"Bereit für einen Blitzkrieg", titelt Het Nieuwsblad. "Der erste Test für die neue Generation", notiert Le Soir auf Seite eins. "Belgien gegen Slowakei heute um 18 Uhr: Lasst die Sonne endlich scheinen", heißt es in der Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Die belgische Fußballnationalmannschaft startet heute mit ihrem ersten Spiel in die Europameisterschaft in Deutschland.
La Dernière Heure hält fest: Ein Land, das sonst so geteilt ist zwischen Flamen und Wallonen, drei Regionen, drei Sprachen, verschiedenen Parlamenten und Politikern wird wieder einmal durch den Fußball geeint. Wieder einmal schaffen die Teufel das, was der Politik nicht gelingt: Sie entfachen überall in Belgien Begeisterung. Überall werden heute Abend Menschen mit Lukaku, De Bruyne und Co. mitfiebern. Unterschiede, die es angeblich sonst so viele gibt, werden dann wie weggezaubert sein. Es wäre schön, wenn dieser Geist der Einheit auch nach dem Ende der Europameisterschaft weiter im Land herrschen würde, wünscht sich La Dernière Heure.
Wichtig ist der Grundstein
L’Avenir diskutiert die sportlichen Perspektiven: Zehn Jahre, nachdem Belgien bei der Weltmeisterschaft in Brasilien in den Kreis der Top-Nationen des internationalen Fußballs zurückgekehrt ist, heißt heute die Devise: Umbruch. Von dem damaligen Team in Brasilien sind nur noch vier Spieler im aktuellen Kader. Trainer Tedesco hat die Verjüngung eingeleitet – mit durchaus guten Perspektiven. Dass die Roten Teufel die Gruppenphase unbeschadet überstehen, daran dürfte kein Zweifel bestehen. Spätestens ab dem Viertelfinale könnte es dann sehr schwer werden. Und mehr ist wohl auch nicht zu erwarten. Aber das macht nichts. Bei dieser EM geht es vor allem darum, den Grundstein für künftige Erfolge zu legen, glaubt l’Avenir.
Het Nieuwsblad kommentiert die Bemühungen, eine Woche nach den Wahlen eine neue Föderalregierung zu bilden: N-VA-Chef Bart De Wever hat das Heft in der Hand. Er sitzt im Cockpit, hat von König Philipp den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten. Und was macht De Wever? Er schweigt. Es ist nichts zu hören von ihm, er teilt sich der Öffentlichkeit nicht mit. Ist das schlimm? Nein. Angesichts der Vergangenheit und den oftmals verzweifelten, monatelangen Versuchen der Parteien, nach Wahlen neue Koalitionen zu schmieden, sind ein paar Tage ruhiges Denken abgeschottet von der Öffentlichkeit nicht der Rede wert, sondern vielleicht auch äußerst nützlich, überlegt Het Nieuwsblad.
Schweigen ist durchaus erlaubt
Het Laatste Nieuws stellt fest: Besonders die flämischen Sozialisten von Vooruit scheinen gerade viel Präsenz in den Medien zu suchen. Sie werden für eine Föderalregierung wahrscheinlich gebraucht. Das nutzen sie aus, um sich in der Öffentlichkeit zu positionieren. Nützlich ist das nicht. Denn es bringt die inhaltliche Debatte nicht voran. Da könnte man sich ein Beispiel an der N-VA und Les Engagés nehmen: Sie spielen den medialen Zirkus gerade nicht mit. Für sie scheint es wichtiger, das zu machen, was die Bürger jetzt wollen: Nämlich möglichst schnell eine neue Regierung zu bilden und dann loslegen mit den Reformen, auf die alle dringlichst warten, betont Het Laatste Nieuws.
Gazet van Antwerpen dagegen findet: Dass Vooruit sich als linke Partei öffentlichkeitswirksam positioniert gegenüber den wahrscheinlichen Koalitionspartnern einer Mitte-Rechts-Regierung, ist vollkommen normal. Unverständlich bleibt allerdings, warum MR und CD&V dieses Spiel des politischen Polterns mitspielen. Die Wahlen sind doch vorbei. Wenn jetzt alles ein bisschen diskreter ablaufen würde, gäbe es viele Gewinner. Allen voran das ganze Land, betont Gazet van Antwerpen.
Macron zwischen zwei Blöcken
La Libre Belgique schaut nach Frankreich und stellt fest: Seitdem Präsident Macron die Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen angesetzt hat, herrscht Chaos bei unseren Nachbarn. Frankreichs Gesellschaft scheint gespalten wie noch nie. Macron, der ja auf jeden Fall an der Macht bleiben wird, läuft Gefahr, mit einer Mehrheit von Extremen regieren zu müssen. Entweder mit einem rechtsextremen oder mit einem linksradikalen Block. Beide Extreme wären eine Katastrophe für die französische Wirtschaft und darüber hinaus die Finanzmärkte in Europa. Denn beide Blöcke wollen Geld ausgeben, das einfach nicht da ist. Macrons Entscheidung, Neuwahlen auszurufen, ist eine verrückte Wette, die der Präsident eigentlich nicht gewinnen kann. Ein historischer Fehler, befürchtet La Libre Belgique.
De Standaard bilanziert zur Friedenskonferenz zum Krieg in der Ukraine, die am Wochenende in der Schweiz stattfand: Nicht alle Länder, die an der Konferenz teilnahmen, haben sich der Forderung nach Frieden angeschlossen. Ist die Konferenz deshalb gescheitert? Nein. Denn sie hat gezeigt, dass es noch einen anderen Weg gibt, den Krieg zu beenden. Ein anderer Weg, der nicht darin besteht, der Ukraine immer weiter neue Waffen zu liefern. Sondern ein Weg, der über Gespräche und Verhandlungen läuft. Dass da nicht direkt alles von Erfolg gekrönt ist, muss man akzeptieren. Aber die Konferenz ist allein schon deshalb als Erfolg zu werten, weil sie stattgefunden hat, meint De Standaard.
Kay Wagner