"Drei Staaten erkennen Palästina an", meldet das GrenzEcho auf Seite eins. "Belgien erkennt Palästina (vorläufig) nicht an", betonen aber Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen. "Anerkennung von Palästina als Staat? Nicht der richtige Augenblick, sagt Belgien", titelt La Libre Belgique.
Die Geschichte hat gezeigt, dass Frieden unmöglich ist ohne eine große, ausgeglichene und international anerkannte Einigung, erinnert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Aber der Augenblick einer solchen Anerkennung muss genau abgewogen werden. Wir müssen eine überstürzte Entscheidung vermeiden, wir dürfen uns nicht von der Flut an Emotionen mitreißen lassen, die die vielen zivilen Opfer in Gaza ausgelöst haben. Die Anerkennung eines palästinensischen Staats darf nicht als Sieg der Hamas wahrgenommen werden, das wäre fatal. Schlimmer noch, es könnte als Belohnung für die Barbarei der Terrorgruppe interpretiert werden. Für Israel wäre diese historische Wende die ultimative Demütigung. Dann ist da noch die praktische Frage, wie ein Staat in einem Gebiet anerkannt werden soll, das von verschiedenen Terrorgruppen kontrolliert wird und von dem niemand weiß, wer morgen an der Macht sein wird. Am Frieden arbeiten bedeutet, an einer echten palästinensischen Demokratie zu arbeiten, an einem echten Abkommen über Gebiete und an dauerhaftem Frieden. Lauter Bedingungen, über die weder in der Rue de la Loi noch in den anderen europäischen Hauptstädten entschieden wird, unterstreicht La Libre Belgique.
Auch symbolische Akte können viel Gewicht haben
Die Entscheidung Deutschlands, Frankreichs und Belgiens, mit der Anerkennung zu warten, ist verständlich, kommentiert Gazet van Antwerpen. Die palästinensische Autonomiebehörde kann man eigentlich nicht als Regierung bezeichnen. Und seitdem die Hamas 2006 die Wahlen in Gaza gewonnen hat, gibt es de facto zwei palästinensische Regierungen, die einander konstant bekämpfen. Aber anderseits führen israelische Besetzung und die ständige Ausweitung der Siedlungen dazu, dass die Palästinenser kaum noch überleben können. Wie sollen sie unter solchen Umständen eine Demokratie aufbauen? Ist es da nicht die moralische Pflicht Belgiens und der anderen europäischen Länder, die Hoffnung auf eine friedliche Lösung am Leben zu erhalten? Das geht nur, wenn sie zeigen, dass sie daran glauben. Die Anerkennung Palästinas als Staat wäre hier ein machtvolles Signal, meint Gazet van Antwerpen.
Natürlich wäre die Anerkennung nicht mehr als ein Symbol, schreibt Het Nieuwsblad. Bevor es wirklich eine Zweistaatenlösung geben kann, werden noch viele komplizierte Knoten durchgehackt werden müssen. Daran wird eine Anerkennung Palästinas als Staat nichts ändern. Aber in der Welt der Diplomatie haben auch symbolische Handlungen Gewicht. Die erboste Reaktion Israels spricht in dieser Hinsicht Bände, so Het Nieuwsblad.
Was ist der "richtige" Augenblick?
Es ist wichtig, nicht das wirkliche Ziel aus den Augen zu verlieren, mahnt De Tijd: Die größte Priorität muss ein Ende der Gewalt sein. Das gilt für beide Seiten. Die Anerkennung eines palästinensischen Staats ist hingegen ein langfristiges diplomatisches Puzzle. Da die Anerkennung Palästinas durch Belgien das Blutvergießen nicht beenden wird, sollten wir die Entscheidung auch nicht überstürzen. Das kann bis nach den Wahlen warten, wenn Belgien ein neues Parlament hat. Das kann dann, mit entsprechendem demokratischen Gewicht, über eine Anerkennung entscheiden, empfiehlt De Tijd.
Ja, Frieden und unsere eigenen, demokratischen Werte verlangen, dass Belgien und andere Palästina eines Tages als souveränen Staat anerkennen, räumt La Dernière Heure ein. Aber erst dann, wenn die Bedingungen für Frieden erfüllt sind, wenn die Anerkennung nicht mehr wahlkampftechnisch ausgeschlachtet werden kann und wenn sie nicht mehr als Legitimierung der Terrorgruppe Hamas oder als Im-Stich-lassen Israels interpretiert werden kann. Richtig handeln ist gut. Es im richtigen Augenblick zu tun, ist besser, appelliert La Dernière Heure.
Die Anerkennung eines Palästinenserstaats ist absolut nicht gleichzusetzen mit der Anerkennung der Hamas als Führer dieses Staates, argumentiert De Morgen. Das ist eine ebenso fatale Verdrehung wie sämtliche Kritik an der Politik Israels mit Antisemitismus gleichzusetzen. Israel hat längst den Pfad der legitimen Vergeltung und Selbstverteidigung verlassen. Netanjahu scheint vorzuhaben, die Palästinenser endgültig zu vertreiben. Hier geht es um Land - das ganze Land. Verzweiflung über den möglichen Ausgang darf uns nicht daran hindern, alles zu tun, um das Blutvergießen zu beenden. Die Anerkennung Palästinas als Staat ist dabei ein symbolischer, aber wichtiger Schritt. Denn es ist ein Signal an Israel, dass es nicht straflos und unbemerkt weiter Menschen vertreiben und ermorden kann. Premier De Croo irrt also grausam, wenn er sagt, es sei zu früh für die Anerkennung - es ist genau der richtige und entscheidende Moment, ist De Morgen überzeugt.
Belgiens Traum vom Weltraum
Le Soir greift die Entscheidung der Europäischen Weltraumagentur ESA auf, Raphaël Liégeois aus Namur 2026 als dritten belgischen Astronauten der Geschichte ins Weltall zu schicken, genauer gesagt auf die Internationale Raumstation ISS: Das ist in jeder Hinsicht eine ausgezeichnete Nachricht - nicht nur für Liégeois selbst, sondern für ganz Belgien. Denn damit kann Liégeois auch als Vorbild für die Jugend dienen, die oft meint, keine Zukunft zu haben und ihre Träume nicht verwirklichen zu können. Er ist auch ein hervorragendes Aushängeschild für die Naturwissenschaften. Die erfreuen sich ja nicht unbedingt großer Beliebtheit, schon gar nicht im frankophonen Landesteil. Außerdem stellt seine Auswahl auch eine Belohnung für Belgien dar, das hartnäckig und konsequent in den Zukunftssektor Raumfahrt investiert hat, lobt Le Soir.
Belgien ist zwar ein kleines Land, aber es hat nie seine Ambitionen im Weltraum versteckt und alles getan, um sie zu erreichen, hebt L'Avenir hervor. Dazu haben die hiesige Wissenschaft, Wirtschaft und Regierung am gleichen Strang gezogen. Natürlich gibt es Menschen, die kritisieren, angesichts der Haushaltsprobleme des Landes Geld für Raumfahrt auszugeben. Aber ihnen sei gesagt, dass die Eroberung des Weltraums uns alle angeht und dass dabei viel auf dem Spiel steht. Die Erforschung des Weltraums und der Raumfahrt hat unser Leben schon mit zahlreichen neuen Technologien bereichert und wird das auch weiter tun. Und sie wird auch bei der Überwachung und damit bei der Bekämpfung des Klimawandels eine essenzielle Rolle spielen, zählt L'Avenir auf.
Boris Schmidt