"Israel macht einen weiteren Schritt zu Krieg im Libanon", titelt De Standaard. "Wieder israelische Angriffe auf den Libanon", notiert Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Für Hisbollah hat Israel alle rote Linien überschritten", meldet La Libre Belgique auf ihrer Titelseite.
Die brenzlige Lage im Nahen Osten sorgt nicht mehr für die großen Schlagzeilen. Allerdings beschäftigen sich die Zeitungen in ihren Leitartikeln weiterhin ausführlich mit dem dortigen Geschehen.
Het Belang van Limburg stellt klar: Fast täglich greift die Hisbollah mit Drohnen und Raketen den Norden von Israel an. 60.000 Israelis sind deshalb aus dem Grenzgebiet evakuiert worden. Ihre Rückkehr zu ermöglichen, ist eines der drei Ziele, die sich die Regierung Netanjahu im aktuellen Konflikt gesteckt hat. Die ersten beide Ziele sind fast erreicht. Die Hamas im Gazastreifen liegt am Boden. Die meisten Geiseln sind zurück in Israel, entweder lebend oder tot. Jetzt kann also das dritte Ziel in Angriff genommen werden. Dass sich Israel mit einem wahrscheinlichen Angriff auf den Libanon weiterhin ins internationale Abseits manövriert, ist der Regierung Netanjahu ziemlich egal, glaubt Het Belang van Limburg.
Schamröte
L'Avenir bemerkt: Statt sich zu beruhigen, schaukeln die beiden Konfliktparteien Israel und Hisbollah sich gegenseitig hoch. Nach den Attacken über Pager und Funkgeräte kündigte der Hisbollah-Chef blutige Rache an. Israel bombardiert jetzt den Libanon. Die Menschen scheinen beiden Seiten egal zu sein. Die vielen toten Zivilisten werden als bedauerlicher Kollateralschaden in Kauf genommen. Es wird unbedingt Zeit, dass das aufhört. Die internationale Gemeinschaft muss unbedingt dafür sorgen, dass der blutige Konflikt im Nahost beendet wird. Definitiv, fordert L'Avenir.
Gazet van Antwerpen meint: Den internationalen Organisationen müsste eigentlich die Schamröte ins Gesicht steigen, angesichts der Eskalation, die sich da in Nahost gerade ereignet. Nehmen wir die Vereinten Nationen, die sich ja für Frieden und Sicherheit in der Welt einsetzen wollen. Mittwoch, als gerade die Funkgeräte im Libanon am Explodieren waren, wurde eine Resolution bei der UN angenommen, mit der gefordert wird, dass Israel sofort die illegal besetzten Gebiete der Palästinenser verlassen soll. Ein Tag später schickte Israels Verteidigungsminister neue Truppen an die Grenze zum Libanon. Die internationale Gemeinschaft, allen voran die UN, scheint machtlos zu sein, angesichts des kriegerischen Geschehens in Nahost, das ungebremst weitergeht, analysiert Gazet van Antwerpen.
Wolf in Schafspelz
La Libre Belgique macht sich Gedanken zur möglichen Zukunft des Audi-Werks in Brüssel: Der chinesische Autohersteller NIO scheint daran interessiert, das Audi-Werk zu übernehmen. Wäre das eine gute Sache? Auf den ersten Blick schon. Arbeitsplätze könnten wahrscheinlich erhalten bleiben, Steuereinnahmen für die öffentliche Hand blieben garantiert. Es könnte die europäischen Autohersteller von E-Autos dazu bringen, angesichts der neuen Konkurrenz vor Ort selbst besser zu werden. Beim zweiten Blick allerdings wird klar, dass mit NIO ein Wolf im Schafspelz nach Europa käme. Die Abhängigkeit Europas von China würde weiterwachsen. Illoyale Konkurrenz hätten wir direkt bei uns. Es wäre genau das Gegenteil von dem, was die Europäische Union eigentlich will, erinnert La Libre Belgique.
De Tijd sieht das anders und findet: Man sollte den Chinesen eine Chance geben. Aber natürlich müsste der Zuschlag für NIO mit Auflagen flankiert sein. Die zwei wichtigsten dabei wären: keine Spionage zu betreiben und sich dem Wettbewerb nach europäischen Regeln zu stellen. Staatliche Subventionen aus China zum Beispiel dürften sich nicht im NIO-Werk widerspiegeln, unterstreicht De Tijd.
Zweite Chance
Die belgische Fluggesellschaft Air Belgium ist aufgrund finanzieller Probleme auf der Suche nach einem neuen Investor. Dazu bemerkt L'Echo: Die Wallonische Region sollte den Fall Air Belgium zum Anlass nehmen, grundsätzlich über die Verwendung von Steuermitteln nachzudenken. 21 Millionen Euro hat die Wallonische Region in die Fluggesellschaft investiert, quasi in den Sand gesetzt. Dabei hätten die Politiker sich von Anfang an überlegen können, dass so viel Steuergeld schlecht investiertes Geld ist bei einer neuen Fluggesellschaft, die nicht in eine große Allianz eingebunden ist. Der Fall Air Belgium muss im Parlament diskutiert werden. Lehren müssen gezogen werden, damit der Steuerzahler wieder das Gefühl bekommt, dass sein Geld sinnvoll von der Politik verwendet wird, fordert L'Echo.
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit Hans Van Themsche. 2006 hatte der damals 18-Jährige eine Frau und ein zweijähriges Kind erschossen. Die Chance, dass Van Themsche in absehbarer Zeit das Gefängnis verlässt, wird größer, berichtet die Zeitung. Ein erstes Mal war er vor Kurzem schon außerhalb der Gefängnismauern, um sich darüber zu informieren, wie er unter psychologischer Betreuung ein Leben in Freiheit beginnen könnte. Das ist gut. Seine Taten sind durch nichts zu entschuldigen. Aber ein zweifacher Mörder, der seine Taten bereut und sich geändert hat, hat eine zweite Chance verdient, meint Het Nieuwsblad.
Kay Wagner