"Champions League: Real Madrid gewinnt zum 15. Mal die Königsklasse", meldet das GrenzEcho. "Und am Ende gewinnen Real Madrid und Courtois", jubelt La Dernière Heure. "Trophäe Nummer 21, aber Versöhnung mit Tedesco steht noch nicht an", schreibt Het Nieuwsblad. "Courtois auf dem Gipfel Europas, aber nicht dabei bei der Europameisterschaft", so auch Le Soir.
Thibaut Courtois ist der beste Torwart der Welt, hält L'Avenir in seinem Leitartikel fest. Seine Leistung beim Sieg von Real Madrid kann auch das Bedauern verstärken, dass Belgien wohl ohne ihn in die Europameisterschaft starten wird. Aber die Entscheidung steht im Prinzip seit Monaten fest und hat nichts mit sportlichen oder medizinischen Gründen zu tun, hier geht es um einen Konflikt zwischen Courtois und Nationaltrainer Domenico Tedesco. In den letzten Tagen ist das Hin und Her nur noch verwirrender geworden mit einem angeblichen Treffen zwischen den beiden in Madrid. Aber das grundlegende Problem ist, dass wir zwar Courtois den Torwart lieben, aber nicht sein Verhalten, das an ein verwöhntes Kind erinnert, beklagt L'Avenir.
Rassistisch oder nicht?
La Dernière Heure geht auf einen politischen Eklat vom Wochenende ein: Der MR-Ministerpräsident der Französischen Gemeinschaft, Pierre-Yves Jeholet, war in einer Fernsehdebatte gegen den PTB-Abgeordneten Nabil Boukili angetreten. Als die Diskussion auf das Tragen des muslimischen Schleiers kam, erhitzten sich die Gemüter, der MR-Politiker warf seinem PTB-Gegenüber, der in Marokko geboren ist, an den Kopf, dass ihn ja niemand zwinge in Belgien zu bleiben, wenn es ihm hier nicht passe. Das hat Jeholet von verschiedenen Seiten Rassismusvorwürfe eingebracht, nicht zuletzt von der linksextremen PTB. Jeholet betont, nur die Trennung von Staat und Kirche verteidigt zu haben. Sicher spielt eine Rolle, dass der Ton eine Woche vor den Wahlen allgemein rauer wird. Aber hätte Jeholet jemand anders gegenüber die gleichen Worte gebraucht?, fragt La Dernière Heure.
Het Nieuwsblad befasst sich mit Premierminister Alexander De Croo und den flämischen Liberalen von der Open VLD: De Croo hat die letzten Tage einen ziemlichen Kurswechsel hingelegt. Eigentlich hatte er ja vorgehabt, beim Wahlkampf auf seinen Premierminister-Bonus zu setzen, darauf, dass er das Land mit seiner Vivaldi-Koalition durch aufeinanderfolgende Krisen gelotst hat. Nachdem das nicht zu positiven Umfragewerten für die Open VLD geführt hat, scheint jetzt Panikfußball angesagt. Plötzlich finden die flämischen Liberalen, dass eine Neuauflage von Vivaldi keine gute Idee ist und werben vor allem um die N-VA. De Croo setzt nun auf eine Mitte-Rechts-Koalition ohne linke Parteien. Aber das muss er den Wählern erstmal verkaufen, warum Vivaldi II so schlecht sein soll, wenn Vivaldi I doch gut gewesen sein soll, giftet Het Nieuwsblad.
Erstmal die Stimmauszählung abwarten
Das ist eine bittere Pille für De Croos linke Koalitionspartner, kommentiert Gazet van Antwerpen. Daraus machen sie auch keinen Hehl, allen voran Conner Rousseau von Vooruit. Indem De Croo seine Partner auf diese Weise fallen lässt, setzt er auch seine eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Und das ist höchst riskant, gerade angesichts der schon schlechten Prognosen für die Open VLD. Wir können nur hoffen, dass die Politiker zu dem Schluss kommen, dass es langsam reicht mit dem öffentlichen Schmieden von Koalitionen, bevor die Wähler überhaupt ihre Stimme abgegeben haben. Vielleicht sollten sie die letzte Woche doch besser dazu nutzen, ihre Standpunkte zu verdeutlichen. Für den Rest ist nach dem 9. Juni noch genug Zeit, wettert Gazet van Antwerpen.
Müssen wir eigentlich überhaupt noch wählen gehen?, fragt De Standaard. Es scheint doch, als ob die Regierungsverhandlungen längst begonnen hätten und die Koalitionen bereits stehen würden. Selten ist schon vor dem Urnengang mit so viel Nachdruck darüber gesprochen worden, wer mit wem regieren will und wer nicht mehr mitspielen darf. Das zeugt nicht gerade von Respekt gegenüber dem Wähler. Jetzt mal abgesehen davon, dass die so oft beschworene Koalition laut Umfragen gar keine Mehrheit hätte. Die Gefahr ist groß, dass die Zahl der Nicht- und Blankowähler dadurch noch weiter in die Höhe getrieben wird und ist Wasser auf die Mühlen der Anti-Politik des Vlaams Belang. Die Parteien behaupten, dem Wähler dadurch mehr Klarheit geben zu wollen. Aber das erreicht man durch Sprechen über Wahlprogramme, darüber, wofür man steht, nicht darüber, was man nach dem Wahltag machen will. Es wäre schon sinnvoll, erstmal die Stimmauszählung abzuwarten, kritisiert De Standaard.
Es hat eine Weile gedauert, bis der Wahlkampf in Fahrt gekommen ist, stellt Het Belang van Limburg fest. Aber mittlerweile scheinen wir in eine Stromschnelle gekommen zu sein: Die Standpunkte werden schärfer, so wie auch die Pläne für Koalitionen. Aber alle Szenarien führen letztlich zu Bart De Wever – er ist der Regisseur, der das Spiel dominiert. Vielleicht wird es ihm ja wirklich gelingen, nach den Wahlen sein angekündigtes Mini-Kabinett auf die Beine zu stellen und eine Staatsreform durchzudrücken. Dann müssten wir in einem Jahr wohl wieder wählen. Wer wird darauf Lust haben? Wir brauchen eine echte Regierung, keine Experimente, fordert Het Belang van Limburg.
Mehr als ironisch
Het Laatste Nieuws blickt auf den rechtsextremen Vlaams Belang: Es ist schon fast zum Lachen. Die Partei, die seit Jahren politische Rivalen mit grotesken Slogans dämonisiert, schreit Zeter und Mordio wegen einer angeblichen Schmutzkampagne gegen sie. Es ist schon mehr als ironisch, dass ausgerechnet diese Partei sich nun an giftigem Wahlkampf stört und stattdessen mehr Debatten über Inhalte fordert. Das zeigt nur eins: Der Wahlkampf läuft nicht nach dem Geschmack der Rechtsextremen. Dass weniger über Migration als über LGBTQ+-Rechte gesprochen wird, ist deswegen auch ein Komplott für den Vlaams Belang. Weil die Partei in Debatten ins Schwitzen kommt, greift sie auf ein altbewährtes Rezept zurück: Alle Gegner und kritische Journalisten werden als voreingenommen oder als Lügner verunglimpft. Eine Waffe, zu der Politiker nur greifen, wenn sie verstehen, dass sie inhaltlich nicht punkten können, prangert Het Laatste Nieuws an.
Boris Schmidt