"Mehr als eine halbe Milliarde Euro Extrahilfe für die Ukraine", titelt Gazet van Antwerpen. "Belgien kauft für 200 Millionen Euro Granaten für die Ukraine", heißt es bei Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Der geheime Pakt zwischen der Ukraine und der CIA gegen Putin", so die Schlagzeile bei De Morgen. Unterschiedliche Aspekte zum Krieg in der Ukraine tauchen nicht nur auf den Titelseiten der Zeitungen auf, sondern beschäftigen sie auch in ihren Leitartikeln.
De Tijd berichtet: Belgien hat gestern beschlossen, 200 Millionen Euro für den Kauf von Granaten für die Ukraine freizugeben. Das Geld ist Teil eines Hilfspakets von 1,7 Milliarden Euro, das schon im Budget eingerechnet ist. Das Geld kommt aus Abgaben, die der belgische Fiskus von Gewinnen auf eingefrorenes russisches Geld abschöpft. Den Steuerzahler kostet das also nichts. Das ist auf der einen Seite natürlich gut, führt aber auch dazu, dass der Ernst der Lage nicht deutlich wird. Früher oder später wird nämlich auch der Steuerzahler Opfer bringen müssen, wenn es mit dem Krieg so weitergeht wie bislang. Das wird weh tun, denn die öffentlichen Kassen sind leer, unterstreicht De Tijd.
Extrem realistisch
Le Soir kommt noch einmal auf die Idee des französischen Staatspräsidenten Macron zurück, der auch den Einsatz europäischer Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschließen will. Le Soir kommentiert: Der Vorschlag hat zu viel Kritik geführt. Aber der Kern von Macrons Botschaft ist extrem realistisch. Macron hat gesagt, dass nichts von vornherein ausgeschlossen werden darf. Es geht darum, Putin deutlich zu machen, dass der Westen alles dafür tun wird, ihm eine Niederlage beizufügen. Ein russischer Sieg über Selenskyj und die Seinen würde nämlich auch Europa bedrohen. Die Europäer müssen sich deshalb auf alles vorbereiten. Auch auf das, was zurzeit undenkbar ist. Denn ja, nichts darf mehr ausgeschlossen werden, betont Le Soir.
Viele Zeitungen beschäftigen sich mit Äußerungen von Bart De Wever, Parteivorsitzender der N-VA. La Dernière Heure erklärt: Bei einer Debattenrunde der Parteivorsitzenden hat De Wever zu verstehen gegeben, dass er bereit wäre, die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Föderalregierung zu blockieren, wenn seine Partei dabei keine Rolle spielen sollte. De Wever will also eine Mehrheit der flämischen Parteien in der Föderalregierung. Diese Drohung von De Wever sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, rät La Dernière Heure.
Alles nur Bluff?
Het Nieuwsblad analysiert: Ohne es auszusprechen sagt De Wever mit seiner Drohung: Wenn die N-VA nicht Teil der nächsten Föderalregierung sein darf, dann wird die N-VA in Flandern dazu bereit sein, zusammen mit dem Vlaams Belang zu regieren. "Wenn die Parteien auf föderaler Ebene so weitermachen wie bisher und die flämische Mehrheit nicht respektieren, dann können sie in Flandern nicht mehr auf mich zählen", sagte De Wever. Es gab mal Zeiten, da galt Bart De Wever als ausgebuffter Stratege. Der Beste von allen. Diese Zeiten scheinen vorbei. Die Drohung, die De Wever jetzt in den Raum stellt, ist kein Zeichen von Stärke, sondern von Schwäche, meint Het Nieuwsblad.
De Standaard findet: Die Kehrtwende von De Wever ist verblüffend. Plötzlich ist der Vlaams Belang eine Partei, mit der sich die N-VA eine Regierungskoalition vorstellen könnte. Dabei hatte De Wever den Vlaams Belang noch vor wenigen Monaten als das "Krebsgeschwür von Flandern" bezeichnet. Und man kann sich kaum vorstellen, dass De Wever dazu bereit wäre, als Juniorpartner mit dem Vlaams Belang zu regieren, sollte der wirklich zur stärksten Kraft in Flandern werden. Alles also nur Bluff? Im Grunde ist das egal. Und man sollte De Wevers Worten nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken, sondern sich lieber mit wichtigeren Fragen beschäftigen mit Blick auf die Wahlen. Zum Beispiel wie es weitergeht mit der Kaufkraft oder dem gesellschaftlichen Zusammenleben allgemein, wünscht sich De Standaard.
"Arbeit muss sich lohnen"
Het Laatste Nieuws notiert: Bei De Wevers Forderung geht es letztlich auch darum, politische Forderungen aus Flandern auf föderaler Ebene zu platzieren. Denn in vielen Punkten sind sich frankophone und flämische Parteien nicht einig. Eine strengere Einwanderungspolitik? "Nein", sagen PS und Ecolo. Ein Führerschein mit Punkten, um den Verkehr sicherer zu machen? "Nein", sagen PS und MR. Reform der Parteifinanzierung? Wieder ein "Nein" von PS und MR. Die anderen flämischen Parteien sind zu klein, um flämische Positionen durchzusetzen. Auch unter diesem Aspekt sollte man De Wevers Forderung verstehen, glaubt Het Laatste Nieuws.
Mit Blick auf eine neue Föderalregierung schreibt La Libre Belgique: Eine der wichtigsten Aufgaben wird sein, einen Missstand zu beseitigen. Nämlich die Tatsache, dass zurzeit viele Menschen arbeiten, aber trotzdem von Armut bedroht sind. Das darf nicht sein. Die neue Regierung muss dafür sorgen, dass niemand, der arbeitet, Armut fürchten muss. Arbeit muss sich lohnen. Eine grundlegende Steuerreform wäre dabei hilfreich, fordert La Libre Belgique.
Kay Wagner