"Gaddafi kann sein Volk nicht mehr einschüchtern", mit dieser Balkenüberschrift macht La Libre Belgique heute auf und meint, dass trotz der eisernen Faust, mit der Muammar al-Gaddafi Demonstrationen gegen ihn aufzuhalten versucht, das libysche Volk entschlossen sei, das Regime zu stürzen.
Im Leitartikel heißt es hierzu, Gaddafi habe keine Visionen mehr. Fraglich, ob er je welche hatte. Sein Handeln sei von Gewalt bestimmt. Damit entspreche er dem Image, das er seit Jahrzehnten hat. Gaddafi lasse auf sein Volk schießen, doch auch das sei anscheinend für die Europäische Union nicht ausreichend, um zu reagieren. Man sehe zu, wie sich der letzte Akt dieses Dramas in Tripolis abspiele. Es werde weiteres Blut vergossen, dann käme die Zeit des Bedauerns - und dann die Zeit für neue Partnerschaften.
Revolution in Libyen - Europa sieht zu
Auch Het Laatste Nieuws widmet seinen Leitartikel heute der Situation in Libyen und kommentiert, dass die internationalen Großmächte jahrelang Gaddafi hätten machen lassen. Sie lieferten ihm Waffen, empfingen ihn mit allen Ehren, und das alles wegen der Ölvorräte in seinem Land.
Europa, und auch Belgien, treffe deshalb Schuld, wenn in Libyen ein blutiger Konflikt mit europäischen Panzern und europäischen Gewehren ausgefochten werden. So sei es eben, so der Leitartikler in Belgiens auflagenstärkster Zeitung: Wer Öl besitze, der dürfe sich eben mehr erlauben als andere. Die libysche Bevölkerung werde auf Europa nicht zählen können. Sie wird selber mit Gaddafi abrechnen müssen.
Le Soir macht auf Seite 1 mit der Verstrickung Belgiens in das Blutbad in Libyen auf und titelt zur Munition der Waffenschmiede FN, die an den Schauplätzen des Mordens in Libyen derzeit zum Einsatz kommt.
Gaddafi lässt schießen - sein Regime bröckelt
De Standaard ist der Meinung, dass Gaddafi dabei ist, sein Land zu verlieren. Das Regime setze auf Söldner, deshalb steige die Zahl desertierende Soldaten.
Di Rupo: PS will keine Neuwahlen
Neben der Situation in Libyen hat De Standaard heute aber auch die innenpolitische Krise auf der Titelseite und notiert hierzu, PS-Parteichef Di Rupo komme mit einer doppelten Botschaft. Seine Partei wolle keine Neuwahlen, gleichzeitig müsse die N-VA unbedingt Koalitionspartner in der nächsten Regierung werden. Damit, so De Standaard, wolle Di Rupo kursierenden Gerüchten den Garaus machen. Vor allem flämische Parteien hätten die PS nämlich im Verdacht gehabt, geradewegs auf Neuwahlen zusteuern zu wollen.
Für den Leitartikler von De Morgen ist die Aussage Di Rupos im Augenblick die deutlichste und konkreteste Verpflichtung einer Partei, die zu den Wahlgewinnern im letzten Juni zählte, die damit deutlich macht, dass jetzt erst einmal die Politiker am Zuge sind und ihre Rolle spielen müssen. Dass vorgestern Bart De Wever und Elio Di Rupo mit ihren jeweiligen Parteispitzen zu Gesprächen zusammenkamen, könnte, so der Leitartikler von De Morgen, ein Indiz dafür sein, dass die müden Kämpfer ausgeruht sind und erneut versuchen, Einigung herbeizuführen, dass sie den Wählerwillen umsetzen und eine Regierung, die die Stempel von N-VA und PS trägt, anstreben.
Koalitionsarithmetik
Der Leitartikler in Het Belang van Limburg stellt sich dennoch die Frage, ob Di Rupos Aussagen von gestern Neuwahlen definitiv ausschließen. Man solle in Belgien niemals nie sagen, schlussfolgert er, hält Neuwahlen aber auch jetzt für eher unwahrscheinlich. Plausibler würde jetzt eine klassische Dreierkoalition, ergänzt durch die SP.A und unter der Leitung von Yves Leterme. Das sei bereits 2007 die Konstellation gewesen, die der König gern gesehen hätte, und die Elio Di Rupo de facto vor Augen habe, wenn er erkläre, dass seine Partei für eine Auflösung der Kammern des Parlaments nicht zu haben sei.
Fraglich, so meint Gazet van Antwerpen heute, ob die flämischen Christdemokraten der CD&V in einem solche Szenario mitmachen würden. Gleichzeitig verweist das Blatt darauf, dass eine solche Koalition aus CD&V, OpenVLD, SP.A, PS, MR und cdH auf flämischer Seite keine Mehrheit hätte.
Gibt Di Rupo den Pilatus?
Das Nein Di Rupos zu Neuwahlen gestern ist für den Leitartikler von Le Soir ein „Muss“ gewesen. Lautstark für Neuwahlen einzutreten sei absurd. Das würde nämlich bedeuten, dass die Verhandlungen derzeit sinnlos, weil ohne Hoffnung auf Einigung geführt würden. Dennoch sei die Aussage nichts wert. Wenn die Verhandlungen nämlich tatsächlich scheitern, müsste die PS genau wie die anderen ihre Wählerschaft wieder mobilisieren.
An einem Urnengang würde dann kein Weg vorbeiführen, zumindest wenn auf flämischer Seite weiterhin die Bildung einer neuen Regierung mit der vorherigen Lösung institutioneller Fragen verquickt werde. Komme es tatsächlich zu Neuwahlen, dann habe Di Rupo mit seinen Aussagen von gestern nur versucht, seine Hände in Unschuld zu waschen.
Wechsel an der Spitze der BNB
L'Echo macht heute mit dem sich ankündigenden Wechsel an der Spitze der belgischen Notenbank BNB auf, deren Gouverneur, Guy Quaden, den Chefsessel am 31. März räumt und vermutlich für Luc Coene freimacht.
Brique dans le ventre…
Viele Zeitungen erscheinen heute überdies mit einer Sonderbeilage zur Baufachmesse Batibouw, die in diesen Tagen ihre Pforten öffnet.