"Rousseau ist zurück", meldet Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Kann Conner Rousseau das Blatt wenden für Vooruit?", fragt sich De Morgen auf seiner Titelseite. "Er ist zurück, jetzt sind die Wähler gefragt", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Conner Rousseau, der ehemalige Parteivorsitzende der flämischen Sozialisten von Vooruit, ist zurück in der Politik. Gestern wurde bekannt, dass er bei den kommenden Wahlen für das flämische Parlament in Ostflandern antreten wird. Wegen rassistischer Äußerungen war Rousseau Ende vergangenen Jahres zum Rücktritt aus der Politik gezwungen worden.
Het Belang van Limburg meint: Mit seinem rassistischen Stammtischgerede hat Rousseau einen schweren Fehler gemacht. Dass er noch jung war und große Verantwortung trug, ändert daran nichts. Dass er eine öffentliche Figur war auch nicht. Letzteres bedeutet aber auch nicht, dass er übermäßig schwer bestraft werden muss. In einer Gesellschaft, wo wir so oft von einer zweiten Chance reden – meist natürlich bezogen auf uns selbst – müssen Menschen diese zweite Chance auch bekommen. Es liegt am Wähler, zu entscheiden, ob der Sonnyboy von Vooruit diese Chance in 60 Tagen bekommt. Auch das ist Demokratie, findet Het Belang van Limburg.
Halbes oder ganzes Comeback?
Gazet van Antwerpen bemerkt: Bislang ist es nur ein halbes Comeback von Rousseau. Es liegt am Wähler, daraus ein ganzes zu machen. Und einen Verlierer gibt es dabei auf jeden Fall. Rousseau wird wahrscheinlich den dritten Platz auf der Wahlliste von Vooruit in Ostflandern einnehmen. Den besetzt zurzeit Kurt De Loor. Der sitzt seit 20 Jahren im flämischen Parlament. Diesen Platz droht er nun an Rousseau zu verlieren. Sollte das so kommen, bliebe auch noch die Frage, wie Rousseau sich dann in der Politik verhalten wird. Die Frische und Leichtigkeit, mit der er anfangs begeisterte, wird schwer wiederherzustellen sein, glaubt Gazet van Antwerpen.
De Tijd ist überzeugt: Parteipolitisch macht die Rückkehr von Rousseau für Vooruit zweifelsohne Sinn. Er wird der Partei viele Wählerstimmen bringen. Trotzdem könnte der Schuss nach hinten losgehen. Denn damit stellt Vooruit parteipolitische Belange über die Integrität der Partei. Vooruit bagatellisiert damit Rassismus und untergräbt die Glaubwürdigkeit des eigenen Programms. Außerdem könnten viele Menschen sich in ihrem Urteil über Politik bestätigt sehen, nämlich, dass Politik ein zynisches Theater ist, dem man schwer vertrauen kann, warnt De Tijd.
One-Man-Show bei Vooruit?
La Libre Belgique behauptet: Rousseaus Rückkehr in die Politik ist keine gute Neuigkeit. Denn wie soll man nach nur sechs Monaten die Rückkehr eines Mannes rechtfertigen, der wegen rassistischer Äußerungen zurücktreten musste und nebenbei auch versucht hat, die Presse zu zensieren? Auch für seine Partei ist seine Rückkehr schlecht. Vooruit wird dadurch zur One-Man-Show, bei der eine Person wichtiger wird als das Programm. Kurzfristig kann das zwar zu Erfolgen führen, langfristig wird der Wähler aber merken, dass Vooruit auf wichtige Fragen wie Beschäftigung, Haushalt und Sicherheit keine Antworten zu bieten hat. Letztlich ist Rousseaus Rückkehr auch ein schlechtes Zeichen an die Gesellschaft, denn sie verfestigt die Banalisierung von Rassismus, ärgert sich La Libre Belgique.
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich mit den Ergebnissen einer Studie, die die N-VA in Auftrag gegeben hatte, und berichtet: Der Unterschied zwischen dem Geld, das Arbeitslose und arbeitende Menschen in Belgien jeden Monat erhalten, beträgt bei vielen gerade mal 30 Euro. Dieser Befund müsste eigentlich jedem Politiker in Brüssel die Schamröte ins Gesicht treiben. Es ist schlimm zu sehen, dass Arbeit und Unternehmertum in Belgien so wenig gewürdigt werden. Wer fleißig ist, wird vom Staat gemolken, und das Geld wird dann den Faulen in der Hängematte gegeben. Solidarität nennen das einige, aber sie irren sich. Das ist nämlich ungerecht. Viele Menschen erkennen das auch, und dann darf man sich nicht wundern, wenn sie irgendwann daraus ihre Konsequenzen ziehen. Denn die arbeitenden Menschen sind vielleicht verrückt, aber nicht dumm, behauptet Het Laatste Nieuws.
Dramatische Folgen nach Urteil gegen die Schweiz?
De Standaard kommt auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Schweiz zurück, in dem die Schweiz zu einer strengeren Klimapolitik verurteilt wird und führt aus: Die Folgen dieses Urteils könnten dramatisch sein. Es könnte dazu führen, dass Regierungen sich nicht mehr darauf einlassen, ambitionierte Klimaziele festzulegen. Denn sonst drohen sie ja verklagt zu werden, wenn sie diese Klimaziele nicht erreichen. Außerdem besteht die Gefahr, dass immer mehr Menschen die Klimapolitik ablehnen werden. Dann müsste eine Regierung wegen des Urteils gegen den Willen der Mehrheit regieren. Für eine Regierung wäre das quasi selbstmörderisch. In der Schweiz kann man bereits sehen, in welche Richtung das geht. Bei den Wahlen vor einem Jahr gewann die rechtspopulistische SVP neun Sitze, die grünen Parteien verloren elf, schreibt De Standaard.
Kay Wagner