"Selenskyj bittet Biden um Unterstützung für den Plan, Moskau zu besiegen", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Die Herausforderungen der Offensive in Kursk", titelt Le Soir. Der Konflikt in der Ukraine beschäftigt einige Zeitungen nicht nur in ihren Aufmachergeschichten, sondern auch in den Leitartikeln.
Het Belang van Limburg kommentiert: Mittlerweile ist es klar, was die Ukraine mit dem Vorstoß in russisches Gebiet erreichen möchte. Die Besetzung dieses Gebiets ist Teil eines größeren Plans, um den Krieg zu beenden. Präsident Selenskyj will diesen Plan dem US-Präsidenten Joe Biden vorlegen. Und auch dessen beiden möglichen Nachfolgern Donald Trump und Kamala Harris. Die Idee von Selenskyj ist es, eine gute Ausgangsposition zu haben, um mit Putin über ein Ende des Kriegs zu verhandeln. Ein Gebietstausch würde sich aus Sicht von Selenskyj anbieten. Die Frage ist nur, ob Putin sich überhaupt auf so einen Deal einlassen würde. Sollte Trump, der die US-Hilfe für die Ukraine ja stoppen will, die Wahlen gewinnen, ist jetzt schon klar, dass Putin sich nicht an den Verhandlungstisch setzen wird, prophezeit Het Belang van Limburg.
Die Schuld des Westens
Het Nieuwsblad beobachtet: Seit zwei Tagen haben sich die Angriffe Russlands auf die Ukraine wieder verstärkt. Russland setzt dafür Flugkörper ein, die von weit hinter der Landesgrenze gestartet werden. Die Ukraine besitzt zwar die Waffen, um diese Abschussbasen zu zerstören. Aber weil es westliche Waffen sind, darf die Ukraine das nicht machen. Dadurch macht sich der Westen schuldig, dass der Krieg so lange dauert. Dabei ist die Angst vor Putin und seinen roten Linien unbegründet. Der Westen sollte seine Haltung schnell ändern, damit nicht noch mehr Menschen in dem Krieg sterben, fordert Het Nieuwsblad.
De Standaard bemerkt zur bislang vergeblichen Suche nach einer neuen Föderalregierung: Jetzt, wo es doch nicht so schnell zur Bildung einer Arizona-Koalition gekommen ist, melden sich Arbeitgeber und Gewerkschaften zu Wort. Bemerkenswert dabei ist, dass die Arbeitgeber die Positionen der flämischen Sozialisten von Vooruit loben. Das macht deutlich, dass Vooruit dem nordeuropäischen Modell von sozialdemokratischen Parteien folgt. Ob in Skandinavien, Deutschland oder den Niederlanden: Überall suchen diese sozialdemokratischen Parteien den Ausgleich mit den Arbeitgebern und nicht wie früher die Konfrontation. Vooruit hat diesen Weg jetzt auch eingeschlagen, ohne dabei allerdings komplett auf linke Positionen zu verzichten. Stichwort Kapitalertragssteuer. Für die PS in der Wallonie könnte Vooruit ein Vorbild sein, wie man es schaffen kann, zu einer modernen sozialistischen Partei zu werden, überlegt De Standaard.
König und Präsident
L'Echo blickt nach Frankreich. Dort hat Präsident Macron eine Minderheitsregierung der linken Parteien abgelehnt. Das ist eine schlechte Entscheidung, schreibt die Zeitung. Denn erstens hat das Linksbündnis die Wahlen gewonnen und zweitens führt die Ablehnung zu einer andauernden Blockade der französischen Politik. Stillstand droht, und das ist Öl auf das Feuer des rechtsextremen Rassemblement National. Macron sollte unbedingt seine Position ändern. Er muss akzeptieren, dass er Koalitionen schmieden und dafür politische Zugeständnisse machen muss. Alles andere ebnet den Rechtsextremen den Weg zur Macht, warnt L'Echo.
Le Soir berichtet: Die französischen Medien blicken in der aktuellen Situation jetzt nach Belgien. Auch bei uns ist die Regierungsbildung ja kompliziert. Aber natürlich gibt es da Unterschiede. Belgien hat Erfahrung damit, monatelang ohne Regierung auszukommen. Frankreich nicht. Und entscheidend: In Belgien ist der König die Instanz, über die die Regierungsbildung läuft. In Frankreich ist es der Präsident. Anders als der König hat Macron selbst politische Interessen, und das macht es Frankreich gerade so schwer, analysiert Le Soir.
Noch ein großes Fest
L'Avenir notiert zu den Paralympischen Spielen, die heute in Paris beginnen: Die Paralympics versprechen ein tolles Fest zu werden, bei dem 29 Athleten aus Belgien unser Land vertreten werden. Paris verspricht, dass die Paralympics ähnlich groß werden wie die Olympischen Spiele wenige Wochen zuvor. Diese Spiele sind dann auch eine Gelegenheit daran zu erinnern, dass jeder siebte Mensch auf der Welt unter einer Beeinträchtigung leidet. Der Alltag dieser Menschen ist oft noch voll von Hindernissen. Auch in Belgien ist das so. Die Paralympics sollten uns erneut daran erinnern, dass sich das ändern muss, mahnt L'Avenir.
La Libre Belgique notiert: Der größte Wunsch von vielen behinderten Menschen ist es, einfach wie normale Menschen behandelt zu werden. Die mediale Aufmerksamkeit während der Paralympics könnte dazu beitragen, diesem Ziel näher zu kommen. Aber zwei Wochen Aufmerksamkeit reichen natürlich nicht. Ein langer Atem ist nötig, um alle Steine, die einer solchen Normalität im Wege liegen, nach und nach zu beseitigen, weiß La Libre Belgique.
Kay Wagner