"Horror in Hoboken", titelt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Zehnjähriges Mädchen stirbt unter den Trümmern – sicher drei Tote und zwei Vermisste bei Explosion in Hoboken", meldet Het Laatste Nieuws. "Keine Hoffnung mehr auf Überlebende", schreibt Het Nieuwsblad. "Suche nach Ursache durch enorme Verwüstung erschwert", so De Morgen. "'Das Gebäude wurde absolut nicht unterhalten'", bringt noch Gazet van Antwerpen ein Zitat von Angehörigen eines der Todesopfer.
Es ist ein fast schon vertrauter Anblick, beklagt Gazet van Antwerpen die verheerende Explosion in einem vierstöckigen Appartementgebäude gestern früh im Antwerpener Stadtteil Hoboken in ihrem Leitartikel. 2018 Antwerpener Paardenmarkt: drei zerstörte Gebäude, zwei Tote; 2019 Wilrijk: drei zerstörte Gebäude, ein Toter; 2021 Turnhout: vier Tote in einem Gebäude; 2023 Ekeren: ein zerstörtes Gebäude, ein Toter. Jedes Mal hat es sich dabei um eine Gasexplosion gehandelt. Ob das in Hoboken ebenfalls der Fall ist, muss noch ermittelt werden, aber es wird vermutet. Natürlich können Unglücke immer passieren. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob Behörden und Gasnetzbetreiber nicht mehr unternehmen könnten, um solche Dramen zu verhindern. Jeder Vorschlag ist willkommen, damit wir nicht immer wieder diese Bilder sehen müssen von verwüsteten Häusern, Toten, Verletzten und Vermissten unter Trümmern und geschockten Nachbarn, appelliert Gazet van Antwerpen.
An Oliver Paasch führt kein Weg vorbei
Ansonsten beschäftigen sich die Leitartikel aber vor allem mit Politik. Das GrenzEcho blickt auf die Regierungsbildung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft: Das ging dann doch ziemlich schnell – der große Wahlsieger ProDG steigt mit der CSP und der PFF ins Regierungsboot. ProDG ist die mit Abstand stärkste Kraft im Parlament und Aushängeschild Oliver Paasch mit einem bombastischen Vorzugsstimmenergebnis der mächtigste Ministerpräsident, den die DG je hatte. Daran gibt es spätestens nach der Vorstellung der neuen Regierungskoalition keinen Zweifel mehr. Das Koalitionsabkommen trägt deutlich die Handschrift von ProDG, beeindruckend ist beim Blick auf die Mandatsverteilung, wer künftig für welche Kompetenzen verantwortlich ist. An Oliver Paasch führt kein Weg vorbei. In Zukunft ist praktisch alles Chefsache. Man darf gespannt sein, wie viel Spielraum und Sichtbarkeit angesichts dieser Vorzeichen den Koalitionspartnern CSP und PFF in den kommenden Jahren bleiben, so das GrenzEcho.
Wie geht es in Flandern und föderal weiter?
De Tijd kommentiert die Lage in Flandern: Heute setzen sich die Vorsitzenden von N-VA, CD&V und Vooruit zum ersten Mal gemeinsam an den Tisch, um über eine sogenannte "Raketeneis"-Koalition zu verhandeln. Dass das so schnell passiert, ist ein deutlicher Kontrast zu den letzten Wahlen. Damals begannen die eigentlichen Koalitionsgespräche erst Mitte August. Bart De Wever, Sammy Mahdi und Melissa Depraetere müssen aber nicht nur die inhaltlichen Unterschiede ihrer Parteien unter einen Hut bringen. Sie müssen es vor allem auch schaffen, der Wut vieler Menschen Rechnung zu tragen, die für die radikalen Parteien gestimmt haben. Denn auch wenn der Vlaams Belang einen historischen Sieg knapp verfehlt hat, hat diese Unzufriedenheit zugenommen, mahnt De Tijd.
Le Soir macht sich Gedanken über den künftigen Premierminister: Zu dem "Job" gehören auch die Parade am Nationalfeiertag, die belgische Fahne und die Brabançonne. Ob es N-VA-Chef Bart De Wever nachts im Bett wohl schaudert beim Gedanken daran? Und wie sieht es bei den Frankophonen aus? Können sie sich wirklich vorstellen, einen Regierungschef zu haben, der das Land auflösen und verschwinden lassen will? Normalerweise wäre diese Vorstellung absurd. Aber angesichts der Herausforderungen und Umstände scheint dieses Szenario nicht nur unvermeidlich, sondern sogar akzeptabel geworden zu sein. Es wäre auf jeden Fall legitim, wenn Bart De Wever in die Rue de la Loi 16 einziehen würde. Die N-VA ist eine demokratische Partei und außerdem die größte des Landes. Die Frage wird allerdings sein, was für ein Premier De Wever werden will. Will er der Held der flämischen Separatisten werden? Oder doch lieber der Held der Wirtschaft, der Belgien und Flandern zu einem guten Ort für Geschäfte macht? Die Antwort auf diese Frage wird auch darüber entscheiden, ob De Wever frankophone Partner mit ins Boot holen kann, unterstreicht Le Soir.
Brexit-Déjà-vu
Verschiedene Zeitungen gehen auch auf die Entwicklungen in Frankreich ein: Der rechtsextreme "Rassemblement National" von Marine Le Pen hat die Europawahlen mit mehr als doppelt so vielen Stimmen wie Emmanuel Macrons Partei "Renaissance" gewonnen. Daraufhin hat der französische Präsident das Parlament aufgelöst und vorgezogene Neuwahlen für den 30. Juni und den 7. Juli angesetzt. Macrons Vabanquespiel katapultiert uns zurück in das Jahr 2016, schreibt Het Belang van Limburg. Damals hatte der britische Premier David Cameron versucht, mit einem Referendum über einen "Brexit" eine parteiinterne Diskussion über Europa zum Verstummen zu bringen. Mit dem bekannten Ergebnis. Macron verhält sich nun ähnlich waghalsig und leichtsinnig. Er hofft, durch sein Vorgehen die Wählerschaft gegen die Rechtsextremen zu vereinen. Aber ob diese Rechnung aufgehen wird, ist alles andere als sicher in Frankreich, die Rechtsextremen haben sich gut verankert und sind salonfähig geworden. Falls die Rechtsextremen an die Macht kommen sollten, könnten sie enormen Schaden anrichten. Innerhalb Frankreichs sowieso, aber noch viel mehr in Europa. Das würde bedeuten: keine französischen Waffen mehr für die Ukraine, keine gemeinsamen europäischen Investitionen in die Verteidigung, keine deutsch-französische Achse mehr. Das wäre für Europa tödlich angesichts der aktuellen hochbrisanten Lage, befürchtet Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt