"Wendepunkt für AKP: Opposition in der Türkei erhält überwältigenden Zuspruch", titelt De Standaard. "Schwere Niederlage für Erdogan“, schreibt Le Soir auf Seite eins. "Der Anfang vom Ende für Erdogan?", fragt sich La Libre Belgique auf ihrer Titelseite.
Bei den Kommunalwahlen in der Türkei hat die Regierungspartei von Präsident Erdogan eine deutliche Niederlage erlitten.
De Standaard kommentiert: In den vergangenen 20 Jahren hat Erdogan die Türkei in einen fast autokratischen Staat verwandelt. Aber so sehr Erdogan die demokratischen Spielregeln auch verändert hat – Opposition blieb möglich. Das trägt jetzt Früchte. Das Wahlergebnis birgt die Hoffnung, dass sich in der Türkei etwas verändern kann. Die Opposition hat jetzt eine starke Basis auf lokaler Ebene. Diese Chance sollte die Opposition nutzen, um in vier Jahren auch eine Veränderung an der Spitze des Staats zu erreichen, rät De Standaard.
Jetzt Türkei, bald auch Russland?
De Tijd wundert sich: Die Reaktion von Erdogan auf die Wahlniederlage war überraschend. Großzügig gab er seine Niederlage zu und analysierte sie mit Selbstkritik. Gegenüber seinen Anhängern sagte er: "Das ist nicht das Ende, das ist ein Wendepunkt". Daraus könnte man schließen, das Erdogan begriffen hat, dass er sein Land mit seinem autoritären Führungsstil in den Abgrund reißt. Was in der Türkei geschieht, ist durchaus wichtig auch für uns. In geopolitischen unsicheren Zeiten ist die Türkei ein wichtiger Partner, meint De Tijd.
Het Nieuwsblad analysiert: Das Wahlergebnis ist ein Zeichen dafür, wie stark der demokratische Wille auch unter autoritären Systemen sein kann. Demokratischer Umschwung ist nicht unmöglich. Das sollte uns Mut geben, auch in Bezug auf Russland. Dort regiert Putin zwar deutlich autoritärer als Erdogan in der Türkei. Aber auch in Russland gibt es noch demokratischen Widerstand. Das wurde erst vor Kurzem wieder deutlich, als zahlreiche Menschen nach dem Tod des Oppositionsführers Alexej Nawalny ihre Trauer zeigen konnten. Der Westen sollte deshalb nicht nur die Ukraine mit Waffen und Munitionen versorgen; sondern auch die demokratische Opposition in Russland unterstützen. Das könnte zu Veränderungen in Russland führen, überlegt Het Nieuwsblad.
Sheriff Van Tigchelt
Het Laatste Nieuws berichtet: Seit gestern Nacht hat das Gefängnispersonal einen unbefristeten Streik begonnen. Schuld an dem Streit ist Justizminister Paul Van Tigchelt. Beharrlich weigert er sich, etwas gegen die unhaltbaren Zuständen in den Gefängnissen zu tun. Viel zu viele Menschen werden dort gefangen gehalten, viel zu wenig Personal muss sich um die Gefangenen kümmern. Dadurch wird der Job zu einer Gefahr für die Mitarbeiter in den Gefängnissen. Mit seiner Taktik der harten Hand versucht "Sheriff" Van Tigchelt an Popularität zu gewinnen. Dadurch gefährdet er aber das, wofür sich seine liberalen Parteifreunde in der Vergangenheit immer eingesetzt haben: nämlich für ein menschenwürdiges Leben für die Gefangenen und eine menschenwürdige Arbeit für das Personal, kritisiert Het Laatste Nieuws.
La Dernière Heure notiert zum Kampf gegen den Drogenhandel: Aufgrund der Gewalt, die mittlerweile auch immer mehr Einzug in unseren Städten hält, machen sich jetzt immer mehr Menschen Gedanken darüber, wie man diesen Drogenhandel wirkungsvoll bekämpfen kann. Auch unsere Nachbarländer kennen das Problem. Deutschland, bekannt für sein Pragmatismus, hat Cannabis jetzt legalisiert. In den Niederlanden und Luxemburg ist das schon so. Frankreich wählt den entgegengesetzten Weg und setzt auf maximale Repression. Die Zukunft wird zeigen, welcher Weg der richtige ist.
In der Zwischenzeit kann man bedauern, dass die EU keine einheitliche Lösung für alle Mitgliedsstaaten beschlossen hat, denn der Drogenhandel hält sich nicht an Grenzen, bemerkt La Dernière Heure.
Wie der Sicherheitsgurt
De Morgen erinnert: Einwanderung, Kaufkraft und Haushalt sind laut Umfragen die Themen, die für die Wähler bei den anstehenden Wahlen am wichtigsten sind. Die flämischen Sozialisten von Vooruit weisen noch auf einen anderen wichtigen Punkt hin, nämlich auf den Kampf gegen das Glücksspiel. Das kann nämlich süchtig machen und führt oft in den Ruin. Hier etwas zu tun, ist keine Bevormundung des Staates, wodurch die Freiheit des Einzelnen eingeschränkt wird. Es ist ein Schutz vor einer Gefahr, die der Einzelne oft nicht sieht oder wahrhaben will. Zu vergleichen mit der Pflicht, sich beim Autofahren anzuschnallen. Der Vorschlag von Vooruit ist gut, betont De Morgen.
Het Belang van Limburg bemerkt: Für viele junge Wähler ist das Thema Mobilität und öffentlicher Verkehr ein wichtiges. Stärker als die Älteren würden sie sich in diesem Feld eine bessere Politik wünschen. In den Umfragen taucht das Thema allerdings nicht an vorderster Stelle auf. Die Sorgen der jungen Wähler drohen unter den Tisch zu fallen, bedauert Het Belang van Limburg.
Kay Wagner