"Nach den Pagern explodieren jetzt auch Funkgeräte im Libanon", meldet Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Neue Dimension der Kriegsführung", heißt es im Aufmacher des GrenzEchos. "Angst vor großer Militäroperation nach neuer Anschlagswelle auf Hisbollah", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Die Zeitungen beschäftigen sich in ihren Leitartikeln ausführlich mit den Explosionen von Pagern und Funkgeräten im Libanon. Die meisten Opfer dieser Explosionen gelten als Mitglieder der islamistischen Hisbollah-Miliz.
Het Laatste Nieuws bemerkt: Diese Pager-Explosionen sind ein beeindruckendes Beispiel für die Arbeit von Geheimdiensten. James Bond und Q sehen im Vergleich zum Mossad aus wie Lehrlinge. Auch bei uns in Belgien rufen diese Explosionen Bewunderung hervor. Einige Politiker werten sie als genialen Schachzug gegen die Hisbollah, wie zum Beispiel Theo Francken von der N-VA. Andere verurteilen sie als reinen Terror, wie zum Beispiel die Grünen und die PVDA. Tatsächlich ist es schwierig zu sagen, was man von dieser neuen Art der Kriegsführung halten soll. Aber eins ist sicher: Es ist ein Game changer. Die Büchse der Pandora ist jetzt offen. Wohin das führen wird, wissen wir noch nicht, überlegt Het Laatste Nieuws.
Genial und gefährlich
De Standaard wertet: Der Pager-Angriff auf die Hisbollah ist zwar genial, aber ein historischer Fehler. Israel – denn man kann davon ausgehen, dass Israel hinter den Explosionen steht – hat damit das Kriegsrecht gebrochen. Dadurch manövriert sich Netanjahus Regierung immer weiter in die internationale Isolation. Und wer glaubt, dass die Hisbollah sich jetzt bereit zeigt, mit Israel zu verhandeln, der täuscht sich. Die Hisbollah fühlt sich gedemütigt. Sie wird mit Waffengewalt antworten. Die Spirale der Gewalt wird weitergehen, ist sich De Standaard sicher.
Das glaubt auch La Libre Belgique. Mit dieser Aktion ist die Lage im Libanon weiter eskaliert. Die Operation zeugt von einer bemerkenswerten Genialität, wirft aber auch Fragen auf. Wenn jetzt schon zivil genutzte Geräte zu Waffen werden, ist das ein Problem. Israel versucht damit die Hisbollah zu schwächen. Ob das gelingt, muss sich erst noch zeigen, gibt La Libre Belgique zu bedenken.
Trumpismus erreicht Gemeinde-Niveau
Ein Gericht in Mons hat gestern entschieden, dass die ehemalige Miss Belgien, Julie Taton, nicht bei den Gemeinderatswahlen in der Stadt kandidieren darf. Dazu kommentiert La Dernière Heure: Das Possenspiel ist beendet. Und was bleibt? Die Richter haben schlicht und ergreifend das Gesetz angewendet. Die Voraussetzungen waren nicht gegeben, damit Taton in Mons antreten durfte. Punkt! Es ist ein Jammer, dass unsere Richter sich wochenlang mit so einer Geschichte beschäftigen mussten, nur weil der MR-Vorsitzende Georges-Louis Bouchez Taton als Stimmenfängerin in Mons platzieren wollte. Als ob unsere überforderten Gerichte nichts Wichtigeres zu tun hätten, ärgert sich La Dernière Heure.
Auch L'Avenir gibt sich verstimmt und führt aus: Zunächst hat Bouchez versucht, mit der schillernden Figur Julie Taton das Rathaus in Mons zu stürmen. Richter haben ihm das jetzt verweigert. Flugs begibt sich Bouchez in die Opferrolle und beschuldigt die PS, hinter dem Richterspruch zu stehen. Auch Opfer gewinnen schnell unsere Gunst. Diese Spielchen von Bouchez sind ein Ausdruck des Trumpismus, der es jetzt sogar bis auf das Niveau der belgischen Gemeinderatswahlen hinuntergeschafft hat, schimpft L'Avenir.
Frauen haben Besseres verdient
Le Soir analysiert: Man muss Bouchez zugutehalten, dass er – zumindest dem Schein nach – Frauen fördert. Hadja Lahbib und jetzt Julie Taton sind die schillerndsten Beispiele dafür. Bouchez wollte sich mit ihnen als Trophäen schmücken. Der Schuss ist allerdings nach hinten losgegangen. Denn statt durch ihre Leistungen oder Kompetenz zu glänzen, wurden beide Frauen aus verschiedenen Gründen von den politischen Gegnern und auch den Medien schlecht beurteilt. Der Glanz ist weg. Lahbib ist gerade erst eine unwichtige EU-Kommissarin geworden, Taton steht seit gestern als Verliererin da. Beide Frauen sind die eigentlichen Opfer dieser politischen Spielchen und damit auch Opfer von Bouchez' Geltungssucht. Ohne es vielleicht zu wollen, hat Bouchez die Anliegen der Frauen nicht gefördert, sondern sie torpediert, urteilt Le Soir.
De Morgen beschäftigt sich mit dem neuen Versuch in der Kammer, das Abtreibungsgesetz zu verändern und meint: Unter der Vivaldi-Regierung war es nicht möglich, die Frist, in der eine Abtreibung erlaubt ist, von zwölf auf 18 Wochen zu verlängern. Die CD&V stellte sich quer. Jetzt ist die Situation kaum besser. Zwar regiert Vivaldi nur noch auf dem Papier und dass die Sozialisten, Kommunisten, Grünen und die OpenVLD überhaupt das Thema noch einmal auf die Tagesordnung setzen, ist sehr löblich. Doch wieder ist eine Mehrheit nicht in Sicht. Ideologische Überzeugungen gleich mehrerer Parteien werden eine Gesetzesänderung wohl verhindern. Zum Schaden der Frauen. Sie hätten Besseres verdient, behauptet De Morgen.
Kay Wagner