"Zurück in die Schule", titelt Het Laatste Nieuws. "Bereit für den ersten Schultag", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "1,2 Millionen Schüler müssen ab heute wieder in die Schule", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. Im französischsprachigen Landesteil hatte die Schule schon wieder angefangen, heute folgen also die Flamen. Und natürlich auch die Deutschsprachigen. "Wir wünschen viel Erfolg am ersten Schultag", schreibt denn auch das GrenzEcho auf Seite eins.
"Ab jetzt wird ohne die Supernote weiterverhandelt", so derweil die Aufmachergeschichte von Het Belang van Limburg. "Die Supernote landet im Papierkorb", schreibt sogar Het Nieuwsblad auf Seite eins. Die Vorsitzenden der fünf Arizona-Parteien haben am Abend entschieden, ihre Koalitionsverhandlungen wieder aufzunehmen. Dies allerdings erstmal nicht weiter auf der Grundlage der sogenannten "Supernote" von Bart De Wever. Bis zu den Kommunalwahlen wollen die Partner anscheinend nicht mehr über sozialwirtschaftliche Themen sprechen.
Koalitionsverhandlungen oder Beschäftigungstherapie?
Rein strategisch betrachtet ist diese Entscheidung verständlich, analysiert Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Vor allem Vooruit aber auch die N-VA haben tatsächlich kein Interesse daran, dass man das sozio-ökonomische Fass vor dem 13. Oktober nochmal aufmacht. Vor diesem Hintergrund ist es wohl besser, das auch gar nicht mehr zu versuchen. Streit wäre vorprogrammiert gewesen und das kommt beim Wähler ganz schlecht an. Die "Supernote" landet also erstmal im Kühlschrank, um dann nach den Kommunalwahlen vielleicht unter einem anderen Namen wieder aufzutauchen.
Die Frage ist allerdings, wie lange die Arizona-Partner um diesen heißen Brei herumreden können. Denn: Der Kern eines künftigen Regierungsabkommens, das können doch nur die Staatsfinanzen sein. Bei jedem Thema, und sei es auch noch so unkritisch, geht es immer irgendwann um Geld. Es sei denn, man entscheidet sich bis auf Weiteres für bloße Beschäftigungstherapie.
Die famose "Supernote" trägt ihren Namen ohnehin zu Unrecht, findet La Libre Belgique. In den letzten Tagen sind ja große Teile des Inhalts durchgesickert. Und über weite Strecke standen Fachleuten da die Haare zu Berge. So scheint Bart De Wever etwa davon auszugehen, dass allein die geplanten Reformen innerhalb von fünf Jahren 18 Milliarden Euro abwerfen können. Wirtschaftswissenschaftler bezeichneten das schon als "unverfrorene, intellektuelle Frechheit". Bei der ganzen "Supernote" scheint man nach dem Prinzip "Pi mal Daumen" vorgegangen zu sein. Das ist aber nicht alles: Zu allem Überfluss haben diese Presselecks auch noch das ohnehin schon zerrüttete Vertrauen weiter erschüttert. Hier wartet also viel Arbeit auf die Arizona-Partner. Eine "Mega-Note" muss die "Supernote" ersetzen und dafür bedarf es in allererster Linie Vertrauen.
Den Markt doch noch aufgerüttelt
Einige Zeitungen blicken mit einem gewissen Erstaunen auf die Bankenwelt. Im Moment scheinen sich die Geldhäuser gegenseitig überbieten zu wollen, um ihren Kunden möglichst attraktive Sparprodukte anbieten zu können. ING, und in der Folge auch KBC und Belfius wollen Festgeldkonten mit einer einjährigen Laufzeit lancieren und versprechen dabei eine Bruttorendite von bis zu vier Prozent. Hintergrund ist der Umstand, dass in diesen Tagen die Staatsanleihe ausläuft, die vor genau einem Jahr für mächtig Furore gesorgt hatte. Über 22 Milliarden Euro hatten die Belgier in diesen Staatsbon investiert.
Die Schlacht um das Spargeld hat begonnen, kann Het Belang van Limburg nur feststellen. Und offensichtlich bekommt der amtierende Finanzminister Vincent Van Peteghem jetzt, mit einem Jahr Verspätung, doch noch Recht. Er wollte die Banken mit seinem Staatsbon aufrütteln und sie zu Zinserhöhungen nötigen. Nun, das scheint ja jetzt doch noch zu funktionieren. Einziger Wermutstropfen: Bei all diesen Angeboten handelt es sich um Festgeldkonten. Heißt: Zielgruppe sind nur Sparer, die mindestens ein halbes Jahr auf ihr Geld verzichten können. Es gibt aber viele Familien, für die das unmöglich ist.
Dieser Kampf um das Spargeld ist aber nicht ohne Risiko, warnt De Standaard. Auf der einen Seite ist es zwar tatsächlich so, dass der Staatsbon von Vincent Van Peteghem den Markt mal kräftig durchgeschüttelt hat. Auf der anderen Seite darf man aber mögliche Nebenwirkungen aber nicht ignorieren. Grob gesagt: Die Banken müssen sich ihre attraktiven Angebote auch leisten können. Die Big Player haben einen breiten Rücken, die kleineren Geldhäuser können da aber nicht mithalten und werden jetzt noch zusätzlich geschwächt. Am Ende werden die Großen also nur noch größer und dann droht eine Situation, wie wir sie schon vom Energiemarkt kennen: Die Big Four, also die Großbanken, dominieren dann den Markt. Die Verbraucher können dabei nur verlieren. Hinzu kommt: Machen wir uns nichts weiß. Irgendjemand wird für die attraktiven Sparzinsen bezahlen. Die Banken werden sich das Geld anderswo zurückholen, etwa durch teurere Wohnkredite oder höhere Tarife für ihre Dienstleistungen.
AfD-Sieg – jetzt nicht die Ukraine fallenlassen
Viele Blätter schauen auch besorgt nach Deutschland. "Die AfD wird erstmals zur stärksten Partei", titelt etwa das GrenzEcho. Het Laatste Nieuws zeigt auf seiner Titelseite ein Foto von Björn Höcke und schreibt: "Das ist der Mann, der die extreme Rechte in Deutschland wieder zum Sieg führt".
Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen sind ein Schock für die Demokratie im Nachkriegsdeutschland, meint De Morgen in seinem Kommentar. Drei von zehn Wählern unterstützen also eine Partei, die vom Inlandsgeheimdienst als staatsgefährdend eingestuft wird. Und zu allem Überfluss wird in beiden Bundesländern das Bündnis Sarah Wangenknecht zum Königsmacher. Das BSW nimmt, wie auch die AfD, eine klar pro-russische Haltung ein.
Der größte Fehler, den der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt machen könnte, das wäre die Ukraine-Hilfe zurückzufahren. Interne politische oder wirtschaftliche Probleme in EU-Staaten wie Deutschland, aber ebenso gut in Frankreich, dürfen nicht zur Entschuldigung werden, um die Ukraine fallen zu lassen. Denn die geopolitische Gefahr ist immer noch dieselbe: Fällt die Ukraine, dann ist für Putin der Weg frei nach Europa.
Roger Pint