"MR-PS und Ecolo: Der Bruch", titelt l'Avenir. "Das ist keine Regierung mehr", heißt es bei Le Soir auf Seite eins. "PS und Ecolo retten ihre Glaubwürdigkeit dank der PTB", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. Die Zeitungen beschäftigen sich auch in ihren Leitartikeln ausführlich mit dem Streit zwischen den Koalitionspartnern der Regierung der Französischen Gemeinschaft. Diese Regierung aus MR, PS und Ecolo ist seit gestern nur noch geschäftsführend im Amt. Zuvor hatten PS und Ecolo zusammen mit der PTB gegen den Willen der MR Änderungen an der Hochschulreform beschlossen.
Le Soir kommentiert: Das alles ist eine jämmerliche Tragödie. Um nur beim letzten Akt zu bleiben: Wer trägt die Schuld? PS und Ecolo, weil sie plötzlich Änderungen der Hochschulreform unbedingt wollten, um sich populär bei jungen Wählern zu machen? Oder die MR, die zu Gesprächen über Änderungen nicht bereit war? Alle drei trifft die Schuld. Und von alldem profitiert die PTB. Sie hat nicht nur die Regierung quasi schachmatt gesetzt, sondern vor allem in der Abstimmung die symbolische "Einheitsfront der Linken" erreicht. Das ist eine Dynamik, die den Rest des Wahlkampfs durchaus beeinflussen kann, überlegt Le Soir.
Tür weit offen für die extreme Linke
L'Echo findet: Alle drei Regierungsparteien haben alles andere als geglänzt. Verlierer ist aber auch das Hochschulwesen. Es hat nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung und kann sich nicht erlauben, dass Studenten ewig lang studieren. Die Hochschulreform sollte daran etwas ändern. Die Maßnahmen waren vielleicht nicht perfekt, aber waren schonmal ein Anfang, um die Situation zu verbessern. Das ist jetzt gescheitert, bedauert L'Echo.
La Libre Belgique schimpft: Das ist eine unwürdige Episode und es gibt dabei nur einen Gewinner, nämlich die PTB. Die Sozialisten und Grünen wollten sich die Stimmen der Studenten sichern und der MR schaden. Dadurch haben sie der extremen Linken die Tür weit aufgestoßen. Zwar ist es immer noch fraglich, ob die PTB wirklich bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Aber jetzt besteht kein Zweifel mehr daran, dass PS und Ecolo als Steigbügelhalter zur Verfügung stehen. Für die Wallonie ist das eine alarmierende Perspektive, warnt La Libre Belgique.
Aura von Revolutionären, Kämpfern und Märtyrern
De Morgen kommt auf das Verbot einer Konferenz von rechtspopulistischen Parteien in Brüssel zurück und schreibt: Es passiert nicht oft, dass ein Premierminister sich für rechtskonservative Populisten und Radikale stark macht und ihr Recht auf Meinungsfreiheit verteidigt. Premier Alexander De Croo hat das allerdings jetzt getan und das vollkommen zu Recht. "Politische Versammlungen zu verbieten verstößt gegen das Grundgesetz. Punkt aus", sagte De Croo. Das hat auch der Staatsrat so bestätigt. Der zweitägige Kongress der Rechtspopulisten konnte letztlich doch stattfinden. Da wurden Transpersonen erniedrigt, die EU verteufelt und das Versagen in der Migrationspolitik kritisiert. Geistreich ist das zwar nicht, aber das Grundgesetz gilt eben nicht nur für geistreiche Menschen, erinnert De Morgen.
Het Belang van Limburg findet: Eine Demokratie muss Kritik aushalten. Wenn die Kritiker Unsinn reden, ist das ihr gutes Recht. Allein dadurch bekommen Extrem-Rechte allerdings keine Aufmerksamkeit. Das bekommen sie vielmehr durch solche verkrampften Reaktionen der Brüsseler Bürgermeister, die die Versammlung verbieten wollten. Auf diese Weise erhalten die Rechtsextremen die Aura von Revolutionären, von Kämpfern und von Märtyrern. Genau das wollen sie erreichen. Zudem ist es erstaunlich, dass gerade Emir Kir, der Bürgermeister von Saint-Josse, sich so stark gegen die Versammlung wehrte. Zur Erinnerung: Er wurde aus der PS ausgeschlossen, weil er in seinem Rathaus rechtsextreme Politiker aus der Türkei empfangen hatte, bemerkt Het Belang van Limburg.
Stillstand selten hilfreich
De Tijd berichtet: Die Immobilienpreise sind im ersten Quartal dieses Jahres um mehr als sieben Prozent gefallen. Diese Abkühlung des Marktes ist gut, birgt aber auch Gefahren. Denn es kann dazu führen, dass Haus- und Wohnungsbesitzer die notwendigen Renovierungsarbeiten nicht ausführen lassen, um ihre Immobilien energieeffizient zu machen. Denn das kostet viel Geld, und wenn die Immobilie dann nicht mit Gewinn verkauft werden kann, ist das ein Minusgeschäft. Stillstand droht auf dem Wohnungsmarkt. Der ist aber schlecht in einer Zeit, in der dringend bezahlbarer Wohnraum benötigt wird, überlegt De Tijd.
Het Laatste Nieuws macht sich Gedanken zu einer PKW-Maut in Flandern und notiert: Noch vor einem Jahr lagen Pläne für eine Maut auf dem Tisch der Regierung. Doch mittlerweile ist klar: Die Maut wird nicht kommen. Die Staus sind aber immer noch da und werden immer länger. Das hat auch negative Effekte auf die Wirtschaft, und das kann sich Belgien als Land nicht erlauben. Irgendetwas muss gegen die Staus getan werden, fordert Het Laatste Nieuws.
Kay Wagner