"Hochschuldekret: Die Mehrheit kurz vor der Implosion", titelt L'Avenir. "Neuer Streit zwischen PS, Ecolo und MR über das Hochschuldekret", notiert La Libre Belgique auf Seite eins. "Jeholet beklagt unloyales Verhalten von PS und Ecolo", heißt es auf der Titelseite von Le Soir.
Der Streit in der Französische Gemeinschaft um ein Hochschuldekret, das die Regierungsparteien PS, Ecolo und MR vor drei Jahren gemeinsam verabschiedet hatten, beschäftigt die Zeitungen auch in ihren Leitartikeln.
La Dernière Heure fragt: Könnte der Streit dazu führen, dass die Koalition von MR, PS und Ecolo 73 Tage vor der Wahl platzt? Unmöglich ist das nicht. Der Grund wäre eine 180-Grad-Wendung von Ecolo und PS bei einem Gesetz, das sie selbst mitverabschiedet haben. Kurz gesagt, erhöht es die Anforderungen an die Studenten. Das könnte dazu führen, dass im September 70.000 Studenten nicht mehr weiterstudieren können. So sagt es zumindest der Studentenverband. 70.000 Studenten, die wählen dürfen. Da darf man nicht lange überlegen, warum PS und Ecolo plötzlich etwas gegen ihr eigenes Dekret haben. Dass das nicht kohärent ist, spielt dabei keine Rolle, bemängelt La Dernière Heure.
Krachend gescheitert
L'Avenir stöhnt: Hoffentlich ist bald Juni, damit diese elenden Spielchen zwischen den Parteien vor den Wahlen endlich aufhören! Dieses Ritual ist unerträglich. Dieser große Wille, sich gegenseitig zu zerfleischen, um in den Augen der Wähler zu existieren. Diesmal werden die Studenten und ihre Angehörigen dafür missbraucht. Um den Inhalt des Dekrets geht es dabei eigentlich nicht. Das, was PS und Ecolo da veranstalten, ist reine Wahltaktik, schimpft L'Avenir.
Auch Le Soir poltert: Dieses ganze Schmierentheater um das Hochschuldekret ist einfach nur erbärmlich. Es ist unverständlich, dass zwei Parteien, die eine Reform lang und breit diskutiert, verhandelt, ausgearbeitet und schließlich angenommen haben, jetzt plötzlich so ein Chaos stiften und öffentlich fordern, die Reform zurückzunehmen. Die sehr noble Idee, jungen Menschen Politik schmackhaft zu machen, ist innerhalb von Tagen zweimal krachend gescheitert. Einmal durch das Hickhack um die Möglichkeit für 16- und 17-Jährige, bei der Europawahl zu wählen. Und jetzt in einer Sache, bei der es um die Zukunft der jungen Menschen geht, ärgert sich Le Soir.
Dewinter im Strudel der Fake News
Het Nieuwsblad schreibt zum neuen Streit im flämischen Schulwesen: Dass sich Bildungsminister Ben Weyts in die Arbeit der Schulinspektoren einmischt, ist keine gute Neuigkeit. Es ist nicht zu akzeptieren, dass Weyts den Inspektoren vorschreibt, bestimmte Ergebnisse ihrer Arbeit erstmal nicht zu veröffentlichen, sondern erst dann, wenn es Weyts gefällt. Die Inspektoren müssen unabhängig arbeiten können. Das ist wichtig, um den Fehlentwicklungen an den Schulen schnell etwas entgegensetzen zu können. Denn im internationalen Vergleich verlieren die flämischen Schulen immer mehr an Boden. Gerade in so einer Situation ist Transparenz unheimlich wichtig, betont Het Nieuwsblad.
Het Belang van Limburg notiert zum Spitzenpolitiker des Vlaams Belang, Filip Dewinter: Es ist eigentlich unbegreiflich, dass Dewinter sich in die Dienste eines chinesischen Spions gestellt und auch Voice of Europe ein Interview gegeben hat. Voice of Europe ist ein Internetportal, das Propaganda für Russland betreibt. Was hat Dewinter dabei zu gewinnen? Für Putin und Chinas Machthaber Xi ist Dewinter nur ein nützlicher Idiot, um mit ihren rechtsextremen und ultranationalistischen Diskursen das europäische Zusammenleben zu untergraben. Dem Vlaams Belang wird das alles aber nicht schaden. Seine Wähler werden das als Fake Nieuws der Mainstream-Medien abtun. Damit haben Putin und Xi ihr Ziel erreicht, analysiert Het Belang van Limburg.
Wenn der Präsident anruft ...
Het Laatste Nieuws berichtet: Der türkische Staatspräsident Erdogan hat am Dienstag mit einem belgischen Teenager in Gent telefoniert, nachdem der in Brüssel von Kurden angegriffen worden war. Dabei hat sich Erdogan filmen lassen. Das Video wurde veröffentlicht. Die Botschaft ist: Präsident Erdogan kümmert sich auch um die Türken im Ausland. Denn tatsächlich besitzt der Teenager aus Gent neben einem belgischen auch einen türkischen Pass. Er ist Türke in vierter Generation in Belgien. Dass Erdogan sich um diesen Jugendlichen sorgt, ist nicht verboten. Es ist aber auch eine Einmischung in belgische Angelegenheiten. Es heizt die Stimmung zwischen Türken und Kurden in Belgien an und deshalb ist Erdogans Anruf nicht unproblematisch, findet Het Laatste Nieuws.
De Morgen fragt sich: Was ist geschehen mit der Klimaeuphorie, die vor fünf Jahren kurz vor den Wahlen herrschte? Viele sagen, dass davon nicht mehr viel übrig ist. Doch ganz so ist es nicht. Viele Vorhaben aus dem Green Deal der EU werden bereits umgesetzt. Die USA und China investieren massiv in nachhaltige Energie. Viele Bürger fordern weiter eine ehrgeizige Klimapolitik. Das ergeben Umfragen. Die Gleichung "wütende Bauern gleich die meisten Bürger oder die Wähler" stimmt einfach nicht, glaubt De Morgen.
Kay Wagner