"Whistleblower Julien Assange auf dem Weg in die Freiheit", titelt De Morgen. "Die umstrittene Galionsfigur Julien Assange ist wieder frei", notiert De Standaard auf Seite eins. "Julien Assange plädiert auf schuldig und gewinnt dafür seine Freiheit zurück", formuliert La Libre Belgique auf ihrer Titelseite.
Die überraschende Wendung im Fall des Whistleblowers Julien Assange greifen einige Zeitungen bereits auf ihren Titelseiten auf. Aber nur La Libre Belgique widmet dem Ereignis auch ihren Leitartikel.
Die Zeitung kommentiert: Die Geschichte von Assange erinnert uns daran, welche Opfer man manchmal bringen muss, wenn man für Transparenz und Gerechtigkeit kämpft. Für viele ist Assange die Verkörperung dieser Transparenz und des Rechts auf Information. Er hat nicht immer alles richtig gemacht. Sein Weg zeigt, dass der Kampf für Transparenz oft steinig ist und in Sackgassen führt. Aber es ist der einzige Weg, wenn man das Recht auf Meinungsfreiheit ernst nimmt und sich für eine Welt einsetzen will, die gerechter und transparenter ist. Assange ist diesen Weg gegangen. Seine Freiheit hat er nur durch ein Schuldgeständnis erreicht. Trotzdem wird er Geschichte geschrieben haben, würdigt La Libre Belgique.
Schluss mit den politischen Spielchen!
La Dernière Heure beschäftigt sich mit dem PFAS-Skandal in der Wallonie. Gestern wurde bekanntgegeben, dass tatsächlich viele Bewohner der Gemeinde Chièvres eine hohe Konzentration der Chemikalien in ihrem Blut aufweisen. La Dernière Heure notiert: Der Tag gestern hat gezeigt, dass die Sorgen der Bürger berechtigt waren. Was sie vor allem fordern, ist Transparenz. Daran mangelt es aber in dem Dossier. Ohne die RTBF-Reportage wäre der ganze Skandal wahrscheinlich nicht bekannt geworden. Noch am Montag wurden die Bürger in Chièvres gebeten, nicht mit Journalisten zu sprechen. Transparenz sieht anders aus. Die Erfahrung mit Covid hatte doch gezeigt, wie wichtig es ist, klar und deutlich über Fragen der öffentlichen Gesundheit zu informieren. Haben wir das schon wieder vergessen?, fragt La Dernière Heure.
L'Avenir bemerkt: Der PFAS-Skandal ist einer der Hauptgründe für die krachende Niederlage, die Ecolo bei den Wahlen am 9. Juni erlitten hat. PFAS war eines der großen Themen, die Les Engagés, die PTB und auch die MR genüsslich ausgeschlachtet hatten, um Ecolo zu schaden. Die Partei und natürlich auch Céline Tellier als verantwortliche Ecolo-Ministerin haben den Preis bezahlt. Und jetzt sollte man die politischen Spielchen auch ruhen lassen. Aber MR und Les Engagés haben gestern noch einmal darauf gepocht, den Skandal weiter politisch aufzuarbeiten. Besser wäre es jedoch, nach politischen Lösungen zu suchen, die solche Skandale künftig vermeiden können, rät L'Avenir.
Kooperieren statt poltern
Le Soir sieht das genauso und führt aus: MR und Les Engagés täten gut daran, vorsichtig zu sein. In diesem sprichwörtlich verseuchten Kontext sind Bescheidenheit und Kooperation bessere Ratgeber für die künftigen Regierungspartner als lautes Poltern. Gemeinsam mit der Wissenschaft sollten die Parteien versuchen zu schauen, was aus dem Skandal zu lernen ist. Denn die PFAS-Chemikalien sind bekanntlich ja sehr langlebig und werden uns mit Sicherheit noch lange beschäftigen, weiß Le Soir.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo schreibt zur Wahlniederlage von Ecolo: Den Einbruch von Ecolo könnte man als Zeichen dafür werten, dass grüne Ideen nicht mehr angesagt sind. Und dass die Gesellschaft diese Ideen nicht mehr braucht. Das Gegenteil ist der Fall. Umweltthemen sind mittlerweile in fast allen Politikbereichen präsent und müssen natürlich auch präsent bleiben. Für Ecolo bedeutet das, dass die Partei die Form ändern muss, die Art und Weise wie sie ihre Ideen präsentiert. Vielleicht ein bisschen weniger radikal, vielleicht ein bisschen weniger oberlehrerhaft. Nicht bestrafen, sondern Anreize setzen. Das gilt auch für andere Parteien. Grüne Politik muss neu gedacht werden, glaubt L'Echo.
Fehler als Warnschuss
De Standaard berichtet: Ein Expertenbericht belegt es jetzt schwarz auf weiß: Bei den Wahlen sind Fehler unterlaufen. 16- und 17-Jährige, die eigentlich nur bei der Europawahl hätten abstimmen dürfen, konnten auch für die Regional- und Föderalwahlen ihre Stimme abgeben. Das Wahlergebnis ist dadurch verfälscht und das ist schädlich für die Demokratie. Was soll man jetzt machen? Es ist nicht nachvollziehbar, wer genau falsch abgestimmt hat. An Neuwahlen hat wohl – bis auf die OpenVLD – keiner Interesse. Das Beste wäre wohl, den Fehler als Warnschuss zu verstehen und dafür zu sorgen, dass bei den nächsten Wahlen alles besser läuft, überlegt De Standaard.
De Tijd notiert zur Einführung einer weltweiten Milliardärs-Steuer: Brasilien hat diese Idee ins Spiel gebracht und natürlich kann man das mal überlegen. Die Umsetzung einer solchen Milliardärs-Steuer weltweit würde zwar mit Sicherheit auf viele Hindernisse stoßen. Trotzdem könnte man es ja mal versuchen. Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass eine Milliardärs-Steuer unsere Regierungen dazu bringen würde, sinnvoller mit Steuergeldern umzugehen, spöttelt De Tijd.
Kay Wagner