Die zu Ende gehende Woche habe im politischen Brüssel für einige hoffnungsvolle Erklärungen gesorgt, meint der Leitartikler von Het Nieuwsblad heute. Erst die PS, die sich klar gegen Neuwahlen aussprach, dann die CD&V, die dieser Haltung folgte, und schließlich alle anderen Parteien, die in die gleiche Kerbe schlugen.
Informateur Didier Reynders sei indes fest davon überzeugt, dass der Wille zum Weiterverhandeln vorhanden ist. Die kommende Woche, wenn Reynders beim König seinen Abschlussbericht vorlegen soll, kündigt sich jetzt doch etwas weniger dramatisch an, als man bisher glaubte. Auch nach Reynders Besuch beim Staatsoberhaupt werde es wohl irgendwie weitergehen. Doch wenn man eines in den zurückliegenden Monaten gelernt habe, dann, dass guter Wille nicht ausreicht. Und so würden die Verhandlungen weiterlaufen, mit viel gutem Willen und unter Beteuerungen, keine Neuwahlen zu wollen - bis man sich bewusst wird, dass die der einzige Ausweg sind.
Parteistrategien, gordische Knoten, junge Politiker gegen Tiefschlaf
Unzufrieden und pessimistisch auch Mathias De Clercq von den flämischen Liberalen, der in einem heute von De Morgen veröffentlichen Interview deutlich macht, dass er seinen Glauben an ein Abkommen mit der N-VA verloren hat. Die Partei von Bart De Wever habe deutlich gezeigt, dass sie zu Lösungen nicht kommen will oder kann. De Clercq kritisiert im Gespräch mit De Morgen aber auch die Haltung seiner Partei und meint, dass auch die OpenVLD der N-VA zu sehr hinterherlaufe und damit in den Abgrund steuere. Auch bei der OpenVLD werde zu strategisch, immer abhängig von anderen Parteien, nachgedacht. Deshalb plädiert De Clerq dafür, dieses Joch abzustreifen und der eigenen Richtung zu folgen.
Schon beinahe ein Jahr sei die föderale Politik im Land gelähmt, meint der Leitartikler von De Standaard heute und stellt fest, dass wichtige Entscheidungen anstehen und getroffen werden müssen. Doch dazu komme es nicht. Denn hierzu bedürfe es nämlich einer anderen Entscheidung: einer breiten und gründlichen Staatsreform. Doch auch die bleibe aus, und das sei ärgerlich. Glücklicherweise gebe es junge Politiker wie Gwendolyn Rutten von der OpenVLD oder Peter Van Rompuy von der CD&V, die sich maßlos über diesen Stillstand ärgern. Sie würden ihre Vorstellungen mit viel Engagement vertreten. Fazit des Leitartiklers: Uff, die Politik ist nicht tot, sie ist nur in einen Tiefschlaf verfallen. Der allerdings dauere ziemlich lange.
Mit oder ohne die Grünen?
Le Soir notiert heute auf Seite 1, dass die N-VA und die VLD die Grünen in einer zu bildenden neuen Koalition nicht dabei haben wollen. Der Parteichef der flämische Grünen, Wouter Van Besien, gehe aber zum Gegenangriff über, schreibt die Brüsseler Tageszeitung, und zitiert den Grünen-Politiker mit den Worten, es sei unglaublich, die Grünen von Ecolo und Groen!, die bislang an den Verhandlungen teilgenommen haben, plötzlich vor die Tür zu setzen, einen Partner, der konstruktiv und konkret Vorschläge, etwa zur Zukunft Brüssels, dem Finanzierungsgesetz oder zu anderen Themen gemacht habe.
Die Frage "Mit oder ohne die Grünen?" beschäftigt auch den Leitartikler in Het Belang van Limburg heute. Dies sei aber nur ein Teilaspekt der Gesamtdiskussion. Neben der Klärung, wer schließlich mit wem am Verhandlungstisch für die nächste Regierungskoalition sitzt, müsse eine zweite Thematik endlich geklärt werden: Es bedürfe einer Lösung des Streitfalls Brüssel-Halle-Vilvoorde. Erst wenn dieser gordische Knoten zerschlagen sei, könne man sich an andere Diskussion heranmachen.
Leterme will Rahmentarifabkommen auch gegen Gewerkschaftsproteste durchsetzen
"Hört auf mit dem Protest!" Mit dieser Balkenüberschrift macht Het Laatste Nieuws heute auf und bezieht sich dabei auf Premier Leterme, der diesen Ausspruch gestern an die Adresse der Gewerkschaften richtete. Die Regierung, so der scheidende Premier, habe das nachgebesserte Rahmentarifabkommen für die Beschäftigten der Privatwirtschaft verabschiedet und werde es auch umsetzen. Weitere Änderungen an dem Abkommen werde es nicht geben, habe Yves Leterme vor allem die sozialistische und die liberale Gewerkschaft wissen lassen, die gegen die letzte Version des Manteltarifabkommens protestierten. Im Leitartikel fragt sich der Kommentator derweil, was die Gewerkschaften ohne Züge oder Busse täten, seien die doch allzu oft das Ziel ihrer Proteste und Streiks. Wer dann auch noch gegen einen zu geringen Lohnzuwachs protestiere, der handele vor dem Hintergrund einer geschwächten Wirtschaft unverantwortlich. Es gebe hierzulande nun einmal Gesetze zur Wettbewerbsfähigkeit. Deren Anwendung müssten auch die Gewerkschaften akzeptieren.
Welche Zukunft für Libyen?
Ein anderes Thema, das heute auf vielen Titelseiten zu finden ist, sind die Unruhen in Libyen. "Tripolis, die letzte Bastion von Diktator Gaddafi", titelt La Libre Belgique. Der Aufstand habe die Hauptstadt des nordafrikanischen Landes erreicht, der Anfang vom Ende Gaddafis sei gekommen. Doch das, was nach dem exzentrischen Diktator komme, sei unsicher. Auch die stark durch verschiedene Stämme geprägte soziale Struktur des Landes könnte bei der Zukunft Libyens für Probleme sorgen, meint La Libre.
Batibouw: Energieeffizientes Bauen hoch im Kurs
Zur Eröffnung der Baufachmesse Batibouw haben einige Tageszeitungen heute das Thema "Bauen und Wohnen" auf der Titelseite. Vor allem Energiespartipps finden sich in La Dernière Heure oder L'Avenir. Wer gezielt in die Energieeffizienz seines Hauses investiere, meint L'Avenir, der werde rasch feststellen, wie lohnenswert das ist. Bis zum 6. März ist Batibouw am Brüsseler Messegelände für die Besucher jetzt zugänglich.
Jackpot
Eine Schlagzeile des Wirtschaftsblatts L'Echo zum Schluss: Beteiligungen an Unternehmen wie Belgacom oder den Bankversicherern BNP Paribas und KBC bescheren dem belgischen Staat dieses Jahr in Form von Dividenden einen Jackpot von 1,6 Milliarden Euro.
Bild: Bruno Fahy (belga)