"Biden gegen Trump, das Remake von 2020", titelt La Libre Belgique auf Seite eins. "Biden gegen Trump nach Super Tuesday", schreibt Gazet van Antwerpen. "Haley steigt aus Vorwahlkampf aus: Letzte parteiinterne Konkurrentin zieht sich offiziell aus dem Rennen zurück, Weg frei für Trump-Kandidatur", so das GrenzEcho. "Siegessicher, aber härter als je zuvor", liest man bei Het Nieuwsblad zur Rede Trumps nach seinem Triumph. "Nach Sieg in den Vorwahlen lässt Trump eine nie dagewesene, unheilvolle Rede vom Stapel", schreibt Het Belang van Limburg.
Der demokratische Amtsinhaber Joe Biden und auch sein republikanischer Herausforderer Donald Trump haben am "Super Tuesday" die Vorwahlen in großen US-Bundesstaaten mit deutlichem Vorsprung gewonnen, rekapituliert De Morgen in seinem Leitartikel. Allerdings zeigen die Abstimmungsergebnisse noch mehr: Sowohl Biden als auch Trump müssen sich schon jetzt Sorgen machen um die Spaltung ihrer jeweiligen Parteien. Und auch darum, dass viele Wähler am 5. November zu Hause bleiben könnten. Oder dass sie für einen kleineren, dritten Kandidaten stimmen könnten. In diesem Sinne war der Super Tuesday also nicht so langweilig wie vorhergesagt: Die ungebundenen amerikanischen Wähler könnten letztlich darüber entscheiden, wer in das Weiße Haus einzieht, meint De Morgen.
Ein besonders bitterer Nachgeschmack
Für La Libre Belgique hat sich das schlimmste Szenario bestätigt: Donald Trump hat seine parteiinterne Herausforderin Nikki Haley quasi auf ganzer Linie geschlagen, teilweise mit erdrückender Mehrheit. Dass Haley das Handtuch geworfen hat, ist also nur logisch. Trotz seiner Inkompetenz und moralischen Defizite kommt der Ex-Präsident einer Rückkehr ins Weiße Haus also immer näher. Gleichzeitig sind die Wähler laut Umfragen mit Amtsinhaber Biden so unzufrieden wie nie zuvor. Der Präsident verliert auch innerhalb seiner Partei schnell an Boden, gerade bei Frauen, Schwarzen, Latinos und jüngeren Wählern. Wenn heute gewählt würde, könnte Donald Trump deshalb auf 48 Prozent der abgegebenen Stimmen rechnen, Biden nur auf 43 Prozent. Damit hinterlässt die Niederlage von Nikki Haley einen besonders bitteren Nachgeschmack bei denen, die sich um die Demokratie in Amerika sorgen. Unabhängig davon, ob sie nun Demokraten oder Republikaner bevorzugen, so La Libre Belgique.
Lange Wochen und Monate für Biden
Wer soll Donald Trump aufhalten?, fragt L'Avenir. Es wird jedenfalls definitiv nicht Nikki Haley sein, das steht nun fest. All seine juristischen Scherereien haben Trump nicht schaden können. Im Gegenteil: Sie scheinen sogar Treibstoff zu sein für ihn, er hat seine Gerichtstermine erfolgreich zur Bühne gegen seinen politischen Gegner gemacht. Biden seinerseits hat es mit einem Repräsentantenhaus zu tun, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Und die republikanischen Abgeordneten scheinen zu allem bereit, um ihrem Präsidentschaftskandidaten einen Vorteil zu verschaffen – bis hin zu einer Blockade des Haushalts und der Militärhilfen für die Ukraine. Im Gegensatz zu Trump muss Biden also konstant balancieren und jonglieren, um die Abgeordneten auf seine Seite zu ziehen. Das aber kostet ihn Zustimmung in der eigenen Partei.
Die kommenden Wochen und Monate werden lang werden für Biden. Denn trotz einer relativ zufriedenstellenden wirtschaftlichen Bilanz ist es am Ende immer die Kommunikation, die den Sieg bringt. Und in dieser Hinsicht sorgt Biden immer wieder für kalte Schweißausbrüche – selbst bei seinen glühendsten Anhängern, unterstreicht L'Avenir.
Es scheint unvermeidlich, kommentiert La Dernière Heure: Wenn es nicht zu einem ernsten Unfall oder schwerwiegenden juristischen Komplikationen kommt, werden sich bei den nächsten Wahlen wieder Trump und Biden gegenüberstehen. Und egal wie dieses Match ausgehen wird, die Aussichten bieten wenig Grund zur Freude: Auf der einen Seite steht ein Mann, der durch seinen Wankelmut und Polarisierung beunruhigt. Der Amtsinhaber auf der anderen Seite bietet das Bild eines zerbrechlichen Mannes, der nicht mehr sehr geeignet scheint, um sein Land noch zu führen.
Aus europäischer Sicht wäre Biden dennoch vorzuziehen: Denn eine Rückkehr Trumps und ein Austritt der Vereinigten Staaten aus der Nato würde das militärische Kräfteverhältnis zugunsten Russlands verschieben. Und das ist nur eines der Risiken, die ein Sieg Trumps mit sich bringen würde, betont La Dernière Heure.
Die Demokratie ist noch nicht am Ende
Wenn man einigen Umfragen und Kommentatoren glaubt, dann ist das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft schon gelaufen, schreibt Le Soir. Als steinalt, stotternd, orientierungslos und inkohärent wird Biden oft hingestellt. Das sorgt selbst bei seinen eigenen Truppen für Unruhe. Seine Unterstützung Israels kostet ihn zudem Sympathien bei Wählergruppen wie den arabischstämmigen Amerikanern. Aber sehen wir hier wirklich die Chronik einer angekündigten Katastrophe? Hat der Rüpel aus Mar-a-Lago mit seinen apokalyptischen, pro-russischen, anti-Nato-, fremdenfeindlichen und protektionistischen Plänen den Sieg schon in der Tasche?
Nein, so eindeutig sind die Kräfteverhältnisse bei Weitem nicht. Trumps vom Teleprompter abgelesene Reden strotzen auch nur so vor Inkohärenz, munter verwechselt er Biden mit Obama, auch körperlich wirkt er immer wieder angeschlagen. Was also tun? Biden muss die Ärmel hochkrempeln und so viel wie möglich aus dem Weißen Haus nach draußen kommen. Seine internationalen Verpflichtungen sollte er auf das absolut Notwendige reduzieren. Ja, die amerikanische Demokratie mag am Abgrund entlangtaumeln und nach Atem ringen. Aber diese bewundernswerte, wenn auch unvollkommene Demokratie hat noch nicht ihr letztes Wort gesprochen, ist Le Soir überzeugt.
Boris Schmidt