"Der Clash zwischen politischen Schwergewichten", titelt La Dernière Heure. "Maxime Prévot, der Mann hinter der Auferstehung von Les Engagés", heißt es bei De Morgen auf Seite eins. "Unentschlossen? 20 Fragen, um ihre Wahl zu treffen", schreibt L'Avenir auf seiner Titelseite.
Zwei Tage vor den Wahlen beschäftigen sich die Zeitungen auch in ihren Leitartikeln mit dem Urnengang und dem zu Ende gehenden Wahlkampf.
La Dernière Heure beobachtet: Eigentlich alle Parteien, linke wie rechte, frankophone und flämische, haben in den vergangenen Tagen dasselbe Spiel gespielt. Sie haben durchgerechnet, mit welcher anderen Partei sie eventuell zusammenarbeiten könnten, mit welcher nicht, mit welcher auf gar keinen Fall und mit welcher im schlimmsten Fall dann vielleicht doch. Dieses Schauspiel soll dazu dienen, Klarheit zu schaffen. Klarheit nämlich, wen oder was man eventuell wählt, wenn man der einen oder anderen Partei seine Stimme gibt.
Dabei vergessen die Parteien, dass die Wähler nicht dumm sind. Die Wähler wissen allzu gut, dass die Parteien sich selten nach den Wahlen an das halten, was sie vor den Wahlen versprechen. Außerdem missachten die Parteien ein Grundprinzip der Demokratie. Sie teilen den Kuchen schon unter sich auf, noch bevor der Wähler überhaupt seine Stimme abgegeben hat, kritisiert La Dernière Heure.
Bildung wichtiger denn je
Het Laatste Nieuws stellt fest: Wahlkampf hat durchaus stattgefunden. Trotzdem wissen gut 20 Prozent der flämischen Wähler immer noch nicht, wen sie wählen sollen. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass trotz des Wahlkampfs viele Wähler nicht wissen, wofür die Parteien eigentlich stehen. Klar weiß man das eigentlich nur für die extremen Parteien: Der Vlaams Belang will keine Einwanderung, die PVDA will eine Reichensteuer. Der Rest? Bei Vooruit fällt einem noch die leere Brotdose ein, bei der N-VA die 500 Euro Unterschied, die es zwischen Mindestlohn und Arbeitslosengeld geben soll. Bei OpenVLD, Groen und CD&V fällt einem allerdings nichts ein. 48 Stunden haben die Parteien noch Zeit, das zu ändern, seufzt Het Laatste Nieuws.
La Libre Belgique berichtet: Unsere Mediengruppe ist gerade Opfer eines Cyberangriffs geworden. Das ist wieder mal ein Weckruf: Die Gefahr von Cyberangriffen ist weiter da. Man muss sich weiter gegen sie wappnen. Gefragt sind dabei Technologie und Gesetzgebung. Wichtig aber auch und vielleicht die stärkste Waffe gegen Cyberkriminalität: die Bildung. Kinder, Jugendlich aber auch Erwachsene müssen dazu ausgebildet werden, kritisch mit Nachrichten umzugehen, Wahres von Falschem unterscheiden zu können, nach den Quellen zu suchen, woher die ein oder andere Information kommt. Mehr in Bildung zu investieren muss deshalb eine der dringendsten Aufgaben für die Politik sein, unterstreicht La Libre Belgique.
Kaviar und Spitzenweine
Le Soir beschäftigt sich mit eigenen Enthüllungen und notiert: Sternerestaurants, Kaviarhäppchen, Spitzenweine, teure Törtchen zum Kaffee, überzogene lange Arbeitsessen: So hat es jahrelang ausgesehen bei Mitgliedern des wallonischen Parlaments. Vor allem betroffen: zwei Präsidenten dieses Parlaments und der Verwaltungschef. Ein Skandal natürlich. Und man muss davon ausgehen, dass er bewusst gesucht wurde. Denn die Ausgaben für diese Sternerestaurants wurden schön versteckt unter dem Haushaltsposten "Generelle Ausgaben des Parlaments". Alle Parteien außer der PTB sind davon betroffen. Ein Armutszeugnis sondergleichen, dieser Missbrauch öffentlicher Gelder, schimpft Le Soir.
De Morgen notiert zu den pro-palästinensischen Studentenprotesten: An der Freien Universität Brüssel haben Studenten aus Wut darüber, dass der Rektor der Uni nicht mit ihnen diskutiert, in der Mensa randaliert. In der Uni Gent, wo der Rektor letztlich die Forderungen der Studenten erfüllt hat, besetzen die pro-palästinensischen Studenten trotzdem weiterhin das Ufo-Gebäude der Uni. Es ist fraglich, ob die Studenten auf diese Weise die öffentliche Meinung noch für sich gewinnen können und ob sie dem Anliegen der Palästinenser noch dienen, überlegt De Morgen.
Positiv, aber …
De Tijd berichtet: Die Europäische Zentralbank EZB hat gestern den Leitzins gesenkt. Das klingt zwar sehr technisch, hat aber viele Effekte für uns alle. Denn dadurch wird Geld wieder billiger, nehmen Unternehmer und Bürger wieder schneller Kredite auf, ist mehr Geld im Umlauf, kommt die Wirtschaft wieder in Fahrt. Das alles ist sehr positiv. Aber wie die EZB weiter die Zinsen gestalten wird, ist unklar. Mit hohen Zinsen wollte sie die Inflation bekämpfen. Die ist zwar gefallen, aber immer noch bedrohlich, weiß De Tijd.
Zu 80 Jahren D-Day bemerkt Gazet van Antwerpen: Nicht weniger als 25 Staats- und Regierungschefs haben gestern der Landung der alliierten Truppen 1944 gedacht. Damit wurde der Sieg über Hitlerdeutschland eingeleitet. Mit geeinten Kräften hatten damals demokratische Kräfte die Tyrannei in die Knie gezwungen. Eine solche Einheit ist heute wieder gefragt. Sie ist nötig, um Europa vor der Willkür Putins zu schützen. Leider zeigt die Front gegen Putin in der westlichen Welt erste Risse, bedauert Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner