten das sozialistische Personal-Puzzle erheblich beeinflussen. Und solange es noch keine föderale Regierung gibt, ist auch noch nicht sicher, wer von Vooruit gegebenenfalls dort einen Ministerposten bekommen könnte.
All das illustriert einmal mehr, wie sehr die Partikratien das Parlament im Griff haben. Dass ein gewähltes Parlament auf einen neuen Vorsitzenden warten muss, bis ein Parteipräsident den Daumen hebt oder senkt, ist das beste Beispiel dafür, zu was für einer zahnlosen Abstimm-Maschine unsere Parlamente verkommen sind, empört sich Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt