Drei große Themen beherrschen heute die Berichte und Kommentare in der Tagespresse: Zunächst die spektakulären Preiserhöhungen für Energieprodukte. Ferner beleuchten viele Zeitungen die innenpolitische Lage, vor dem Hintergrund, dass Informateur Didier Reynders heute wohl seinen definitiven Abschlussbericht vorlegt. Und schließlich die internen Streitigkeiten bei den flämischen Liberalen OpenVLD.
"Gasrechnung bis zu 40 Euro teurer" titeln heute gleichlautend Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad. Le Soir hebt auf Seite 1 hervor, dass "die Benzinpreise wieder explodieren".
Und Het Belang van Limburg schreibt in Blockbuchstaben: "Der Benzinpreis nähert sich seinem Rekordhoch". Nicht zuletzt wegen der Krise in Libyen ziehen die Energiepreise in diesen Tagen spürbar an. Heute etwa steigen die Preise für Benzin und Dieseltreibstoff erneut um mehr oder weniger drei Cent.
Dramatische Energiepreise
Damit, so bemerkt Het Belang van Limburg, ist der Sprit innerhalb eines Jahres um gut ein Drittel teurer geworden. Gazet van Antwerpen rechnet vor: Eine volle Tankfüllung Dieselkraftstoff kostet 15 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Für einen Liter Benzin zahlt man heute 1,59 Euro. Damit sind wir nur noch Bruchteile vom bisherigen Allzeithoch entfernt, notiert Le Soir - genauer gesagt: zwei Cent. Der alte Rekord stammt vom 1. Juli 2008. Damals kostete Benzin 1,61 Euro.
Das Ganze hat auch Auswirkungen auf die Gasrechnung der Verbraucher, wie Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws hervorheben. Der Marktführer Electrabel jedenfalls hat seinen Kunden eine empfindliche Preiserhöhung angekündigt. Demnach soll die monatliche Vorschusszahlung zwischen 20 und 40 Euro erhöht werden. Auf diese Weise will man den Kunden ein böses Erwachen bei der jährlichen Endabrechnung ersparen. Begründung: Innerhalb eines Jahres sei Gas um 20 % teurer geworden.
"Reynders out, was jetzt?"
Der heutige 1. März ist bekanntlich auch der Stichtag für Informateur Didier Reynders. Der MP-Politiker wird heute dem König seinen wohl definitiven Abschlussbericht vorlegen. La Libre Belgique und Gazet van Antwerpen widmen dem Ereignis ihre Titelseiten. La Libre meint lapidar: "Reynders out, Druck auf der CD&V". Gazet van Antwerpen notiert kurz und knapp: "Zeit für etwas anderes". Beide Schlagzeilen fassen es wohl treffend zusammen. Didier Reynders hat insgesamt vier Wochen lang in königlicher Mission nach Auswegen aus der innenpolitische Krise gesucht. Sein Zeugnis fällt in den meisten Zeitungen eher dürftig aus.
De Standaard und Gazet van Antwerpen etwa stellen sich die Frage, ob Reynders am Ende mit leeren Händen dem König unter die Augen treten muss. Zwar hat der MR-Politiker erwiesenermaßen für Bewegung gesorgt, doch kann auch er nur feststellen, dass mit N-VA und PS nach wie vor die beiden Wahlgewinner in entscheidenden Punkten entgegengesetzter Meinung sind und damit jeglichen Notausgang blockieren, wie unter anderem Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite feststellt.
CD&V in der Pole Position
Het Belang van Limburg lässt in diesem Zusammenhang den renommierten Politologen Dave Sinardet von der Uni Antwerpen zu Wort kommen. Dessen Diagnose: Die Reynders-Periode diente allein der Zeitgewinnung. Doch was jetzt?
Für L'Echo und De Morgen etwa deutet jetzt alles darauf hin, dass ein flämischer Christdemokrat die Arena betritt. Beide Blätter sehen CDV-Chef Wouter Beke in der Pole Position. L'Avenir listet gleich eine ganze Reihe von möglichen Szenarien auf. Das Spektrum reicht von einem Duo Reynders-Vande Lanotte über ein Tandem De Wever-Di Rupo bis hin zu Neuwahlen.
Nebel
Das zeigt im Grunde nur, wie sehr politische Beobachter mit ihrem Latein am Ende sind. La Libre Belgique bringt es in einem Kommentar auf den Punkt: Die PS plädiert für A, die N-VA für B. Des einen Grundbedingung ist des anderen rotes Tuch. Von den politischen Spielchen haben wir längst genug. Zumindest sollte jetzt endlich wieder konkret verhandelt werden. Und wenn die N-VA nicht kommen will: Pech gehabt.
Auch Gazet van Antwerpen blickt nicht mehr durch. Die Liste von Grundbedingungen und Vetos einzelner Parteien ist endlos. So kommen wir keinen Schritt weiter - und doch will Reynders eine neue Dynamik festgestellt haben. Mit dem Applaus sollte man aber noch ein bisschen warten.
"Wie IKEA-Möbel zusammenbauen"
De Standaard hat für das derzeitige Gewurstel in der Rue de la Loi eine prägnante Metapher parat: Wie Belgien derzeit über ein Staatsreform verhandelt, das ist, als müsste man ein Etagenbett von Ikea mit 50 Teilen ohne Anleitung zusammenbauen. Im Klartext: Auch nach achtmonatigen Verhandlungen liegen bislang nur Bruchstücke einer neuen Staatsreform auf dem Tisch.
Eins hat Reynders dennoch erreicht, bemerkt Het Nieuwsblad, der MR-Politiker hat das Comeback der Liberalen in Beton gegossen. Reynders ist zurück, und er bleibt noch ein bisschen. Insofern kann er tatsächlich behaupten: Auftrag ausgeführt.
Le Soir schließlich bringt heute die Vision zweier Staatsrechtler über das Belgien von morgen. Christian Behrendt und Hugues Dumont skizzieren ihren Plan A und Plan B. Kommentierend meint Le Soir dazu: Ihr Vorschlag reiht sich in diverse andere Anregungen ein, die alle darauf abzielen, auf eine Lösung hinzuarbeiten, die kein Flickwerk wäre, sondern etwas Neues, Begeisterndes.
Streit bei OpenVLD
Einige flämische Zeitungen widmen sich den internen Querelen bei den flämischen Liberalen OpenVLD. Der junge Mathias De Clercq hatte den Kurs seiner Partei scharf attackiert. Er warf der OpenVLD vor, konsequent im Windschatten der N-VA zu bleiben. Kommentierend meint dazu Het Laatste Nieuws: Es gibt wohl keine andere Partei, die sich mit einer solchen Konsequenz regelmäßig selber in den Fuß schießt. Ausgerechnet jetzt, wo sich die Liberalen zurückmelden, bringt der junge De Clercq die Partei ins Straucheln.
De Morgen hingegen hat Verständnis für dessen Kritik. De Clercq wünscht sich eigentlich wieder mehr ideologische Abgrenzung zwischen den Parteien. Politik ist organisierte Meinungsverschiedenheit, hat jedenfalls nichts mit Nachäfferei zu tun. Liberale müssen wieder liberaler werden, Sozialisten sozialistischer und Grüne grüner, ansonsten droht Nationalismus zum Einheitsdenken zu werden.
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