Die Lage in Libyen steht auch weiterhin im Mittelpunkt der Berichte und Kommentare der Tagespresse. In Flandern beschäftigen sich einige Blätter mit der Strategie von CD&V und OpenVLD, die sich ja bislang konsequent im Windschatten der N-VA aufgehalten haben. Ein weiteres Thema sind die Kosten, die das Königshaus verursacht.
"Der Untergang" titelt heute De Morgen in Anspielung auf den gleichnamigen deutschen Film über die letzten Tage Hitlers. De Standaard bringt seine Angst vor einem Bürgerkrieg in Libyen zum Ausdruck und schreibt in Blockbuchstaben: "Jetzt hat jeder Waffen".
Bürgerkrieg und Flüchtlingsströme
In Libyen herrscht mehr denn je die Gefahr eines Bürgerkriegs. Einige Städte sind längst in der Hand der Aufständischen. Der selbsternannte Revolutionsführer Gaddafi kontrolliert faktisch nur noch einige Stadtviertel von Tripolis. Auch am Wochenende wandte sich der Machthaber noch einmal über die Medien an die Öffentlichkeit und betonte dabei, dass in Libyen alles ruhig und friedvoll sei, schreibt unter anderem De Morgen.
Dass das Gegenteil wohl eher der Realität entspricht, dass also die Lage alles andere als ruhig ist, das zeigen die nicht abreißenden Flüchtlingsströme, bemerkt dazu De Standaard. La Libre Belgique widmet der Flüchtlingsproblematik seine Titelseite und stellt fest: Zehntausende Gastarbeiter und Beschäftigte ausländischer Firmen verlassen Libyen. Viele Staaten, darunter auch Belgien, ziehen sogar ihr Botschaftspersonal ab.
Mea culpa
Der Westen versucht derweil, sich angesichts der Umwälzungen in der arabischen Welt neu zu positionieren. Zugleich übt man sich in Selbstkritik. So etwa der EU-Abgeordnete und ehemalige belgische Premierminister Guy Verhofstadt, der am Wochenende Kairo besucht hat. Die Brüsseler Tageszeitung Le Soir zitiert ihn mit den Worten: Wir müssen ehrlich sein, die EU hat mit ihren Reaktionen auf die arabischen Revolten nicht wirklich geglänzt.
Het Belang van Limburg sieht das in seinem Kommentar genauso: Wie ist es möglich, dass die westlichen Regierungen erst jetzt einsehen, dass man sich von einem Regime wie dem von Gaddafi am besten fernhält? Eine Lektion, die auch Demokratien in den letzten Jahren scheinbar vergessen haben, lautet: Man sollte sich nicht von einem Diktator in sein Zelt locken lassen. Wer Geschäfte mit Despoten abschließt, der wird das früher oder später bereuen.
Militärintervention
Auch La Libre Belgique verurteilt die zögerliche Reaktion von EU und UNO. Zwar hat die Weltgemeinschaft jetzt Sanktionen gegen Tripolis verhängt. Doch kommt diese Reaktion ein bisschen spät und erscheint zudem surrealistisch: Warum etwa braucht man ein Waffenembargo, wenn im Augenblick ohnehin niemand es wagen würde, Gaddafi auch nur eine Pistole zu verkaufen?
Ein wirklich entschiedenes Vorgehen sieht anders aus: Die UNO hätte etwa eine militärische Intervention zum Schutz der libyschen Bevölkerung beschließen können. Genau das hatte der ehemalige Außenminister Louis Michel am Wochenende ebenfalls angeregt, wie unter anderem La Dernière Heure notiert. Da gebe es allerdings eine Grundvoraussetzung: Ein militärisches Eingreifen darf in der arabischen Welt nicht als Affront aufgefasst werden.
Kommentierend meint dazu L'Avenir: Louis Michel ist schlecht platziert, um jetzt solche Vorschläge zu machen. Er gehörte doch zu denjenigen, die für Gaddafi 2004 im Egmontpalast den roten Teppich ausgerollt haben. Und jetzt scheint es wohl zum guten Ton zu gehören, eben diesen Gaddafi mit Gewalt aus seinem Amt entfernen zu wollen. Damit würde man ihn aber nur zum Märtyrer verklären.
Auch De Standaard hält eine Militärintervention für unrealistisch. Was sollen Blauhelme in einem Land, wo keine wirklichen Frontlinien zu erkennen sind? Man landet dann allenfalls zwischen Hammer und Amboss. Wenn der UN-Sicherheitsrat wirklich helfen will, dann sollte er vielmehr über einen Marshallplan nachdenken für jene Länder, die sich ihrer Diktatoren entledigen und die nicht über Ölreserven verfügen. Ansonsten droht längerfristige Instabilität in einer geopolitisch sensiblen Region.
Tödliches Gift
In Flandern ist derweil eine Diskussion entbrannt über den Einfluss der N-VA auf die strategische Ausrichtung der traditionellen Parteien. Losgetreten wurde die Diskussion durch die Aussage des jungen OpenVLD-Politikers Mathias de Clercq. De Clercq, übrigens der Enkel von Altmeister Willi de Clercq, bezeichnete die N-VA unter anderem als "tödliches Gift", das die politische Landschaft in Flandern lähmt.
De Morgen und Het Laatste Nieuws widmen der Thematik heute ihre Leitartikel. Beide sind sich einig: Die Diskussion ist überfällig. Traditionelle Parteien wie die OpenVLD und die CD&V bleiben konsequent im Windschatten der N-VA, wobei für beide Parteien gilt: Sie sind zunehmend gespalten. Innerhalb der CD&V verweigert insbesondere der Gewerkschaftsflügel der N-VA die Gefolgschaft. Und auch innerhalb der flämischen Liberalen werden mehr und mehr Stimmen laut, die für einen eigenen Kurs plädieren. Wenn sich die N-VA hier angegriffen fühlt, dann irrt sie, meint De Morgen. De Clerq hält vielmehr nicht nur seiner, sondern allen Parteien mit Ausnahme der N-VA den Spiegel vor.
Reynders braucht ein Wunder
Stichwort Innenpolitik: Für Informateur Didier Reynders tickt die Uhr. Er muss morgen dem König seinen Abschlussbericht vorlegen. Allgemein herrscht Pessimismus, bemerkt unter anderem De Standaard. Het Laatste Nieuws fasst es auf Seite 1 mit einer Schlagzeile zusammen: Reynders muss auf ein Wunder hoffen.
Was kostet das Königshaus?
Het Nieuwsblad stellt sich heute die Frage, wie viel das Königshaus das Land kostet. Die Diagnose: Die Königsfamilie ist doppelt so teuer wie gedacht. Demnach bezahlte der Föderalstaat im vergangenen Jahr neben der Offiziellen Dotation von insgesamt knapp 14 Millionen Euro nochmal rund 17 Millionen obendrauf. Ob diese Ausgaben gerechtfertigt sind oder nicht, ist nicht die Frage, meint das Blatt in seinem Kommentar. Wichtig ist nur, dass man die Kosten nicht erst suchen muss, dass in diesem Zusammenhang absolute Transparenz an den Tag gelegt wird.
Bild: Tiago Petinga (epa)