"Israel greift Beirut an", titelt Het Laatste Nieuws. L'Echo ist präziser: "Israel attackiert ein Hisbollah-Ziel im Libanon als Vergeltung für den Angriff auf die Golanhöhen". "Beirut hält den Atem an: Bleibt es bei dem Drohnen-Angriff auf den Hisbollah-Chef?", fragt sich De Standaard.
Israel hat am Abend Vergeltung geübt für den tödlichen Angriff auf die von Israel annektierten Golanhöhen. Die Rakete hatte einen Sportplatz getroffen und zwölf Menschen getötet, die meisten von ihnen Kinder und Jugendliche. Die Attacke wird der Schiiten-Miliz Hisbollah zugeschrieben. Die israelische Armee startete als Reaktion einen Angriff auf einen hochrangigen Kommandeur der Hisbollah. "Nach dem Vergeltungsschlag steigt die Angst vor einer Eskalation", titelt De Morgen.
"England trauert um Alice, Elsie, und Bebe", so derweil die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. "Diese drei jungen Taylor-Swift-Fans überlebten den Angriff nicht", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Beide Blätter bringen auch Fotos der Mädchen. Ein Messerstecher hatte am Montag im englischen Southport auf einem Tanz-Sommerlager ein Blutbad angerichtet. Die sechs, sieben und neun Jahre alten Mädchen überlebten die Attacke nicht.
"Bart De Wever will den Punkteführerschein einführen", so die Aufmachergeschichte von De Standaard und Het Nieuwsblad. Das entsprechende Gesetz gibt es aber schon seit 30 Jahren. Es fehlen lediglich die Ausführungsbestimmungen. Nun will also Regierungsbildner De Wever versuchen, die Frankophonen zu überzeugen.
Keine "dolce vita"
Apropos: Viele Zeitungen beschäftigen sich heute auch mit der sogenannten "Super-Note" von Bart De Wever. Hier handelt es sich um das sozialwirtschaftliche Eckpunktepapier, das der Regierungsbildner den Arizona-Parteien vorgelegt hatte.
Le Soir beschäftigt sich mit dem Passus, in dem der N-VA Chef eine zeitliche Begrenzung des Arbeitslosengeldes vorschlägt. Das Bild, das sich gemeinhin von Langzeitarbeitslosen gemacht wird, ist in den meisten Fällen eine Karikatur, meint das Blatt. Natürlich gibt es da Profiteure. In den meisten Fällen hat das Leben von Langzeitarbeitslosen aber nichts von einer "dolce vita". Ob die vorgeschlagenen Reformen helfen würden, ist fraglich. Menschen, die ihr Anrecht auf Arbeitslosengeld verlieren, würden zwangsläufig bei den Sozialämtern landen. Hinzu kommt, dass es die im Gegenzug versprochene Begleitung der Langzeitarbeitslosen ja eigentlich schon gibt. Im Zweifel würde das wohl nur noch kostenintensiver. Ergo: Wenn man das System schon einer Reform unterziehen will, dann darf man sich nicht auf die rein finanziellen Aspekte beschränken.
Arizona-Partner sind N-VA-Spielchen leid
Het Laatste Nieuws macht eine ähnliche Analyse, legt seinerseits aber den Fokus auf die Langzeitkranken. Diese Menschen wieder in die Arbeitswelt zu bringen, ist ein langwieriger Prozess. Und da darf man sich nicht nur auf die Betroffenen konzentrieren; Langzeitkranke zu bestrafen, wäre mit Sicherheit der falsche Weg. De Wevers Ansatz ist da interessant. So schlägt er etwa vor, dass künftig auch die Arbeitgeber in die Verantwortung genommen werden sollen. Aktuell ist es so, dass die Lohnfortzahlung schon nach einem Monat endet und ab dann die Krankenkassen einspringen. Geht es nach dem Regierungsbildner, dann müssten sich die Unternehmen künftig finanziell daran beteiligen. Auf diese Weise sollen sie dazu ermuntert werden, künftig mehr Wert auf Prävention zu legen, um eben zu verhindern, dass Mitarbeiter ausfallen. Das ist der richtige Ansatz, denn diese Menschen brauchen in allererster Linie Hilfe.
Einige Zeitungen beschäftigen sich weniger mit dem konkreten Inhalt der Note, sondern eher mit der Tatsache, dass sie überhaupt durchgesickert ist. Man muss nicht bösen Willens sein, um hier eine deutliche Botschaft herauszulesen, glaubt De Morgen. Einige Arizona-Partner wollen ganz offensichtlich deutlich machen, dass sie das Spielchen leid sind. Die sogenannte "Super-Note" des Regierungsbildners entsprach in weiten Teilen den Standpunkten seiner eigenen Partei, also der N-VA. Das gleiche galt ja auch schon für andere Eckpunktepapiere, etwa in den Bereichen Asylpolitik oder Klimaschutz. Diejenigen, die den Inhalt auf den Marktplatz geworfen haben, wollten ganz offensichtlich dem Regierungsbildner zu verstehen geben, dass er seine Arbeitsmethode ändern muss.
Vivaldi-Gespenst oder nur Theaterdonner?
Bei den Koalitionsverhandlungen geht inzwischen das Vivaldi-Gespenst um, findet Gazet van Antwerpen. In den letzten Tagen haben sich die Arizona-Parteien ihren ersten klassischen Clash zwischen links und rechts geliefert. Und zu allem Überfluss landete der Inhalt auch noch in der Presse. Für Regierungsbildner De Wever muss das eine kalte Dusche gewesen sein; er muss jetzt notgedrungen einen Gang zurückschalten. Und genau das haben wir in den letzten fünf Jahren nur allzu oft erlebt. Denn vieles von dem, was De Wever vorschlägt, wird von Experten oder externen Institutionen schon lange gefordert. Doch genau wie bei der Vivaldi-Koalition findet sich immer mindestens eine Partei, die dennoch ihr Veto einlegt. Botschaft also an die ehemaligen "Vivaldisten" Vooruit, CD&V und MR: Diese Parteien werden schon bald beweisen müssen, dass ihr Wunsch nach Reformen wirklich aufrichtig ist. Ansonsten kann man auch gleich Alexander De Croo und die Grünen anrufen und weitermachen wie bisher.
Dem gegenüber hält Het Nieuwsblad das alles allein für Theaterdonner. All die Unglückspropheten sollten sich jetzt doch mal beruhigen. Die "Super-Note" war doch nichts anderes als eine PR-Aktion, ein Signal an die N-VA-Basis, dass ihre Partei ihr Wahlprogramm nicht über Nacht über Bord geworfen hat. Denn natürlich wusste Bart De Wever, dass er mit diesem Eckpunktepapier die flämischen Sozialisten Vooruit und ganz sicher Les Engagés niemals überzeugen würde. Die "Super-Note" war lediglich der Eröffnungszug in einem Schachspiel, das gerade erst wirklich begonnen hat. Die zweite Phase, die nach dieser kurzen Ferienwoche ansteht, die darf De Wever allerdings nicht vergeigen. Dann wird er beweisen müssen, dass er wirklich staatsmännische Qualitäten hat. Dann wird er Wasser in seinen Wein gießen müssen. Großmütigkeit politischen Konkurrenten oder Koalitionspartnern gegenüber war - diplomatisch ausgedrückt - noch nie die Stärke des N-VA-Chefs. Wenn er wirklich mit seiner Mission erfolgreich sein will, dann wird De Wever sich neu erfinden müssen.
Roger Pint