"'Russland kann tun, was es will' mit Ländern wie Belgien", greift Het Laatste Nieuws auf Seite eins die kontroversen neuen Aussagen von Donald Trump zur Nato auf. "Trump droht den Nato-Ländern, sie nicht mehr zu schützen", so La Dernière Heure im Innenteil. "Donald Trump bedroht die Nato und die Sicherheit", titelt L'Avenir. "Mit Ausholen gegen die Nato macht Trump Putin ein neues Geschenk", schreibt De Morgen.
Finnland und die baltischen Staaten müssen sich keine Sorgen machen, das erste Land, das Putin angreifen wird, wird Belgien sein, stichelt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Denn Trump hat ja angekündigt, dass Russland mit Nato-Ländern, die ihre Verteidigungsbeiträge nicht bezahlen, machen kann, was es will, wenn er Präsident wird. Belgien hat auch die zweitschlechteste Zahlungsmoral im Bündnis, nur Luxemburg ist noch unwilliger. Im vergangenen Jahr hat Belgien gerade mal 1,1 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung ausgegeben – nur knapp die Hälfte der zwei Prozent, zu denen sich die Nato-Staaten verpflichtet haben. Dafür verdient Belgien mehr als nur einen Klaps auf die Finger. Dennoch sollte man nicht den Fehler machen zu glauben, dass mit Biden statt Trump alles automatisch besser wäre. Wir Europäer müssen stärker für unsere Interessen einstehen, das bedeutet auch eine gemeinsame Verteidigung. Trump hat den Wecker gestellt: Belgien muss seine Anstrengungen vervielfachen und Europa braucht eine gemeinsame Armee. Wer heute noch gegen höhere Verteidigungsausgaben ist, der sollte mal nachschauen, ob sein Kräutertee keine benebelnden Substanzen enthält, wettert Het Laatste Nieuws.
Europa muss sich selbst schützen
Belgien investiert lieber in Wohlfahrt und Wohlstand und lässt die US-Steuerzahler für die Sicherheit aufkommen, kommentiert Het Belang van Limburg. Wir wollen keine Kernwaffen in unserem Land, aber flüchten uns gerne unter den amerikanischen nuklearen Schutzschirm. Wir lassen die Ukraine unseren Krieg ausfechten, aber ohne Waffen aus Washington würde es die Ukraine gar nicht mehr geben. Der Unwille der Europäer, ihren Nato-Beitrag zu leisten, war den Amerikanern auch schon ein Dorn im Auge, bevor Trump seine Kandidatur bekanntgemacht hat. In den letzten Jahren hat sich die Situation zwar leicht gebessert, aber noch immer erfüllen nur etwa zehn der 31 Nato-Mitgliedsländer die Zwei-Prozent-Norm. Belgien ist dabei so ziemlich das Schlusslicht. Da die Regierung in den kommenden Jahren Milliarden einsparen muss, ist die Chance auch klein, dass sich das ändern wird. Nach drei Jahrzehnten Raubbau an der Landesverteidigung würden die zwei Prozent übrigens bei Weitem nicht reichen, um den Rückstand aufzuholen. Mit einem aggressiven Russland vor der Haustür wird Europa seine wirtschaftliche Macht mit militärischer Macht kombinieren müssen, um relevant zu bleiben. Selbst eine eigene nukleare Abschreckung darf kein Tabu mehr sein, fordert Het Belang van Limburg.
