"Stillstand bei Regierungsbildung in Flandern nach neuem Nein von CD&V", titelt De Tijd. "Zum dritten Mal bleibt die CD&V bei ihrem Nein", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Niemand weiß, wie es jetzt weitergeht nach drittem Nein der CD&V", so die Schlagzeile von De Standaard.
In Flandern kommt die Bildung einer Regionalregierung nicht voran. Gestern Abend hat der Parteivorsitzende der CD&V, Sammy Mahdi, die Vorschläge des Regierungsbildners Matthias Diependaele von der N-VA abgelehnt. Diependaele hatte zuvor gesagt, dass das sein letztes Angebot sei.
Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Es ist nicht so, dass Mahdi plötzlich eine Kehrtwende macht. Die Gründe, warum er die Vorschläge von Diependaele zurückweist, sind die gleichen geblieben: zu wenig für Kinder, Eltern, Bauern und ländliche Gemeinden. Aber klar: Sein Nein macht alles noch komplizierter. Wie wird die N-VA darauf reagieren, dass Mahdi den angeblich letzten Vorschlag abgelehnt hat? Helfen wird es auch nicht, wie Mahdi sein Nein verkündet hat, nämlich nicht im direkten Gespräch mit Diependaele, sondern live im Fernsehen pünktlich zu den 19-Uhr-Nachrichten, beobachtet Het Laatste Nieuws.
Stillstand in Brüssel
Het Nieuwsblad meint: Jetzt wird es noch schwieriger werden, die Verhandlungen erfolgreich zu Ende zu führen. Mahdi hat Diependaele gedemütigt, indem er sein Nein vor den Fernsehkameras formulierte. Damit taucht plötzlich wieder der Mahdi auf, den wir schon beim Stickstoffdossier erlebt haben. Ein Mahdi, der mit sehr harten Bandagen kämpft. Wieder riskiert er eine Regierungskoalition. Wieder glaubt er, dass er so viel Macht besitzt und seiner CD&V damit Wählerstimmen bringt. Die Frage ist, ob die Rechnung aufgeht, überlegt Het Nieuwsblad.
Mit Blick auf die Regierungsbildung in Brüssel bedauert La Libre Belgique : In der Region kann immer noch nicht regiert werden. Dabei wäre es höchste Zeit. Viele Themen müssen angepackt werden. Doch die flämischen Parteien schaffen es nicht, ihre Mehrheit zu formen. Auf frankophoner Seite ist längt klar, dass MR, Les Engagés und PS zusammen regieren werden. Sie repräsentieren bei Weitem den größten Teil der Bevölkerung in Brüssel. Dieser Stillstand hat den PS-Politiker Ahmed Laaouej zu dem Vorschlag einer Wahlreform verleitet. Dass nämlich künftig frankophone und niederländischsprachige Parteien gemeinsame Listen bilden sollen, um einfacher eine Regierung bilden zu können. Für Brüssel wäre das tatsächlich eine gute Idee und würde sicher auch die gleiche Diskussion auf föderaler Ebene wieder befeuern, überlegt La Libre Belgique.
Zerfall in Einzelstaatlichkeit?
Het Belang van Limburg beschäftigt sich mit der Ankündigung der deutschen Bundesregierung, ab nächster Woche wieder Grenzkontrollen einzuführen und weiß: Dieser Beschluss ist die Folge der Stimmungslage in Deutschland. Das Land fühlt sich bedroht durch die illegale Einwanderung. Trotzdem ist die Maßnahme bedenklich. Sie stellt nämlich Errungenschaften infrage, die wir der EU verdanken. Freier Personen- und Warenverkehr innerhalb des Schengenraums – das ist ein Zeichen der Gemeinschaft, das auch wirtschaftlich viele Vorteile bringt. Wenn sich jetzt das große Deutschland von diesem Prinzip verabschiedet, wer sollte dann Ungarn oder Italien daran hindern, das ebenfalls zu tun? Die EU hat großes Interesse daran, schnell gemeinsame Lösungen für die Einwanderung zu finden. Ansonsten droht ihr der Zerfall in Einzelstaatlichkeit, warnt Het Belang van Limburg.
Le Soir schimpft: Es ist gar nicht mehr nötig, dass Rechtsextreme in Europa an die Macht kommen. Ihre Politik wird jetzt schon von Regierungen der Mitte umgesetzt. Siehe Deutschland. Ein hartes Vorgehen gegen Einwanderer, das ist nur den großen Wahlerfolgen der AfD zu verdanken. Allzu schnell werden die wirtschaftlichen Vorteile vergessen, die Einwanderung auch bringt, die wirklichen Zahlen und die persönlichen Dramen, die hinter jedem Flüchtling stecken, ärgert sich Le Soir.
N-VA und MR zeigen ihr wahres Gesicht
Gazet van Antwerpen berichtet: Als in Antwerpen jetzt drei Jugendliche einen Rettungswagen aufgebrochen haben und damit durch die Stadt gefahren sind, hat N-VA Bürgermeister Bart De Wever folgenden Satz dazu gesagt: "Das sind immer wieder Jugendliche mit nicht-europäischem Migrationshintergrund, die bei uns ohne große Perspektive aufwachsen." Prompt hagelte es Kritik aus den Reihen der anderen Parteien. Bart De Wever weiß, wie man Wahlkampf führt. Er weiß, welche Knöpfe er zu drücken hat, damit man öffentlich über das N-VA Lieblingsthema Migration spricht. Allerdings wissen auch die Wähler, dass keine der Parteien schnelle Lösungen bietet, notiert Gazet van Antwerpen.
La Dernière Heure stellt fest: Nachdem N-VA und MR am 9. Juni die Wahlen gewonnen hatten, haben sie sich moderat gegeben. Sie wollten uns zeigen: "Mit uns kann man regieren". Jetzt, wo es klar ist, dass es am 20. September keine Föderalregierung geben wird, zeigen beide Parteien wieder ihr rechtes Gesicht. Theo Franken von der N-VA fordert 5.000 Euro für die belgische Staatsangehörigkeit. Georges-Louis Bouchez von der MR gibt Victor Orban Recht. Bart De Wever von der N-VA zeigt wieder mit dem Finger auf die jungen Einwandererkinder. Kurz vor den Gemeinderatswahlen schärfen MR und N-VA wieder ihr Profil, behauptet La Dernière Heure.
Kay Wagner