"Dermagne schießt auf die 'Cowboys von Arizona'", titelt L’Avenir. "Vooruit unter Beschuss aus den eigenen Reihen", notiert De Morgen auf Seite eins. "Nach Hagel an Kritik von links kann Vooruit nicht mehr an der Supernote mitarbeiten", heißt es im Aufmacher von De Standaard.
Gewerkschaften und PS-Chef Paul Magnette hatten gestern in den Medien harsche Kritik an den Plänen der möglichen Arizona-Koalition auf föderaler Ebene geübt. Die flämischen Sozialisten von Vooruit sind die einzige linke Partei, die bei den Gesprächen zur Bildung einer neuen Föderalregierung mit am Tisch sitzt.
La Dernière Heure kommentiert: Dieser Aufschrei von links kam mit Ankündigung. Noch vor der Sommerpause hatten die führenden Köpfe der Linken gesagt, erst auf den Inhalt der neuen Regierungsprogramme zu warten, bevor man die Feindseligkeiten eröffnen werde. So ist es gekommen. Von "haushaltspolitischer Augenwischerei" über "den größten sozialen Rückschritt seit 80 Jahren" bis hin zum einfachen "Skandal" lauten jetzt die Urteile. Und die Betroffenen? Sie schweigen. So, wie es die guten Sitten während der Sondierungsphase fordern. Doch man kann sich vorstellen, wie sehr es einigen unter den Nägeln brennt, auf die Kritik zu antworten, bemerkt La Dernière Heure.
Noch ist nichts beschlossen
Het Laatste Nieuws findet: Der Schaden für Vooruit nach dem lauten Aufschrei von links hält sich in Grenzen. Denn richtig überzeugend war die Kritik nicht. Außerdem sind die beiden Verhandlungsführer von Vooruit, Conner Rousseau und Frank Vandenbroucke, nicht die Typen, die sich von Kritik allzu schnell aus der Ruhe bringen lassen. Nicht vergessen werden sollte auch, dass von den Plänen noch nichts beschlossene Sache ist. Auch wenn die Kritik versucht, das anders darzustellen, erinnert Het Laatste Nieuws.
Le Soir beschäftigt sich mit der Forderung von Vooruit, eine Kapitalertragssteuer einzuführen und führt aus: Eine solche Steuer ist in Belgien schon einmal eingeführt worden, kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Es ist also ein Märchen, wenn einige behaupten, dass jetzt etwas völlig Neues geschaffen werden soll. Abgesehen davon würde eine solche Steuer viel zur sozialen Gerechtigkeit in unserem Land beitragen. Eine Kapitalertragssteuer sollte aber nur eingeführt werden im Rahmen einer umfassenden Steuerreform. Nur in einem kohärenten Gesamtkonzept kann eine neue Kapitalertragssteuer gerechtfertigt und von der Gesellschaft akzeptiert werden, glaubt Le Soir.
Weihnachten scheint realistisch
La Libre Belgique notiert zum Tempo der Verhandlungen: Man braucht nicht mehr in die Glaskugel zu schauen, um zu begreifen, dass es jetzt nichts mehr wird mit einer schnellen Regierungsbildung. Zum einen hat sich nämlich gezeigt, dass es inhaltlich doch einige dicke Bretter zu bohren gibt. Zum zweiten ist Bart De Wever von der Rolle des quasi neutralen Regierungsbildners wieder in die Rolle des N-VA-Chefs geschlüpft. Jetzt kann auch er wieder schärfere Töne anschlagen, was die Verhandlungen nicht einfacher machen wird. Drittens stehen die Gemeinderatswahlen bevor. Keine Partei wird sich da die Blöße geben, zu viele Zugeständnisse auf föderalem Niveau zu machen. Realistisch ist deshalb davon auszugehen, dass eine neue Föderalregierung erst um die Weihnachtszeit aus der Taufe gehoben wird, behauptet La Libre Belgique.
Het Belang van Limburg beobachtet: Die Regierungsbildung in Flandern dauert diesmal ungewöhnlich lange. Grund dafür ist die föderale Ebene. Denn der Masterplan von Bart De Wever war es ja, die Regierungsbildungen auf föderaler und flämischer Ebene parallel laufen zu lassen. Mit jeweils den gleichen flämischen Partnern, nämlich N-VA, Vooruit und CD&V. Das ist wegen des Streits auf föderalem Niveau erstmal gescheitert. Jetzt kann es also in Flandern zügiger als bislang vorangehen, hofft Het Belang van Limburg.
Fußball-Barone haben es selbst in der Hand
Die Wirtschaftszeitung L'Echo meint zur Entlassung des Geschäftsführers des belgischen Fußballbundes: Die einzelnen Gründe für die Entlassung mögen vielfältig und zum Teil durchaus berechtigt sein. Aber die Trennung von Piet Vandendriessche macht erneut deutlich, wie chaotisch und ohne Langzeitvision der Fußball in unserem Land geführt wird. In den vergangenen zehn Jahren gab es sechs verschiedene Präsidenten, fünf Geschäftsführer und vier technische Leiter an der Spitze des Fußballbundes. Die Entlassung von Vandendriessche sollte dringend zum Anlass genommen werden, einen radikalen Neuanfang an der Führungsebene zu starten, meint L’Echo.
Die Schwesterzeitung De Tijd argumentiert ähnlich: Der belgische Fußball braucht endlich einmal jemanden an der Spitze, der eine Langzeitstrategie verfolgen kann. Der sich auskennt im Fußball, Verständnis und Gespür sowohl für Profi- als auch Amateurfußball hat, gleichzeitig aber auch Managerqualitäten mitbringt und sich vor allem im Dschungel der verschiedenen Clans und Machtstrukturen behaupten kann. Unsere Fußball-Barone haben es selbst in der Hand, so einem Menschen eine Chance zu geben. Ihrem Sport täte das gut, weiß De Tijd.
Kay Wagner