"Bauern legen den Antwerpener Hafen lahm", titeln Het Laatste Nieuws und De Tijd. "Ohne eine Änderung am Stickstoffabkommen werden die Bauernproteste andauern", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Die Wut bleibt, aber die Unterstützung bröckelt", schreibt De Morgen auf Seite eins.
Insbesondere die Junglandwirte haben gestern erneut Protestaktionen durchgeführt. Sie blockierten die wichtigsten Zufahrtsstraßen zum Antwerpener Hafen. Die Bauern verlangen weiter angemessenere Preise für ihre Erzeugnisse und ein besseres Einkommen. In Flandern richtet sich die Wut aber auch gegen das Stickstoffabkommen der flämischen Regierung.
"Den Hafen lahmzulegen mit unrealistischen Forderungen, das ist inakzeptabel!", ereifert sich Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Einige Bauern sind offensichtlich fest entschlossen, solange zu protestieren, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Als hätte auch nur irgendeine Regierung die Möglichkeit, alle Probleme innerhalb weniger Tage zu lösen. Der Schaden, den die Landwirte anrichten, der nimmt allerdings inzwischen regelrecht Ausmaße an. Bei allem Verständnis für den Frust der Landwirte, aber das kann so nicht weitergehen!
Forderungen der Bauern unmöglich umsetzbar
"Gestern war es der Antwerpener Hafen; wo werden die Bauern wohl heute zuschlagen?", fragt sich auch besorgt Het Nieuwsblad. Die größte Schwierigkeit ist tatsächlich, dass man die Probleme der Landwirte nicht über Nacht lösen kann. Eine ihrer Forderungen würde gar eine wirkliche Revolution erfordern. Konkret: Wenn die Bauern einen "angemessenen Preis" für ihre harte Arbeit und ihre Erzeugnisse verlangen, dann müsste dafür das System quasi auf den Kopf gestellt werden. In unserem westlichen Gesellschaftsmodell wird der Preis nämlich festgelegt durch das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage, also – kurz und knapp – durch den freien Markt.
Keine Regierung kann darauf Einfluss nehmen, erst recht nicht die einer Region, die im europäischen Vergleich nicht größer ist als ein Taschentuch. Der heutige Preis wird im Wesentlichen bestimmt durch den Großhandel; wissend, dass die Bürger Lebensmittel schon jetzt teuer genug finden. Ob es nun ihre Absicht ist oder nicht: Die Landwirte stellen hier eigentlich den freien Markt in Frage.
Belgien im Schwitzkasten
De Standaard sieht das etwas anders. Es stimmt: Der Preis ist den Kräften des Marktes ausgeliefert. Wie er genau entsteht, das ist aber wenig transparent. Laut einer Studie der Freien Universität Brüssel ist es letztlich nur eine Handvoll Großkonzerne, die aufgrund ihrer Marktmacht die Preise diktieren können. In einer Welt, in der der Staat über die EU und die zuständigen Regierungen enormen Einfluss auf die Landwirtschaft ausübt, müsste es doch möglich sein, auch die Preisentwicklung zu regulieren.
Bei alledem droht jetzt allerdings ein lupenreines politisches Chaos, warnt Het Belang van Limburg. Weil der Druck zu groß wird, erwägt die flämische Regierung, den Bauern gegenüber erhebliche Zugeständnisse zu machen. Im Großen und Ganzen würde das darauf hinauslaufen, dass Flandern ab jetzt so ungefähr in allen Bereichen auf der Bremse stehen will: Nein zu den Klimazielen 2040, nein zum Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Diese Verweigerungshaltung würde Belgien in eine schwierige Position bringen; und das ausgerechnet jetzt, wo man doch die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Einfach nur die Regeln zu lockern, das ist ohnehin nicht die Lösung. Die Probleme von heute sind doch nur das Resultat der bisherigen Politik, die allen freie Hand ließ. Alle Klimaschutzmaßnahmen jetzt einfach fallen zu lassen aus Angst vor negativen Auswirkungen an der Wahlurne, das würde niemandem helfen: nicht der Natur, nicht den Bauern und auch nicht der Politik.
Schlammschlacht um den Staatsbon
"Die Föderalregierung ist uneins über den neuen Staatsbon", so derweil die Aufmachergeschichte von L'Echo. "Keine Einigung über die neue Staatsanleihe", titelt auch das GrenzEcho. Strittig ist vor allem, ob für den neuen Staatsbon auch wieder die Quellensteuer gesenkt werden sollte.
Alles andere wäre bedauerlich, findet La Libre Belgique. Die Sparzinsen sind nach wie vor sehr niedrig. Und ein neuer Staatsbon wäre nur dann ein wirklicher Schuss vor den Bug der Banken, wenn das Produkt auch wirklich attraktiv ist. Und wenn der Finanzsektor eine verminderte Quellensteuer als unlauter Konkurrenz brandmarkt, dann muss man die Branche doch nur daran erinnern, dass auch Sparkonten de facto steuerbefreit sind. Und noch etwas: Eine Debatte über die Frage, wie man das Spargeld der Belgier mobilisieren kann, wäre in diesen Krisenzeiten mit Sicherheit höchst willkommen.
De Tijd sieht die aktuelle Diskussion demgegenüber kritisch. Erstmal ist es offensichtlich, dass es sich hierbei um einen Wahlkampfcoup der CD&V handelt, die den Staatsbon als eine Trophäe betrachtet. Und eine erneute Halbierung der Quellensteuer speziell für diese Staatsanleihe wäre ein wirklicher Schönheitsfehler, würde sich die Regierung doch selbst schon wieder eine Sonderbehandlung zuschustern. Das Resultat von alledem ist jedenfalls bedauerlich: Um den Staatsbon ist jetzt nämlich leider eine politische Schlammschlacht entbrannt.
Roger Pint