"Walz und Harris: Das Tandem, das Trump besiegen soll", titelt La Libre Belgique. "Mit Tim Walz will Kamala Harris das ländliche Amerika überzeugen", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Tim Walz muss den Durchschnittsamerikaner umgarnen", so die Schlagzeile von De Standaard. Für De Morgen ist Tim Walz die "geschickte Wahl für Alltäglichkeit".
Kamala Harris hat gestern ihren Kandidaten für den Posten des Vizepräsidenten vorgestellt. Tim Walz wirkt tatsächlich so ein bisschen wie ein typischer weißer Amerikaner: Bodenständig, pragmatisch, engagiert und fest verankert im Kleinstadtleben.
Der amerikanische Wahlkampf wird damit nur noch interessanter, findet Gazet van Antwerpen in ihrem Kommentar. Zumindest bei den Demokraten wird die Entscheidung von Kamala Harris zugunsten von Tim Walz durch die Bank gelobt. Überraschend schnell ist es der Präsidentschaftskandidatin gelungen, die Partei hinter sich zu scharen. Dabei fällt auf, dass sie mit Tim Walz eigentlich fast schon ihr männliches, weißes Ebenbild ausgesucht hat. Sie sind beide gleich alt und auch Tim Walz ist für amerikanische Verhältnisse eher links gerichtet. Vielleicht will Harris damit nur demonstrieren, dass sie ihre eigene politische Agenda bestimmen will und sich nicht in Bezug oder mit Blick auf den Gegner positioniert. Beide bezeichneten die Kommentare und verbalen Aussetzer von Donald Trump schlicht und einfach als "weird", zu deutsch bekloppt.
Eine erstaunliche Wahl
Mit ihrer Entscheidung für Tim Walz hat sich Kamala Harris jetzt definitiv von Joe Biden emanzipiert, glaubt Le Soir. Denn es ist nicht nur eine starke, sondern auch eine riskante Entscheidung. Als Gouverneur von Minnesota hat Tim Walz eine – für amerikanische Verhältnisse – doch recht progressive Politik geführt: Der Mann steht genau wie die Chefin links. Beobachter hätten wohl eher damit gerechnet, dass sich Harris für einen Mann der Mitte entscheidet, um das Tandem ein wenig auszugleichen.
"Eine erstaunliche Wahl", meint auch La Libre Belgique. Tim Walz hatten wohl die wenigsten Beobachter auf dem Zettel. Er ist weder jung, noch ist er ein Mann des Zentrums. Er stammt auch nicht aus einem der sogenannten swing states, in denen sich die Wahl entscheiden dürfte. Sehr oft schon hat man den Demokraten vorgeworfen, den Kontakt zu ihrer Basis verloren zu haben, also mit der Arbeiterklasse und der (unteren) Mittelschicht. Frage ist nur: Steht Tim Walz nicht zu weit links?
L'Avenir stellt sich dieselbe Frage. Auf diesem Tandem strampeln beide in dieselbe Richtung, und zwar nach links. Da das Duo Trump-Vance weit rechts steht, ist dies ein weiterer Beweis für die extreme Polarisierung in den USA. Dennoch stellt sich die Frage: Was wird Tim Walz am Ende für Kamala Harris sein? Eine gute Sohle, oder doch ein Stein im Schuh?
Ungesunde Machtposition
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute aber auch mit dem Urteil eines US-Gerichts im Kartellverfahren gegen die Internet-Suchmaschine Google. Das Unternehmen wurde schuldig gesprochen: Google sei ein Monopolist und habe seine marktbeherrschende Position missbraucht, um seine Dominanz noch zu festigen.
Dieses Urteil eines US-Bundesgerichts ist ein Meilenstein, ist De Tijd überzeugt. Die Entscheidung kann wegweisend sein für vergleichbare Kartellverfahren, die gegen andere Internetriesen laufen, allen voran Apple, Amazon oder Meta. Es wird höchste Zeit, dass auch die US-Behörden – wie schon die EU – endlich entschlossen auftreten gegen die Allmacht der Tech-Konzerne, denn diese Macht ist nicht nur wirtschaftlicher und technologischer Natur, sondern auch zunehmend politisch. Bestes Beispiel ist Elon Musk. Eine derart enorme Machtposition ist ungesund. Es bedarf tatsächlicher Gegengewichte. Das Urteil gegen Google ist ein erster Schritt.
Ein Kartellrecht von 1890
De Morgen sieht das ähnlich. Bei solchen Wettbewerbsverfahren geht es längst nicht nur um einen Machtkampf zwischen Konzernen und der Politik. Hier geht es in erster Linie um uns, die Verbraucher. Es gilt schlichtweg zu verhindern, dass die Tech-Riesen - etwa indem sie die Preise diktieren - ihre Macht missbrauchen. Aber nicht nur das: Ein Mangel an Konkurrenz ist auch schädlich für die Effizienz und bremst die Innovation. Google und Co. haben die Macht, neue Ideen im Zweifel einfach abzuwürgen. Deren Macht einzudämmen ist denn auch kein Zeichen von Bürokratie, sondern von guter Regierungsführung.
"Schön und gut, aber was machen wir jetzt damit?", fragt sich De Standaard. Hat Google mit seiner Suchmaschine seine Macht missbraucht? Hierauf gibt es jetzt eine klipp und klare Antwort: ja! Das Unternehmen hat etwa seine astronomischen Gewinne unter anderem dafür genutzt, eine Verteidigungsmauer zu errichten, die für die Konkurrenz unüberwindlich war. Dass das Gericht das jetzt offiziell festgestellt hat, das ist eine Sache. Doch was wird jetzt die Folge sein? Welche Maßnahmen können da ergriffen werden? Hier wird es kompliziert. Große Konzerne bezahlen selbst hohe Geldbußen mit einem süffisanten Lächeln und machen dann weiter wie bisher. Eine andere Möglichkeit wäre eine Zerschlagung. Beim Telekommunikationsunternehmen AT&T hat das in den 1980er Jahren noch funktioniert. Bei Google oder anderen Tech-Konzernen fragt man sich aber, wie eine solche Zerschlagung aussehen könnte. Das US-Kartellrecht stammt im Wesentlichen noch aus dem Jahr 1890. Dass es bis heute funktioniert hat, das zeigt, wie gut es abgefasst war. Im heutigen Online-Zeitalter wird man aber wohl über eine Aktualisierung nachdenken müssen.
Roger Pint