"D-Day für Van Hool", titelt Het Nieuwsblad. De Standaard und Gazet van Antwerpen sprechen ihrerseits von der "Stunde der Wahrheit" für den flämischen Busbauer.
Das Traditionsunternehmen Van Hool ist in eine gefährliche Schieflage geraten. Die Direktion will am Montag im Rahmen einer außerordentlichen Betriebsratssitzung ihren Umstrukturierungsplan vorlegen. Beobachter rechnen mindestens mit einem Kahlschlag, schlimmstenfalls sogar mit einem Konkurs.
Montag wird in jedem Fall ein schwarzer Tag für Van Hool, befürchtet De Standaard in seinem Leitartikel. Hunderte Arbeitsplätze dürften verlorengehen. Und auch dann ist ein Überleben des traditionsreichen Busbauers noch nicht wirklich garantiert. Die zugrundeliegenden Ursachen für die Probleme bei Van Hool gehen aber weit über die Provinz Antwerpen hinaus. Der Vormarsch des chinesischen Giganten BYD versetzt die ganze Branche in Unruhe.
Die jüngste Ausschreibung bei der flämischen Nahverkehrsgesellschaft De Lijn hat es noch einmal deutlich gemacht: BYD war nicht günstiger als die europäischen Mitbewerber, sondern wesentlich günstiger. Das gleiche Phänomen hatte man ja auch schon im Bereich der Photovoltaik gesehen: In Europa entsteht eine große Nachfrage für nachhaltige Technologien; bedient wird der Markt aber letztlich von chinesischen Unternehmen, die die europäische Konkurrenz ausstechen. Die EU muss hier dringend dagegenhalten: Wir brauchen eine gemeinsame industrielle Strategie.
"Bauernverbände schießen auf die falschen Ziele"
"Bauernproteste in den Häfen – ab jetzt wird das Spiel hart gespielt", so derweil die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Die Landwirte wollen in dieser Woche wieder die Häfen insbesondere von Antwerpen und Seebrügge blockieren. Die zuständigen Behörden wollen aber nicht länger tatenlos zusehen. Die Antwerpener Hafenschöffin droht sogar mit rechtlichen Schritten.
Der Grat, auf dem sich die Landwirte bewegen, wird immer schmaler, glaubt Gazet van Antwerpen. Nach wie vor mag es viel Verständnis geben für die Sorgen und Nöte der Bauern. Die Art und Weise, wie sie ihrem Ärger Luft machen, sorgt allerdings mehr und mehr für Unmut. Dies vor allem, wenn ihre Proteste auch unschuldige Unbeteiligte treffen. Laut Berechnungen des flämischen Arbeitgeberverbandes VOKA haben die Bauernproteste die Wirtschaft und insbesondere die Industrie schon insgesamt 100 Millionen Euro gekostet. Die Bauernverbände schießen auf die falschen Ziele. Und damit riskieren sie die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung zu verspielen.
Und auch politisch gibt es Kollateralschäden, bemerkt Het Nieuwsblad. Einige zielgerichtete Aktionen mit Traktoren haben gereicht, um die Türen der EU-Kommission und auch der flämischen Regierung aufzustoßen. Und gerade jetzt, drei Monate vor der Wahl, ist die Versuchung groß, eine Reihe von doch so brotnötigen Umweltschutzmaßnahmen auf diesem Altar zu opfern. Im Übrigen ist das ohnehin nur ein Symptom. Die Parteien vermeiden es offensichtlich, den Wählern im Zusammenhang mit der Klimaschutzpolitik reinen Wein einzuschenken. Am allerliebsten sprechen sie gar nicht darüber. Dabei ist es dringend nötig, dass in diesem Wahlkampf auch die Klimaschutzpolitik in den Mittelpunkt rückt.
"Höchste Zeit, dass wir über Geld reden"
Auch andere Zeitungen beschäftigen sich mit den aktuellen Wahlkampfthemen. "Es wird höchste Zeit, dass wir über Geld reden", mahnt etwa sinngemäß Het Laatste Nieuws. Denn zuallererst wird es nach der Wahl um die Frage gehen, wie wir den Staatshaushalt wieder in die Spur bekommen. Und da werden Oneliner und einfache Slogans nicht reichen. Die marxistische PTB etwa verkauft eine Millionärssteuer als das allheilende Patentrezept. Eine solche Maßnahme ist aber fast unmöglich zu realisieren. Auf der anderen Seite des Spektrums schwadroniert der rechtsextreme Vlaams Belang über einen ebenso unrealistischen Migrationsstopp, der in jedem Fall auch nicht die Haushaltslöcher stopfen würde. Angesichts der angespannten budgetären Lage wäre es wünschenswert, dass alle Parteien den Wählern dringend sagen, wo sie das fehlende Geld hernehmen wollen.
Het Belang van Limburg sieht das genauso. Nicht vergessen: Wir brauchen "mal eben" 25 Milliarden Euro. Nicht umsonst steht Belgien hinter der Slowakei auf Platz zwei der schlechtesten Haushaltsschüler innerhalb der Europäischen Union. 25 Milliarden, das ist eine Stange Geld. Die nächste Regierung wird mitunter schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen, soviel ist jetzt schon klar. Natürlich grenzt es an politischem Selbstmord, wenn man den Wähler jetzt schon offen sagen würde, wo genau man den Sparhebel ansetzen will. Das wäre aber immer ehrlicher als eine Kampagne, die nur das Bauchgefühl der Menschen anspricht. Das sehen wir im Moment ohnehin schon viel zu oft.
Arbeitsmigration wird in Zukunft mehr gebraucht
De Morgen hakt genau da ein und nennt Ross und Reiter. Nach der N-VA zieht nun auch die CD&V die Migrations-Karte. Offensichtlich hat noch immer nicht jeder verstanden, dass von einer solchen Debatte am Ende immer nur das Original profitiert, im vorliegenden Fall also der Vlaams Belang. Warum kann man nicht einfach mal ehrlich sein? Schon jetzt herrscht auf allen Ebene Arbeitskräftemangel. Hinter der Finanzierung der Renten steht ein dickes Fragezeichen. Und durch die zunehmende Vergreisung und die parallel dazu sinkenden Geburtenraten werden diese Probleme in den nächsten Jahren nur noch größer. Ergo: Wir werden in Zukunft eher mehr als weniger Arbeitsmigration brauchen. Migration zu verteufeln, das ist also der falsche Weg. Vielmehr sind Migranten letztlich einer der Schlüssel für unsere soziale Sicherheit. Darauf muss man den Nachdruck legen, wenn man den Rechtsextremisten den Wind aus den Segeln nehmen will. Das geht jedenfalls bestimmt nicht, wenn man sich darauf beschränkt, mit den Wölfen zu heulen.
Roger Pint