Belgien stehen schmerzhafte Einsparungen bevor
Samstagvormittag haben sich die Europäer auf neue Haushaltsregeln geeinigt, schreibt Het Nieuwsblad. Und auch wenn das Parlament das noch absegnen muss, verdient die Übereinkunft für einmal wirklich die Bezeichnung "historisch". Die Föderalregierung hat allerdings nicht enthusiastisch darüber kommuniziert – und das hat auch einen Grund: Haushaltstechnisch wird es schmerzhaft für Belgien, wir müssen den absurd hohen Betrag von 27 Milliarden Euro einsparen. Dabei werden die Regeln stückweise sogar gelockert: Wir dürfen die Anstrengungen über sieben Jahre verteilen, außerdem werden Investitionen und Reformen berücksichtigt. Dennoch sind die neuen Auflagen deutlich strenger als die alten Maastricht-Regeln. Nach denen musste das Haushaltsdefizit weniger als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen. Das neue Ziel sind 1,5 Prozent. Eine viel zu ehrgeizige Vorgabe: Wenn zu schnell zu viel eingespart wird, drohen Menschen und Betriebe auf der Strecke zu bleiben. Jetzt nicht in die Verteidigung und die Armee zu investieren, kann langfristig unseren Wohlstand gefährden. Unrealistische Ziele sind schlicht kontraproduktiv, kritisiert Het Nieuwsblad.
Die neuen Regeln sollen verhindern, dass die Staatshaushalte entgleisen, hebt Gazet van Antwerpen hervor. Aber genau das tut der belgische Haushalt. Es kann also keine Überraschung sein, dass wir sparen müssen, auch wenn der Betrag von 27 Milliarden Euro schwindelerregend hoch ist. Belgien ist von Europa auch schon oft genug ermahnt worden wegen seiner mangelnden Haushaltsdisziplin. Die Herangehensweisen von früher funktionieren einfach nicht mehr, wir brauchen grundlegende Reformen. Für die Herausforderungen der nächsten Jahre werden wir standhafte Regierungen brauchen und fähige und mutige Führer, die sich politisch durchsetzen können. Aber auch die haben wir aktuell nicht, beklagt Gazet van Antwerpen.
So wird das nichts mit der Klimawende
La Libre Belgique beschäftigt sich mit den Änderungen bei den vergünstigten Bahntarifen für Rentner und kinderreiche Familien: Natürlich hat die SNCB ein Recht, ihre Tarife an die "gesellschaftlichen Entwicklungen" anzupassen, keine Frage. Aber die Preiserhöhungen als Anpassungen zu deklarieren, das ist schlicht eine Täuschung. Hinzu kommt, dass die Leistung der belgischen Bahn ohnehin desaströs ist. Wer wirklich will, dass die Belgier das Auto stehen lassen und auf die Schiene umsteigen, der wird das nicht mit solchen Anpassungen der Ticketpreise schaffen. Bahnreisende brauchen zunächst mal saubere und sichere Bahnhöfe, ausreichend kostenlose Parkplätze für Autos und Fahrräder und vor allem zuverlässige, schnelle, bequeme und erschwingliche Züge, die in guter Taktung fahren. Hier ist zwar schon viel versprochen worden, aber um die Ziele zu erreichen, sind auch die entsprechenden Mittel notwendig, unterstreicht La Libre Belgique.
Vor ziemlich genau fünf Jahren haben wir das erste Mal die Bezeichnung "Youth for Climate" verwendet, erinnert Le Soir. Damals waren die jungen Menschen, die sich für die Klimawende engagierten, überall. Ihre Anliegen schafften es sogar bis auf die höchsten politischen Agenden des Landes, bis in die Reden des damaligen Premierministers Charles Michel und des Königs. Heute, wie gesagt fünf Jahre später, ist das Phänomen jugendlicher Klimaaktivisten von den Straßen verschwunden. Aber die Aktivisten sind weiter da, nur in anderer Form. Der Ton in der Politik hat sich zuletzt aber auch deutlich verändert: Viele Verantwortliche verlangen Pausen beim Kampf gegen den Klimawandel, sie freuen sich, wenn europäische Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit zurückgenommen werden oder ziehen Klimaziele und Herangehensweisen in Zweifel. Es ist ein Armutszeugnis, wie dieses Land mit den Interessen und der Zukunft der Jugend umgeht, urteilt Le Soir.
Boris Schmidt