"Wahlen: US-Präsident Biden wirft das Handtuch – Demokrat steht nicht für zweite Amtszeit zur Verfügung", titelt das GrenzEcho auf Seite eins. "Biden verlässt das Rennen", schreiben fast gleichlautend Gazet van Antwerpen, Het Laatste Nieuws und Het Belang van Limburg. "Was nach dem Rückzug von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat?", fragt De Morgen. "Joe Biden verzichtet auf den Präsidentschaftswahlkampf und unterstützt Kamala Harris", hat L'Avenir zumindest eine Teil-Antwort auf diese Frage. "Joe Biden wirft hin. Schlägt jetzt die Stunde von Kamala Harris?", fragt La Libre Belgique. "Das Wagnis Kamala Harris" schreibt Le Soir. "Bidens Rücktritt stellt Kamala Harris vor die Herausforderung ihres Lebens", so der Aufmacher bei De Standaard.
Monate und Monate hat der Gesundheitszustand des Manns an der Spitze des mächtigsten Landes der Welt die Welt beschäftigt, hält La Dernière Heure in ihrem Leitartikel fest. Monate voller Fehltritte, die den Trumpisten in die Karten gespielt haben. Monate, in denen die Demokraten darauf warteten, dass Biden den Weg frei machen würde. Monate, die den Ländern, die mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten, den Angstschweiß auf die Stirn getrieben haben. Sei es beim Gedanken an einen völlig enthemmten Donald Trump oder einen Joe Biden, von dem man nie wusste, welche Aussetzer er sich als Nächstes leisten würde.
Bidens Entscheidung zum Rückzug ehrt ihn, er stellt die Zukunft seines Landes über seine persönlichen Interessen. Und er schluckt damit auch seinen Stolz herunter. Allerdings wird sich zeigen müssen, ob Kamala Harris es mit einem Trump aufnehmen kann, der mit jedem Tag mächtiger geworden ist, so La Dernière Heure.
Nun muss der echte Kampf beginnen
Biden hat hartnäckig die immer lauteren Rufe aus seiner eigenen Partei ignoriert, kommentiert La Libre Belgique. Die Starrsinnigkeit des Präsidenten irritierte umso mehr angesichts seiner Argumente: Biden klammerte sich an der Idee fest, dass er der beste Kandidat sei und der Einzige, der Donald Trump schlagen könnte. Die Umfragen sprachen da allerdings eine andere Sprache. Alles deutete darauf hin, dass ein jüngerer Kandidat mit genug Erfahrung den demokratischen Wahlkampf aus dem Stand von Biden würde übernehmen können. Ein Kandidat wie Kamala Harris eben. Sie kann der Kampagne zu neuem Optimismus verhelfen und die Demokraten mobilisieren. Der Rückzug Bidens war also unumgänglich.
Nun muss endlich der echte Kampf gegen den immer gefährlicheren Trump beginnen. Gegen diesen Mann, dessen Verhaltensauffälligkeiten viel besorgniserregender sind als es die von Biden je waren und der weder die ethischen noch moralischen Kompetenzen hat, um Präsident zu werden, wettert La Libre Belgique.
Die Entscheidung von Joe Biden ist historisch, findet De Morgen. Und sie ist die beste Entscheidung für die Vereinigten Staaten und die Welt. Die 59-jährige Kamala Harris bekommt nun die Chance, die erste Präsidentin der USA zu werden. Mit ihrem indisch-jamaikanischen Familienhintergrund steht sie für Chancengleichheit und für den American Dream hart arbeitender Einwanderer. Als ehemalige Staatsanwältin ist sie immer für einen strengen, aber gerechten Rechtsstaat eingetreten. Sie ist also in jederlei Hinsicht aktuell der beste Gegenpol zu Donald Trump, ist De Morgen überzeugt.
Die Demokraten müssen die Reihen schließen
Kamala Harris steht vor zwei riesigen, schwindelerregenden Herausforderungen, fasst Le Soir zusammen: Zunächst muss sie auf dem Parteitag der Demokraten im August die zahlreichen Bedenken gegen ihre Person zerstreuen. Also Vorwürfe wie: Sie sei zu liberal, sie sei weniger kompetent als Biden, sie habe die Einwanderungskrise schlecht gemanagt und anderes. Sie muss sich auch gegen mögliche Konkurrenten durchsetzen beziehungsweise sich die Unterstützung von Schwergewichten wie Barack Obama sichern. Die zweite Herausforderung ist dann natürlich, in den nur 75 Tagen zwischen Parteitag und Wahltag Donald Trump zu schlagen, unterstreicht Le Soir.
Laut Umfragen liegen Harris und Trump nicht weit auseinander in der allgemeinen Wählergunst, analysiert Gazet van Antwerpen. Aber Trump scheint in den alles entscheidenden "Swing States" die Oberhand zu haben. Den Staaten also, in denen traditionell die Entscheidung fällt, wer ins Weiße Haus einzieht. Wenn die Demokraten eine echte Chance auf einen Sieg haben wollen, dann müssen sie jetzt Kamala Harris massiv unterstützen. Harris ist nicht die populärste Vizepräsidentin. Manche sagen, sie sei ungeeignet, andere halten dagegen, dass sie sich nur nie habe beweisen können. Aber egal wie: Die Demokraten müssen die Reihen schließen, betont Gazet van Antwerpen.
Wie will Harris die "Swing States" gewinnen?
Auch Het Laatste Nieuws blickt auf die "Swing States": Michigan, Wisconsin und Pennsylvania sind für Donald Trump in Griffweite. Bundesstaaten also, in denen vor allem weiße Arbeiter wählen werden. Harris wird einen sehr guten Running Mate aus ihrem Hut zaubern müssen, um diese vergessene Gruppe Amerikaner verführen zu können, hebt Het Laatste Nieuws hervor.
Harris wird den Republikanern das Leben schwer machen können, glaubt Het Nieuwsblad. Denn sie hat sich beispielsweise durch ihren Einsatz für das Recht auf Abtreibung einen Namen gemacht. Aber noch wichtiger: Harris ist fast 20 Jahre jünger als Trump. Das bedeutet, dass die Angriffe, die Trump bisher gegen Biden gefahren hatte, nun gegen ihn gerichtet werden können. Trump hat auch bereits damit begonnen, Harris zu dämonisieren. "Crazy Kamala" sei "nuts", verrückt, so der Republikaner, schreibt Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt