Dazu einige Balkenüberschriften: "Euphorie in Ägypten", titelt Het Nieuwsblad. "Endlich weg" heißt es in De Morgen. In Le Soir lautet die Schlagzeile "Der Sieg eines Volkes", während De Standaard und La Libre Belgique praktisch ihre ganze Titelseite mit dem Namen des Platzes "Tahrir" ausfüllen, auf dem sich der Volksaufstand abspielte.
Einige Zeitungen verbinden mit dem Sturz des Diktators aber auch die Frage nach der Zukunft. So titelt Gazet van Antwerpen "Mubarak weg - aber was kommt jetzt?".
Demokratie und Islam: Wird das gehen?
Het Laatste Nieuws spricht von einem historischen Tag für Ägypten. Nach dem Sturz Mubaraks ergibt sich hier, wie eventuell auch in anderen arabischen Ländern, die einmalige Chance, eine echte Demokratie einzuführen und einer besseren Zukunft für Millionen Menschen den Weg zu ebnen. Die große Herausforderung liegt nun darin, zu zeigen, dass Islam und Demokratie zusammen möglich sind, und dass Toleranz für andere Religionen kein leeres Wort ist.
De Morgen schreibt im gleichen Kontext, die Revolution hat ihr Ziel erreicht, doch wer wird jetzt die Früchte ernten? Wird Vizepräsident Suleiman, der im Grunde kaum mehr ist als eine Kopie Mubaraks, jetzt der neue starke Mann des alten Regimes? Nimmt die Armee jetzt definitiv die Macht in die Hand? Wird es freie Wahlen geben? Geht Ägypten den Weg in eine demokratische Moderne oder wird die Revolution nach iranischem Muster durch islamische Fundamentalisten vereinnahmt? Auf all diese Fragen gibt es heute noch keine Antwort.
Armee muss den Übergang begleiten
Für De Standaard ist es von größter Bedeutung, dass die Armee den Übergang Ägyptens zu einer Demokratie begleitet. Dann aber muss die Militärführung erkennen, dass die Vergangenheit wirklich vorbei ist, und dass es darauf ankommt, zusammen mit der Opposition an einem neuen Ägypten zu arbeiten.
Het Belang van Limburg stellt fest, dass die Armee wahrscheinlich nicht ohne Weiteres bereit sein wird, ihre Machtposition aufzugeben. Kurzfristig, so führt die Zeitung weiter aus, sind wohl auch keine großen Verschiebungen in der ägyptischen Außenpolitik zu erwarten. Weder gegenüber den USA, die die ägyptische Armee jährlich mit einer Milliarde Euro unterstützen, noch gegenüber Israel, mit dem es seit Präsident Sadat ein Friedensabkommen gibt.
Westen: helfen, aber nicht einmischen
Gazet van Antwerpen findet, dass die Ägypter unser aller Bewunderung verdienen. Was jetzt an die Stelle Mubaraks kommen soll, das haben nicht die westlichen Großmächte zu bestimmen. Jetzt gilt es, die Vorbereitung ehrlicher Wahlen einzuleiten. Diesbezüglich kann man nur hoffen, dass das Militär auf die Bürger hört, auf jene Männer und Frauen, die in den vergangenen Wochen für ein freies Ägyptern ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben. Das westliche Ausland muss den Prozess der Demokratisierung ohne Einmischung logistisch und finanziell begleiten, denn für das arme Ägypten brechen jetzt in wirtschaftlicher Hinsicht außergewöhnlich schwere Zeiten an.
Le Soir stellt mit Bewunderung fest, dass die arabische Welt, von der man immer behauptete, sie sei allergisch gegen die Demokratie, uns eine friedliche Revolution beschert hat. Eine Revolution ohne Chef, eine Revolution des Volkes. Zu vergleichen mit dem Fall der Berliner Mauer in 1989, und in direkter Verbindung mit der Hoffnung, dass sie Ägypten, Tunesien und anderen arabischen Ländern das Tor zur Freiheit öffnet. Besonders für die Jugend dieser Länder muss es ein großer Ansporn sein, dass gestern der Beweis geliefert wurde, dass jene, die die Freiheiten und Grundrechte der Völker mit Füßen treten, durch die Macht und die Entschlossenheit des Volkes gestürzt werden können.
Jetzt müssen freie Wahlen folgen
Die Revolte der Bürger, so führt La Libre Belgique aus, macht nur Sinn, wenn jetzt so bald wie möglich freie Wahlen folgen. Man kann sich kaum vorstellen, dass jene, die für die Demokratie gekämpft haben, sich jetzt mit einem Militärregime zufriedengeben werden. Im Anlauf zu den Wahlen ist es wichtig, dass die von den Ägyptern neu entdeckte freie Meinungsäußerung in der Bevölkerung die politische Diskussion entfacht und zu einer demokratischen Streitkultur führt.
Abschließend noch ein Blick auf Het Nieuwsblad, das die Befürchtung äußert, das Militär könnte die Angst vor einem radikalen Islam als Vorwand nehmen, um sich an der Spitze des Landes zu etablieren. Genau diese Angst war es ja auch, die dafür sorgte, dass Europa und die Vereinigten Staaten dem Mubarak-Regime so gut gesonnen waren. Der Westen kann diesen Fehler ausbügeln, indem er der demokratischen Bürgerbewegung in Ägypten jetzt seine volle Unterstützung zusichert.
Bild: Khaled Elfiqi (epa)