"Auch Biden scheint nun unsicher über seine Kandidatur", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Joe Biden soll nun selbst an seiner Kandidatur zweifeln", formuliert es Het Nieuwsblad ähnlich. "Risse im demokratischen Schild um den amerikanischen Präsidenten", schreibt De Tijd. "Wird sich Biden zurückziehen? Für Trump öffnet sich ein Königsweg", so L'Echo.
Der zunehmend verwirrt auftretende Joe Biden hält trotz aller Warnrufe an seinem Wiederansinnen fest, kommentiert das GrenzEcho, und breitet so dem unberechenbaren, rachgelüstigen und erst einmal höchstrichterlich vor Strafverfolgung gefeiten Donald Trump den roten Teppich aus. Wer da nicht rot sieht, muss an fortschreitender Erblindung leiden und findet deshalb womöglich auch die warmen Klamotten nicht, die er sich bald wird überziehen müssen, meint das GrenzEcho.
Immer lauter wird der Rücktritt von Joe Biden gefordert, hält La Dernière Heure fest. Aber soll er sich wirklich zurückziehen? Angesichts des Schiffbruchs während der TV-Debatte gegen Trump sollte er das wohl. Das Problem: Im demokratischen Lager drängt sich kein einziger auf der Hand liegender und solider Ersatz auf. Außer Michelle Obama würde sich entscheiden, in den Kampf zu ziehen. Sich zurückziehen ja, aber zugunsten von wem?, legt La Dernière Heure den Finger in die offene Wunde.
Ein höllisches Dilemma
Vier Monate vor dieser entscheidenden Wahl kann man nur verdattert auf die Vereinigten Staaten blicken, schreibt Le Soir. Wie konnte die so alte Partei einer der größten Demokratien der Welt an diesen Punkt gelangen? Es hätte doch nie eine Überraschung sein dürfen, dass ein 81-jähriger Mann angesichts der Größe der Herausforderung nicht würde durchhalten können. Es ist schlicht unverantwortlich, dass für den Fall der Fälle kein Ersatzkandidat vorbereitet worden ist. Biden soll geglaubt haben, dass er der einzige Demokrat ist, der Trump schlagen kann. Diese Selbstüberschätzung hat schon zu einer Schwächung der Demokraten geführt. Nun steht er kurz davor, nicht nur seine Partei, sondern die ganze Welt ins Chaos zu stürzen, wettert Le Soir.
Durch seinen fatalen Auftritt hat Joe Biden es geschafft, dass sich der US-Wahlkampf nicht um die Lügen Trumps dreht, nicht um seine endlosen juristischen Probleme, nicht um seine zerstörerischen Pläne für die amerikanische Gesellschaft, unterstreicht De Morgen. Stattdessen wird die Frage gestellt, ob der amtierende Präsident noch vier Jahre durchhalten könnte als Führer eines der mächtigsten Länder der Welt. Und das ist nicht die Schuld der Medien, das ist leider eine absolut legitime Frage.
Die amerikanischen Wähler stehen nun vor einem höllischen Dilemma: Sollen sie ihre Stimme einem Kandidaten geben, der körperlich und mental möglicherweise ungeeignet ist für das Amt? Oder einem Kandidaten, der moralisch ungeeignet ist?, fasst De Morgen zusammen.
Das Labor des Populismus schließt seine Türen
L'Echo blickt nach Großbritannien, wo heute ein neues Parlament gewählt wird. Wie viele Sitze Vorsprung wird Labour holen? 200? 300? Wird der Sieg weniger deutlich ausfallen als erwartet? Eines steht jedenfalls seit Monaten fest: Der nächste britische Premierminister wird Keir Starmer heißen. Acht Jahre nach dem Brexit-Referendum werden die Wähler den Konservativen eine schwere Klatsche verpassen. Wobei der Brexit ja nur der erste politische Schock in einer ganzen Serie war. Die Konservativen haben nicht nur der Wirtschaft schwer geschadet, sie haben auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerstört. Dadurch haben sie ihr Land noch anfälliger gemacht für die Pandemie und den Ukraine-Krieg.
Es waren die Tories, die ihr Land noch vor anderen westlichen Ländern ins Dunkel gestürzt haben. Jetzt wird dieses Labor des Populismus seine Türen schließen, zumindest für einige Jahre. Aber der Führer der britischen Rechtsextremen und eigentliche Triebkraft hinter dem Brexit, Nigel Farage, hat schon bewiesen, dass er die Schlüssel zu diesem Labor behalten hat und wie einfach es ist, Kopien davon zu machen, warnt L'Echo.
Die belgische Justiz hat versagt
Gazet van Antwerpen greift die Freilassung des dritten und letzten Mörders der Polizistin Kitty Van Nieuwenhuysen auf: Die Polizistin hatte nicht die geringste Chance, als sie im Dezember 2007 bei einem Einsatz erschossen wurde, ihr Kollege überlebte den Kugelhagel schwer verletzt. 2011 wurden die drei Täter zu jeweils 30 Jahren Gefängnis verurteilt. 17 Jahre nach dem Mord sind sie nun alle wieder auf freiem Fuß.
Man muss sich schon die Frage stellen dürfen, ob jemand, der kaltblütig das Feuer auf ein Polizeifahrzeug eröffnet, nicht mehr als 30 Jahre hätte bekommen müssen. Hätte ein Polizistenmord nicht lebenslänglich verdient gehabt? Die drei Täter hatten schon vor dem Mord ein dickes Strafregister, es handelt sich eindeutig um Schwerverbrecher. Natürlich verdient jeder eine zweite Chance, selbst eine dritte und vierte, aber erst nach dem Verbüßen der kompletten Strafe. Das ist eine Art der Rechtsprechung, für die kein Bürger Respekt aufbringen kann und die Gangster zum Lachen bringt. Die belgische Justiz hat hier versagt, urteilt Gazet van Antwerpen.
L'Avenir beschäftigt sich mit der Mitteilung des Anti-Terrorstabs Ocam, dass die Terrorwarnstufe bis mindestens Ende des Sommers auf Stufe drei bleiben wird: Ja, das ist eine hohe Stufe. Bedingt wird sie vor allem durch die Situation in Gaza. Aber wir sollten dennoch nicht in Paranoia verfallen. Panik angesichts jedes vergessenen Koffers bringt nichts, genauso wenig wie Schweißausbrüche, wenn mal irgendwo ein betrunkener Fan anfängt, Randale zu machen. Diejenigen, die für die nationale Sicherheit verantwortlich zeichnen, machen ihre Arbeit – in aller Diskretion. Vertrauen wir ihnen – dem Ocam, der Staatssicherheit, den verschiedenen Geheim- und Sicherheitsdiensten. Wenn wir unser Leben von der Angst vor Anschlägen bestimmen lassen, dann haben die Terroristen schon gewonnen, appelliert L'Avenir.
Boris Schmidt