"Ein königlicher Empfang für Obama", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Obama kam, sprach und bekam eine stehende Ovation", notiert Het Laatste Nieuws. "Obama hat den Europäern den Spiegel vorgehalten", bemerkt De Standaard.
Der frühere US-Präsident Barack Obama war am Wochenende zu Gast in Belgien. Empfangen wurde er unter anderem durch König Philippe und Prinzessin Elisabeth. Bei einem Technologiefestival in Puurs bei Antwerpen hielt er am Abend eine mit Spannung erwartete Rede. Darin warnte Obama vor allem vor den Gefahren, die von Rechtsextremisten ausgehen. "Die Europäer sollten vielleicht mal ihre Geschichte nachlesen", sagte der frühere US-Präsident. "Obama beeindruckte mit seinem messerscharfen Blick", so das Fazit von Gazet van Antwerpen.
Doch auch Barack Obama hatte keine Lösungsansätze im Gepäck, bedauert Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Bei seiner Rede in Puurs konnte auch der frühere US-Präsident kein Patentrezept präsentieren gegen die zunehmende Polarisierung in Europa und vor allem auch in seinem eigenen Land. Nicht ein einziges Mal nahm er den Namen "Donald Trump" in den Mund. Er sprach lediglich von "seinem Nachfolger". Trump hatte ausgerechnet gestern eine seiner bislang radikalsten Reden gehalten. Einige Migranten bezeichnete er als "Kriminelle" und sogar "Tiere". Obama beschränkte sich seinerseits darauf, vor dem "Unheil" zu warnen, das uns bevorsteht, wenn Rechtsradikale in den USA oder in Europa ans Ruder kommen sollten. Er selbst steht leider nicht mehr an der Front, meidet die politische Arena. Die Zeiten des "Yes, we can" scheinen also vorbei zu sein. Jetzt dominieren besorgte Fragezeichen.
Streichung der Zuschüsse für "linke Clübchen"?
Apropos: Het Nieuwblad beschäftigt sich in seinem Kommentar mit dem Wahlprogramm des rechtsextremen Vlaams Belang. In den letzten Tagen haben einige Spitzenleute der Partei den Schleier etwas gelüftet. Demnach würde der Vlaams Belang, wenn er denn an die Macht käme, allen kulturellen Organisationen, die er als "linke Clübchen" betrachtet, die flämischen Zuschüsse streichen. Außerdem sollte es keine Studien mehr geben über die Frage, ob Menschen mit Migrationshintergrund bei der Suche nach einem Job oder einer Wohnung diskriminiert werden.
"Das ist schon starker Tobak", findet Het Nieuwsblad. Jetzt sollen also Kultur-Subventionen auf der Grundlage einer angeblichen politischen Färbung verteilt werden? Für das flämische Kulturleben, das bislang immer für seinen Reichtum und seine Vielfalt gelobt wurde, wäre das ein herber Schlag. Und wenn man künftig das Thema Diskriminierung außen vor lassen will, dann würde das auf Dauer den Wirtschaftsstandort Flandern schwächen. Die so nötigen ausländischen Arbeitskräfte würden dann nämlich einen Bogen um Flandern machen. Der flämische Ministerpräsident Jan Jambon liegt denn auch falsch, wenn er den Vlaams Belang als eine "Partei wie jede andere" bezeichnet.
Genau hier hakt De Morgen ein. Die N-VA lässt nach wie vor die Frage offen, ob sie mit dem rechtsextremen Vlaams Belang gegebenenfalls eine Koalition bilden würde. Mit seinem "Partei wie jede andere"-Zitat will Jan Jambon offensichtlich die Tür einen Spalt weit geöffnet halten. Und eben diese Tür hat Parteichef Bart de Wever direkt am nächsten Tag dann wieder zugeschlagen. Und so läuft das nun schon seit Wochen. Längst ist klar, dass sich die N-VA in dieser Frage nie klar positionieren wird, zumindest nicht bis zum 9. Juni. Deswegen die Frage: Können wir nicht bitte mal über andere Themen sprechen? Über Kinderarmut? Oder über den Erhalt der Kaufkraft? Solche Debatten wären doch viel relevanter.
Vergeudetes Potential
Zu diesem Thema passt eine neue Studie, die fünf belgische Universitäten durchgeführt haben. Die Ergebnisse in Form von zwei Schlagzeilen: "Nur die Hälfte der Migranten aus nicht EU-Ländern ist im Arbeitsleben", titelt Het Nieuwsblad. "Sogar die Kinder von Einwanderern werden diskriminiert", notiert Le Soir. Der Studie zufolge belegt Belgien EU-weit den letzten Platz bei der Integration von Migranten ins Arbeitsleben. Die wichtigste Ursache für diese niedrige Beschäftigungsrate sei Diskriminierung.
Die Erkenntnisse der Forschenden sind alarmierend, ist Le Soir überzeugt. Hierzulande wird dadurch Potential regelrecht vergeudet, etwa dann, wenn gut ausgebildete Menschen viel zu oft lediglich minderwertige Jobs bekommen, die weit unter ihren Fähigkeiten liegen. Und den Kindern dieser Einwanderer droht offensichtlich schon das gleiche Schicksal. Auch sie werden schon viel zu häufig diskriminiert, und das nur, weil ihre Eltern nicht aus Europa kommen. Das ist auf Dauer kontraproduktiv. Denn wir brauchen diese Leute, um unsere Gesellschaft am Laufen zu halten.
"Si vis pacem, para bellum"
De Standaard schließlich befasst sich mit der laufenden Aufwertung der Streitkräfte. "Si vis pacem, para bellum", Wenn man Frieden will, sollte man sich auf den Krieg vorbereiten. Diese alte Maxime gilt spätestens wieder seit dem feigen und kriminellen russischen Angriff auf die Ukraine. Nach drei Jahrzehnten der relativen Sorglosigkeit muss Europa jetzt wieder massiv in seine Verteidigung investieren.
Überschattet wird dieser Prozess in Belgien derzeit durch den Skandal um die Missstände in der Kaserne von Amay. Erst recht in diesen Zeiten bedarf es da einer schnellen und lückenlosen Aufklärung. Die Streitkräfte sollen jedenfalls schon bald nach Jahrzehnten der Verwahrlosung ein ganzes Sortiment an neuem Material bekommen.
Doch sollte man das Geld möglichst "intelligent" investieren; nicht irgendwelche Waffen kaufen, nur um sie zu kaufen. Vielmehr sollten sich die europäischen Staaten die Aufgaben untereinander aufteilen, um die Mittel möglichst effizient einzusetzen. Das Dümmste, was wir jetzt machen könnten, das wäre ein blinder und zügelloser Rüstungswettlauf.
Roger Pint