"Immer noch kein weißer Rauch für Bart De Wever", titelt Het Nieuwsblad. "De Wever bekommt noch kein grünes Licht von Vooruit, um Verhandlungen zu beginnen", notiert Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Am Wochenende muss weitergearbeitet werden, um fünf Mal Zustimmung zu erhalten", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Bei der Suche nach einer neuen Föderalregierung haben sich die fünf Parteien einer möglichen Arizona-Koalition gestern weiter nicht auf ein erstes Grundsatzpapier geeinigt. Morgen sollen die Verhandlungen weiter gehen.
Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Die N-VA hat die Wahlen gewonnen mit dem Versprechen, das Land finanziell wieder auf Kurs zu bringen. Das muss die N-VA jetzt auch machen. Dafür müssen alle Parteien über ihre Schatten springen. Es wird nicht reichen, Steuern zu erhöhen – was die N-VA und auch die MR eigentlich nicht wollen – und im Gesundheitswesen zu sparen – wogegen sich Vooruit vehement wehrt. Auch bei den sakrosankten Renten muss geschnibbelt werden. All das tut weh und erfordert Mut. Und klar ist auch: Die Wähler der Parteien, die solche Maßnahmen beschließen, werden enttäuscht sein. Aber die Wähler sind nicht so dumm wie die Politiker manchmal glauben. Wir wünschen gerade den jungen Politikern und Chefs ihrer Parteien - Sammy Mahdi von der CD&V, Conner Rousseau von Vooruit und Georges-Louis Bouchez von der MR - jugendliche Selbstüberschätzung, um die Reformen anzupacken. Unser Land hat lange genug darauf gewartet, betont Het Laatste Nieuws.
Die Suche nach elf Milliarden Euro
L'Avenir meint: Die Regierungsbildung läuft nicht unbedingt so, wie Bart De Wever sich das vorgestellt hat. Das liegt aber auch an ihm selbst. Der Chef der N-VA hat gedacht, mit einem N-VA-Programm die Regierung zu bilden. Er muss erkennen, dass er als möglicher Premierminister Parteipolitik so nicht weitermachen kann. Er muss Zugeständnisse machen. Das passiert jetzt nach und nach. Doch die frankophonen Parteien sollten weiter vorsichtig bleiben. In Interviews mit flämischen Medien lässt De Wever weiter anklingen, dass er auch als Premierminister vor allem das Wohl von Flandern vor Augen hat. MR und Les Engagés müssen Acht geben, sich von De Wever nicht über den Tisch ziehen zu lassen, warnt L'Avenir.
L'Echo bemerkt: Bei den Vorverhandlungen über eine Koalition wird über ein Thema zurzeit nicht gesprochen, das aber wichtig ist mit Blick auf die Finanzen. Nämlich die Militärausgaben. Ganze elf Milliarden Euro sind bis 2030 eingeplant, aber zurzeit weiß noch niemand, wo das Geld herkommen soll. Eins ist allerdings klar: Dass das Geld investiert werden muss, daran kommt Belgien nicht vorbei. Erstens ist es ein Versprechen gegenüber den anderen NATO-Partnern und zweitens verlangt die international unsichere Lage die Modernisierung unserer Streitkräfte. Man darf gespannt sein, wie die neue Regierung diese Ausgaben stemmen wird, grübelt L'Echo.
Verrohung der Gesellschaft
La Dernière Heure beschäftigt sich mit dem Virus Mpox, das auch Affenpockenvirus genannt wird, und führt aus: Die Alarmglocken haben geschrillt, als die Weltgesundheitsorganisation vor einer Pandemie gewarnt hat und tags darauf ein erster Fall in Schweden bekannt wurde. Eine verständliche Reaktion. Die Corona-Pandemie hat halt ihre Spuren hinterlassen. Aber Covid hat auch gelehrt, dass Panik kein guter Ratgeber ist. Und klar ist auch: Mpox ist nicht Covid. Mpox kann sich nur über Hautkontakt übertragen und es gibt bereits Impfstoffe. Außerdem wissen wir seit Covid, dass weitere Pandemien möglich sind. Wachsame Ruhe ist deshalb jetzt der beste Ratgeber, meint La Dernière Heure.
Mehrere flämische Zeitungen kommen auf die Kontroverse um den Kolumnisten Herman Brusselmans zurück. In der Wochenzeitschrift Humo hatte Brusselmans aus Wut gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen wörtlich geschrieben, jedem Juden, der ihm begegne, ein scharfes Messer in den Hals rammen zu wollen. Jetzt hat Brusselmans eine Morddrohung erhalten. Dazu schreibt De Morgen: Eins ist klar: Nach dieser Äußerung von Brusselmans muss eine Debatte geführt werden über die Grenzen der freien Meinungsäußerung. Aber es kann nicht sein, dass eine Morddrohung gegen den Autor ausgesprochen wird. Das geht zu weit. Leider ist das aber auch ein Zeichen dafür, dass die Verrohung in der Gesellschaft zugenommen hat. Die sozialen Medien haben ihren Teil dazu beigetragen. Im Netz kann man schön anonym fast alles schreiben, was man will. Schnell ist da auch eine Morddrohung verfasst. Eine Debatte über Meinungsfreiheit und Antisemitismus muss aber geführt werden können, ohne um sein Leben fürchten zu müssen, unterstreicht De Morgen.
Gefahr und Chance zugleich
Het Nieuwsblad weiß: Diese Morddrohung ist nur das x-te Beispiel dafür, wie sehr der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern die Menschen fast überall auf der Welt bewegt. Über Jahre hinweg und jetzt noch mehr wird das sehr emotional geführt. Natürlich hat auch Brusselmans' Kolumne nicht dazu beigetragen, für mehr Sachlichkeit zu sorgen. Das muss aber das Ziel sein. Es ist richtig, dass die Zeitschrift Humo den Text aus dem Internet genommen hat. Es ist Zeit, dass die Gemüter sich wieder beruhigen und man rational über Lösungen im Gaza-Krieg diskutiert, fordert Het Nieuwsblad.
De Standaard überlegt zum Einfall ukrainischer Truppen in russisches Staatsgebiet: Diese militärische Offensive lässt viele Fragen offen. Natürlich ist es ein Befreiungsschlag für die Ukrainer, der zeigt, dass man nicht hilflos dem russischen Angriff gegenübersteht. Aber der Vorstoß birgt auch Gefahren. Denn die Ukrainer kämpfen mit westlichen Waffen. Putin könnte das als Vorwand nehmen, sein Land als vom Westen angegriffen zu erklären. Die Folgen davon könnten schlimm sein. Es könnte aber auch sein, dass die Chancen für Verhandlungen jetzt größer werden. Sollte das der Fall sein, dann ist dieser Vorstoß unbedingt zu unterstützen, findet De Standaard.
Kay Wagner