"König Philippe verlängert Auftrag als Regierungsbildner: Bart De Wever erhält drei weitere Tage Zeit", meldet das GrenzEcho auf Seite eins. "Bart De Wever bekommt drei Tage von König Philippe, um die Regierungsbildung aus der Sackgasse zu holen", titelt Gazet van Antwerpen. "De Wever erbittet (und bekommt) nur drei Tage Verlängerung", schreibt Het Laatste Nieuws. "Bart De Wever gibt sich drei Tage, um zu überzeugen", lautet die Überschrift bei La Libre Belgique. "Bart De Wever hat drei Tage, um das perfekte Gleichgewicht zu finden", so L'Avenir. "Der Druck auf Bart De Wever und die föderalen Verhandlungen steigt", hebt L'Echo hervor.
Drei Tage sind eine ungewöhnlich kurze Zeit zwischen Terminen im Palast, um Bericht zu erstatten über den Stand der Regierungsverhandlungen, kommentiert La Dernière Heure. Wir sind eher an Wochenabstände gewohnt, wenn nicht sogar an noch längere Zeiträume. Aber was bedeuten diese drei Tage nun? Muss man das als Druck vom König interpretieren beziehungsweise von Bart De Wever, um die Verhandlungspartner zu überzeugen, sich zu bewegen? Oder ist das eine Deadline, nach der der N-VA-Chef das Handtuch werfen will? Egal, was dabei herauskommen wird, die Entscheidung beweist den Willen, die Dinge zu beschleunigen. Nicht vergessen: Die N-VA will bis zum 20. September landen, in einem Monat also, erinnert La Dernière Heure.
Wie ernst ist die Lage?
So etwas hat es noch nie gegeben, schreibt La Libre Belgique. Und es sagt viel aus über die Komplexität der Verhandlungen über eine neue Föderalregierung. Wir werden natürlich nie erfahren, worüber der König und Bart De Wever genau gesprochen haben gestern. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die Entscheidung, den zeitlichen Druck zu erhöhen, von De Wever selbst kam. Und er hat Recht: Die Vivaldi-Regierung hat dabei versagt, tiefgreifende Reformen durchzuführen. So etwas kann sich Belgien schlicht und einfach nicht noch mal erlauben. Die Wahlergebnisse sind kristallklar. Es ist an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen, appelliert La Libre Belgique.
Jede Regierungsbildung erlebt mindestens eine solche Fiebernacht, in der das ganze Projekt plötzlich am seidenen Faden zu hängen scheint, merkt De Morgen an. Es bleibt aber undeutlich, wie ernst die Lage bei den föderalen Regierungsverhandlungen tatsächlich ist. De Wever hat drei Tage bekommen, um die fünf Parteien auf eine gemeinsame Linie zu bringen. Niemand hat wütend die Tür hinter sich zugeschlagen; alle scheinen zu begreifen, dass die aktuelle Konstellation weiter die logischste und beste bleibt. Soweit zu den guten Nachrichten. Die schlechte Nachricht ist, dass schon länger klar ist, dass die aktuelle Parteien-Kombination einen grundlegenden Konstruktionsfehler aufweist: N-VA und MR sind überzeugt, dass die nächste Regierung eine Mitte-Rechts-Regierung werden muss. Aber wenn die anderen Partner in spe, also Vooruit, CD&V und Les Engagés, berücksichtigt werden sollen, kann höchstens eine Zentrumsregierung herauskommen. Man kann nicht auf der einen Seite eine Mitte-Rechts-Regierung fordern und dann sauer werden, wenn die flämischen Sozialisten von Vooruit nicht mitmachen wollen, meint De Morgen.
Vooruit kann nicht auf CD&V und Les Engagés rechnen
Die flämischen Sozialisten werden auf jeden Fall etwas vorweisen müssen, um ihre Teilnahme an einer Arizona-Koalition zu rechtfertigen, hebt Het Belang van Limburg hervor. Früher oder später musste der Verhandlungs-Topf also überkochen. Dieser Punkt ist nun erreicht. Die MR soll nun einen eigenen Vorschlag ausarbeiten, wie große Vermögen stärker an den notwendigen finanziellen Anstrengungen beteiligt werden sollen. Es wäre natürlich super, wenn dabei etwas herauskäme, was die Sozialisten akzeptieren könnten. Derweil scheint man auch bei der N-VA die Nase voll zu haben von MR-Chef Georges-Louis Bouchez. Eine ehrliche Belastung von Vermögenseinkünften war übrigens auch der Plan von CD&V-Finanzminister Vincent Van Peteghem, der von der MR dann torpediert wurde. Man könnte also annehmen, dass die flämischen Christdemokraten in diesem Dossier am selben Strang ziehen würden wie Vooruit. Aber das ist nicht der Fall. Die flämischen Sozialisten können offenbar weder auf Unterstützung von CD&V noch von Les Engagés rechnen. Die halten sich nämlich auffällig bedeckt und wollen sich eindeutig nicht für eine der beiden Seiten entscheiden. Falls die Arizona-Koalition wirklich jemals auf die Beine gestellt werden sollte, dann ist die Rollenverteilung schon klar: Zwei Kampfhähne mit einem erschöpften Mannschaftsführer dazwischen und der Rest schaut zu, prophezeit Het Belang van Limburg.
Bouchez is back
Seien wir ehrlich, kündigt Het Nieuwsblad an: Es hat länger als erwartet gedauert, bis sich die dünne Schicht Staatsmännigkeit von Georges-Louis Bouchez aufgelöst hat. Wie er sich während der langen Verhandlungsnacht verhalten haben soll, das macht seinem Ruf als Störsender, arrogante Diva und hitzköpfigem Unruhestifter wieder alle Ehre. Er soll Bart De Wever sogar als "kleines Kind" bezeichnet haben, weil De Wever "den Linken" zu große Zugeständnisse mache. So kennen wir Bouchez: als Provokateur, als Dissident in den eigenen Rängen, als Ein-Mann-Opposition, der in der Vivaldi-Koalition und der Regierung für viel böses Blut gesorgt hat. Der Sieg der MR in der Wallonie hat Bouchez in seinem provozierenden Stil nur noch weiter bestärkt, ätzt Het Nieuwsblad.
Es muss ein Unikum in der belgischen Geschichte sein, dass in föderalen Regierungsverhandlungen Wallonisch-Rechts genug hat von Flämisch-Links und Kontra gibt, frotzelt Het Laatste Nieuws. Sonntagnacht hatte Georges-Louis Bouchez die Nase voll von den linken Forderungen von Vooruit und ließ seinen inneren Kettenhund los. Ein Kettenhund, der sich für seine Verhältnisse schon viel zu lang zurückhalten musste, weil Bouchez De Wever und der Außenwelt beweisen wollte, dass er vertrauenswürdig ist. Aber genug war genug. Allein, dass die PS nicht mit am Verhandlungstisch sitzt, sollte Vooruit doch Erinnerung genug sein, dass die Rechten die Wahl gewonnen haben, so Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt