"Wut und schwarzer Rauch im Herzen Europas", titelt L'Avenir. "Die Bauern haben Brüssel in Brand gesteckt", so die Schlagzeile von La Dernière Heure. "Wasserwerfer gegen wütende Bauern", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Auf vielen Titelseiten sieht man heute Fotos von den Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Landwirten und der Polizei. "Drei Beamte wurden bei den gewaltsamen Protesten verletzt", notiert Gazet van Antwerpen. Das Fazit von Het Laatste Nieuws: "Die Bauernproteste werden grimmig". Allerdings: "Mit jedem Gewaltexzess bröckeln die Akzeptanz und das Verständnis ein bisschen mehr", warnt De Tijd.
Die Landwirte sind derweil weiterhin wild entschlossen: Sie wollen wirkliche Veränderungen. "Bauernproteste, bis die Gegenseite wirklich zuhört", so bringt es De Morgen auf seiner Titelseite auf den Punkt. Die EU-Agrarminister hatten allerdings nach Ablauf ihres gestrigen Treffens in Brüssel nicht wirklich viel Neues zu verkünden. "Erstmal sind die Bauern enttäuscht", kann denn auch Le Soir nur feststellen.
Tickende Zeitbomben…
In Flandern sorgt derweil der schreckliche Verkehrsunfall vom vergangenen Sonntag in Gent weiter für Diskussionsstoff. "Der Unfallfahrer hatte schon seit zehn Jahren keinen Führerschein mehr", schreibt Het Laatste Nieuws anklagend auf Seite eins. "Und er hatte fast drei Promille Alkohol im Blut", fügt Het Nieuwsblad hinzu.
"Solche Leute sind tickende Zeitbomben", konstatiert Gazet van Antwerpen in einem wütenden Kommentar. Der Unfallfahrer von Gent ist das perfekte Beispiel für alles, was schief läuft bei der Verfolgung von rückfälligen Straßenrowdys. Selbst Fahrverbote perlen von diesen Menschen ab, haben keine Wirkung. Eine permanente Kontrolle durch die Polizei ist schlicht und einfach unrealistisch. Das Resultat ist eine regelrechte Komödie: Sinnlose Strafen müssen ständig aufs Neue ausgesprochen werden. Und doch ticken die Zeitbomben weiter.
…und ein Blättchen Klopapier
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich. Für einen "erlauchten" Kreis von Verkehrssündern ist selbst ein Fahrverbot offensichtlich nicht mehr als ein Blättchen Klopapier. Deswegen hört man immer häufiger die Forderung, wonach verurteilte Verkehrskriminelle die gegen sie verhängten Haftstrafen auch effektiv absitzen sollten: Sie sollten buchstäblich aus dem Verkehr gezogen werden, heißt es da. Wenn hier auch immer noch Augenmaß geboten ist, so gibt es gewiss Leute, die tatsächlich keine andere Sprache verstehen. Nun liegt es an der Politik, dafür auch die Voraussetzungen zu schaffen, sprich: mehr Platz in den Gefängnissen.
Punkteführerschein als Lösung?
Wir haben offensichtlich keine andere Wahl, räumt auch De Morgen ein. Gleich nach strengeren Strafen zu rufen, bis hin zu einer Inhaftierung, klingt nicht besonders konstruktiv. Angesichts von Tragödien wie der vom vergangenen Sonntag fällt es aber schwer, diese Option noch weiter grundsätzlich auszuschließen. Wobei Studien zeigen, dass selbst Gefängnisstrafen notorische Wiederholungstäter oft nicht zur Vernunft bringen. Vielleicht sollte man den Fokus erweitern. Man kann etwa dafür sorgen, dass chronische Straßenrowdys schneller ins Fadenkreuz geraten. Das Instrument par excellence existiert: Die Rede ist vom Punkteführerschein, für den ja schon vor 35 Jahren die gesetzliche Grundlage geschaffen wurde. Gescheitert ist die Einführung bislang am Veto der frankophonen Parteien. Und das ist eine Schande.
An der Tragödie von Gent zeigen sich nochmal alle Systemfehler, so denn auch das Fazit von Het Nieuwsblad. Die Gefängnisse sind überfüllt: Es fehlt der Punkteführerschein. Und zudem ist es nach wie vor so, dass verwaltungstechnisch die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. Der Unfallfahrer von Gent war Besitzer seines Autos, er bezahlte Verkehrssteuer und Versicherung. In unserem digitalen Zeitalter ist es schlicht und einfach unbegreiflich, dass offensichtlich niemand auf dem Schirm hatte, dass der Mann seit zehn Jahren ein Fahrverbot hatte. Klar: Kein Netz ist so fein gesponnen, dass niemand durch die Maschen schlüpfen kann, aber: je enger die Schlupflöcher, desto kleiner die Gefahr.
Drohende Umstrukturierung bei Bpost?
"Der Postchef schließt eine Umstrukturierung nicht aus", so derweil die bedrohliche Schlagzeile von Le Soir, L'Écho und De Tijd. Weil Bpost die Konzession für die Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften verloren hat, könnte das Unternehmen gezwungen sein, Arbeitsplätze abzubauen.
Für den neuen Postchef, Chris Peeters, ist das ein denkbar unglücklicher Einstand, findet Le Soir. Mit Peeters hat man nach einer jahrelangen Durststrecke endlich wieder einen fähigen Manager an Land ziehen können, dem man zutraut, dem Staatsbetrieb eine wirkliche Zukunftsvision geben zu können. Doch kann sich Chris Peeters erst mal noch nicht mit der so dringenden Frage beschäftigen, wie man die Post in diesen digitalen Zeiten bestmöglich positioniert, nein, er muss erst mal einen Brand löschen.
La Libre Belgique beschäftigt sich schließlich mit der Frage, wie man die nötige Erhöhung der Rüstungsausgaben finanzieren soll. Einige Parteien machen es sich da sehr einfach. Premier De Croo etwa will zusätzliche Haushaltsmittel freimachen, indem man Arbeitslose stärker kontrolliert und die Sozialausgaben beschneidet. Jeder weiß aber, dass solche Maßnahmen nie im Leben reichen werden, um den Verteidigungshaushalt auf die Nato-Norm von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben. Es mag so aussehen, als diene die Debatte nur als Vorwand, um endlich klassisch-liberale Rezepte durchzusetzen. Ein wirklich konstruktiver Beitrag zu den im Übrigen überfälligen Diskussion über die allgemeine Haushaltspolitik sähe wohl anders aus.
Roger Pint