"Kater für die Cats", so die bittere Bilanz von Het Laatste Nieuws zum verlorenen Olympia-Auftaktspiel der Basketball-Nationalmannschaft der Frauen gegen Deutschland. "Cats werfen Medaillenhoffnung zum Fenster raus mit Fehlleistung gegen Deutschland", wettert De Standaard. "Matthias Casse, die beste belgische Judo-Chance, hat Gold im Visier", titelt L'Avenir. "Lassen uns Judoka Casse und Triathlet Van Riel heute zwei Mal jubeln?", bringt Gazet van Antwerpen noch eine zweite olympische Medaillenhoffnung ins Spiel.
Fehlstart oder Party?
Das war ein Fehlstart in die Olympischen Spiele, schreibt Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel – allerdings nicht wegen der sportlichen Misserfolge, sondern wegen der Probleme jenseits des Sports. Erst die Sabotage des Hochgeschwindigkeitsnetzes der französischen Bahn, gefolgt wenig später von weiteren hochkoordinierten Angriffen auf Telekom- und Internetinfrastruktur. Dass das trotz der drakonischen Sicherheitsmaßnahmen passieren konnte, wirft einen Schatten auf die Organisation der Spiele. Dann war da noch die Eröffnungszeremonie. Da gab es nicht nur Kritik wegen einer kontroversen Aufführung, sondern auch wegen der schieren Dauer des Ganzen. Hinzu kam der Regen, viele Zuschauer gingen früh nach Hause und ließen leere Plätze zurück. Noch ein Schatten. Dann der Ärger und die Unsicherheit um die Wasserqualität in der Seine und die Folgen für den Triathlon – bei einem Preisschild von neun Milliarden Euro sollte man wirklich so etwas wie einen Plan B erwarten können, beklagt Gazet van Antwerpen.
Das sieht La Dernière Heure anders: Die Olympischen Spiele schaffen es zwar nicht, die tiefen Risse der französischen Gesellschaft zu kitten oder zu verbergen, siehe die Kontroverse um die Aufführung bei der Eröffnungszeremonie. Aber die ausgelassene Stimmung, die geteilten Momente und die bisher gut funktionierende Organisation machen die Olympischen Spiele – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – zu einem Erfolg und zu einer willkommenen Ablenkung von anderen Problemen. Wir können nur hoffen, dass die Party in Paris andauern wird, selbst nach dem 11. August, so La Dernière Heure.
Die Arbeitssuche stärker unterstützen
Ansonsten beherrscht aber vor allem die belgische Innenpolitik die Leitartikel, genauer gesagt der Inhalt der sogenannten "Super-Note" von Regierungsbildner Bart De Wever. Auf dem Verhandlungstisch der potenziellen nächsten Föderalregierung liegt nun auch die zeitliche Begrenzung der Arbeitslosenbezüge, greift sich De Standaard einen der Vorschläge De Wevers heraus. Damit sollen mehr Menschen in Arbeit gebracht werden – das wäre nicht nur gut für den Haushalt, sondern auch für die Betroffenen selbst. Allerdings sollte man dazu einiges anmerken: Zum einen ist es für Arbeitssuchende umso schwerer, einen Job zu finden, je länger ihre Arbeitslosigkeit dauert. Arbeitgeber sind sehr misstrauisch, wenn jemand längere Zeit nicht gearbeitet hat. Außerdem muss aufgepasst werden, dass so eine Maßnahme die Betroffenen nicht einfach in Armut oder Sozialhilfe treibt. Denn das kann nicht das Ziel sein. Der Staat darf der Arbeitssuche auch keine Steine in den Weg legen: Kinderbetreuung nur noch für Menschen, die arbeiten, ist also keine gute Idee. Die Arbeitsämter müssen auch die Ärmel hochkrempeln und Arbeitssuchenden besser helfen als bisher. Und schließlich muss es auch einen Mentalitätswandel bei den Arbeitgebern geben: Ausländer müssen in Belgien viel zu oft in Jobs arbeiten, für die sie deutlich überqualifiziert sind. Diese Diskriminierung und übertrieben hohe Sprachanforderungen müssen aufhören, fordert De Standaard.
Het Laatste Nieuws bejubelt die vorgeschlagene Abschaffung der Öko-Schecks: Das war eine der nutzlosesten Erfindungen der jüngeren Geschichte. Öko-Schecks laden geradezu ein zum Betrug und zum Verbiegen der Regeln. Die Auswahl, was mit ihnen gekauft werden kann, ist begrenzt. Menschen geben sie für Sachen aus, die sie eigentlich gar nicht brauchen, weil die Schecks sonst ablaufen – also auch umwelt- und klimatechnisch absolut kein Gewinn. Die einzigen, die Öko-Schecks verteidigen, sind entweder naiv oder verdienen Geld damit – so wie die Firmen, die die Schecks herausgeben, wettert Het Laatste Nieuws.
Sorgenkind Wirtschaftswachstum
De Tijd verweist derweil auf Alarmsignale aus der Wirtschaft: Die belgische Wirtschaft ist fast zum Stillstand gekommen, wie die Zahlen der Nationalbank zeigen. Die Zahl der Menschen, die in Kurzarbeit sind, ist auf den höchsten Stand der letzten zehn Jahre gestiegen. Das könnte auf baldige definitive Umstrukturierungen der betroffenen Betriebe hindeuten. Wann werden die politisch Verantwortlichen diese Warnzeichen endlich ernst nehmen? Sowohl die föderalen als auch die flämischen Regierungsverhandlungen müssten viel stärker auf eine vollwertige Industrie-Politik ausgerichtet werden, fordert die Wirtschaftszeitung De Tijd.
Die Schwesterzeitung L'Echo sieht hingegen eher eine Rückkehr zum normalen Rhythmus nach einem Wachstum, das langfristig unhaltbar war: Der Post-Covid-Boom ist allmählich vorbei, der Konsum der Privathaushalte beruhigt sich wieder. Nun muss es darum gehen, die öffentlichen Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Allerdings bringt das die Gefahr mit sich, das Wirtschaftswachstum weiter zu bremsen und damit für weniger Steuereinnahmen zu sorgen. Deswegen müssen die künftigen Koalitionspartner einen sehr behutsamen Weg finden, um die Ausgaben zu reduzieren, ohne das Wachstum zu töten, betont L'Echo.
Die Vivaldi-Koalition war ein wilder Mischmasch an Ideologien, merkt Het Belang van Limburg an. Aber das ist die potenzielle Arizona-Koalition auch. Laut einigen Verhandlungsführern will sich die MR sogar noch weiter rechts positionieren als die N-VA. Aber das könnte Vooruit verjagen. Eine föderale Regierung ohne die flämischen Sozialisten wäre zwar möglich. Aber dann müsste De Wever die Open VLD ins Boot holen, die aber keine Lust auf Regieren hat. Und auf flämischer Ebene sind die Sozialisten zumindest rechnerisch unverzichtbar, hebt Het Belang van Limburg hervor.
Boris Schmidt