"Streik legt Flughafen Charleroi lahm", titelt das GrenzEcho. "Am Flughafen Charleroi steht alles still: Für die Opfer des Streiks wird ihr Aufenthalt zum Albtraum", schreibt La Dernière Heure. "Streik: Auch heute alle Flüge in Charleroi gestrichen", meldet De Tijd. "Der Streik am Flughafen Charleroi wird diesen Freitag fortgesetzt", so auch L'Echo. "Warum das Personal streikt: 'Wir sind müde'", liest man bei De Morgen.
Im Ticketpreis ist der Sozialkonflikt inbegriffen – diesen Spruch hört man am Flughafen Charleroi häufig, kommentiert L'Echo. Nicht ganz ohne Grund, Stichwort Billigfluglinie Ryanair. Aber beinhaltet der Ticketpreis auch den wilden Streik, der jetzt zehntausende Passagiere auf dem Rollfeld blockiert hat? Oder die Lähmung von Firmen rund um den Flughafen, der ja einer der wichtigsten Wirtschaftsstandorte der Region ist? Oder den seit Jahren schwelenden Sozialkonflikt, der dazu führt, dass Reisende immer erleichtert aufatmen, wenn ihr Flug tatsächlich abhebt? In einer Umfrage haben Nutzer kürzlich den Flughafen Charleroi unter die fünf schlechtesten Europas gewählt. Nein, solche gewerkschaftlichen Überraschungen sollten zu keinem Ticket gehören, egal, wie "Low Cost" es auch ist. Aber auch die Flughafendirektion trägt eine Mitschuld, sie hat eine Situation, die alles andere als neu war, absolut entgleisen lassen. Sie war deutlich vorgewarnt, unterstreicht L'Echo.
Auch wenn er spontan angekündigt wurde, ist der Streik alles andere als eine Überraschung, hebt auch L'Avenir hervor. Seit Mitte April klagen die Gewerkschaften über Fälle von Mobbing in der Personalverwaltung, über eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und einen Mangel an Kommunikation vonseiten der Direktion. Dieser Konflikt muss möglichst schnell geregelt werden. Das will nicht nur die Politik, sondern das wollen auch die tausenden Reisenden, die hier als Geiseln genommen worden sind, schreibt L'Avenir.
Der Herbst wird heiß
Nach Audi Brüssel jetzt also der Flughafen Charleroi, merkt La Dernière Heure an: Der Wecker der Gewerkschaften hat geklingelt. Und das Feuer der Sozialkonflikte kann sich auch schnell auf weitere Sektoren ausbreiten. Zum Beispiel auf das Gefängniswesen, besonders in Antwerpen nach der Vergewaltigung einer Sozialarbeiterin durch einen Häftling. Ein Vorfall, der unter anderem auf einen nicht korrekt funktionierenden Alarmknopf und den chronischen Personalmangel zurückgeführt wird. Auch im Bildungssektor brodelt es heftig. Und all das, bevor wir überhaupt eine neue Föderalregierung haben, von der einschneidende Sparmaßnahmen erwartet werden. Der Herbst wird heiß werden, prophezeit La Dernière Heure.
Es geht wieder hart auf hart, nach Audi Brüssel auch am Flughafen, meint auch De Morgen. Die Arbeitgeber sind empört und sprechen von Geiselnahmen. Jetzt sei nicht der richtige Augenblick zum Streiken, so der Tenor vor der für Montag geplanten großen Solidaritätsdemonstration. Aber wann soll denn bitte der richtige Augenblick sein, wenn nicht jetzt, wo 3.000 Menschen der Verlust ihrer Arbeitsplätze droht? Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen ist es nur logisch, dass der Ton rauer wird. Und die Wut in Charleroi fällt auch nicht aus heiterem Himmel: aggressives Management, Überstunden, die nicht abgebaut werden können, ein Betriebsarzt, der kündigt, weil er unter den gegebenen Bedingungen seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann – der Sozialkonflikt am Flughafen ist eine schon lange eiternde Wunde, hält De Morgen fest.
Das "Geschenk" der wallonischen Regierung
Le Soir befasst sich unter anderem mit den Praktiken der Parteien vor den anstehenden Kommunalwahlen: Da werden Stimmenfänger in den Städten von Parteipräsidenten platziert, egal ob sie dort wohnen oder nicht. Minister werden an die Spitze von Listen gesetzt, obwohl sie gar nicht das Recht haben, ihre kommunalen Ämter wahrzunehmen. Die Regierungsverhandlungen in Brüssel, in Flandern und auf föderaler Ebene werden verschleppt in der Hoffnung, dass die Kommunalwahlen die Kräfteverhältnisse verändern könnten. Die wallonische Regierung schämt sich nicht mal, zum zweiten Mal direkt vor der Wahl eine Senkung der Erbschaftsrechts anzukündigen - ohne zu erklären, wie sie das finanzieren will. Ein Geschenk für die Wallonen vor der Wahl, für das sie hinterher gebührend zur Kasse gebeten werden, giftet Le Soir.
Die Senkung der Registrierungsgebühren und der Erbschaftsteuer kann natürlich verschiedene positive Auswirkungen haben, räumt La Libre Belgique ein. Aber wie alles hat dieses "Geschenk" von 700 Millionen Euro auch eine Kehrseite. Angesichts des prekären Zustands der wallonischen Finanzen muss man davon ausgehen, dass die Regierung sich das Geld woanders zurückholen muss. Und ohne die Stimmung verderben zu wollen: Das ist alleine mit einer Optimierung der öffentlichen Verwaltung beziehungsweise der Verwendung öffentlicher Gelder nicht zu stemmen, warnt La Libre Belgique.
Meinen es die Flamen ernst?
Het Nieuwsblad greift die flämischen Regierungsverhandlungen auf: Das Vertrauen ist wiederhergestellt – das war die Botschaft von Regierungsbildner Matthias Diependaele nach dem jüngsten Alles-oder-Nichts-Treffen. N-VA, Vooruit und CD&V sind sich jetzt also wieder einig, dass eine flämische Regionalregierung so schnell wie möglich auf die Beine gestellt werden muss. Das trifft sich gut. Denn genau das wollen die flämischen Wähler auch. Hoffen wir, dass die Parteien es ernst meinen, so Het Nieuwsblad.
Sollte es den Parteien dieses Mal wirklich ernst sein mit der Bildung einer flämischen Regierung?, fragt auch Gazet van Antwerpen. Man kann es ihnen nur dringend raten. Aber auch das übelste politische Szenario kann nicht ausgeschlossen werden: Dass die Parteien nur noch den Schein wahren, weil niemand vor den Kommunalwahlen den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen will, spekuliert Gazet van Antwerpen.
Mit diesem Schauspiel zeigt sich Flandern mal wieder von seiner hässlichsten Seite, ist derweil Het Belang van Limburg überzeugt: Die Regierungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Wallonie haben schon vor zwei Monaten die Arbeit aufgenommen. Und in Brüssel hat der Regierungsbildner die Macht bis zur Bildung einer Regierung in die Hände des Regionalparlaments gegeben – so wie es in einer parlamentarischen Demokratie auch sein sollte. Auf föderaler Ebene und in Flandern wird hingegen Wahlkampf geführt. Niemand will vor dem 13. Oktober Zugeständnisse machen, also verteidigen alle erbittert ihr jeweiliges Programm. Flandern hat Besseres verdient, wettert Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt