"Katholische Kirche: Die föderale Staatsanwaltschaft ist bereit, ein Dossier über Vangheluwe mit dem Vatikan zu teilen", meldet La Libre Belgique. Der damalige Bischof von Brügge Roger Vangheluwe war 2010 von seinem Amt zurückgetreten, nachdem er den sexuellen Missbrauch seines minderjährigen Neffen gestanden hatte. Seinen Titel durfte er allerdings behalten.
"Pornos auf Computer können Vangheluwe nachträglich den Bischofstitel kosten", so Het Laatste Nieuws dazu. "Pornos anschauen wird Vangheluwe nicht den Bischofstitel kosten", sind sich aber Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen sicher. "Wenig Interesse aus der Kirche am Gerichtsdossier über die Pornobilder von Vangheluwe", titelt De Standaard.
Titel entziehen ja – aber aus den richtigen Gründen
Wie bekommen wir den Vatikan so weit, Bischof Vangheluwe seinen Titel abzunehmen?, fragt Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Die Vergewaltigung von zwei Jungen reicht dafür nicht, sie liegt zu lange zurück und Vangheluwe ist dafür bereits kirchenrechtlich bestraft worden. Ohne neue Taten kann er nicht erneut bestraft werden. Dass Vangheluwe seinen Titel weiterführen darf, ist nicht nur für die belgischen Bischöfe derweil unerträglich. Ihnen bleibt aber eben keine Wahl, als dem Vatikan ein neues Dossier vorzulegen.
Dabei will ihnen der föderale Justizminister Paul Van Tigchelt unter die Arme greifen – und zwar mit Pornobildern, die bei den Ermittlungen auf dem Computer Vangheluwes gefunden worden waren. Diese Bilder sind nach dem belgischen Strafgesetzbuch allerdings nicht strafbar, denn es geht nicht um kinderpornografisches Material, sondern um "normale" Pornobilder. Aber vielleicht reiche das ja dennoch für weitere kirchenrechtliche Sanktionen, so Van Tigchelt sinngemäß.
Aber sollte sich ein Minister wirklich in so etwas einmischen? Der Vatikan sollte Vangheluwe schon allein aus Respekt vor den Opfern den Titel entziehen. Aber bitte aus legitimen Gründen. Dass der Kirche dafür offensichtlich der Wille fehlt, ist schlicht skandalös, urteilt Gazet van Antwerpen.
Es ist schon ziemlich verrückt, dass sich der Justizminister mit etwas beschäftigt, was in Belgien gar nicht strafbar ist, kommentiert Het Nieuwsblad. Experten bezweifeln auch, dass das Kirchenrecht hier mehr erreichen wird als es die belgischen Gesetze bisher getan haben. Aber die Tatsache bleibt, dass ganz Belgien das Gefühl hat, dass Vangheluwe zu leicht davongekommen ist. Er hat auch nie Bedauern oder Schuldeinsicht geäußert. Trotzdem wäre es extrem falsch, wenn die Kirche jetzt plötzlich wegen so einer Bagatelle aktiv werden würde. Denn das würde bedeuten, dass Pornos anschauen strenger bestraft würde als der Missbrauch von Kindern. Dennoch erwartet die Bevölkerung irgendetwas. Und sie wartet schon mehr als zehn Jahre darauf, unterstreicht Het Nieuwsblad.
Brüssel kann einen heißen 26. Februar erwarten
L'Avenir greift die Bauernproteste auf: Heute kommt die sogenannte Taskforce Ernährung zusammen. Aber was soll die Rückkehr der Landwirte an den Verhandlungstisch bringen? Der Verband der Lebensmittelindustrie hat bereits mitgeteilt, dass ihre Rentabilität seit Jahren sinkt. Und der Großhandel behauptet, netto nicht mehr als ein Prozent am Einkaufswagen zu verdienen.
Die Verhandlungen über bessere Preise für die Bauern scheinen zum Scheitern verurteilt zu sein, bevor sie überhaupt begonnen haben. Damit besteht auch wieder die Gefahr einer entsprechenden Reaktion des landwirtschaftlichen Sektors. Gerade die jungen Bauern sind bereit, erneut in den Kampf zu ziehen, um sich Gehör zu verschaffen.
Brüssel kann sich also wohl schon mal auf eine neue Blockade einstellen am 26. Februar. Denn da werden die europäischen Agrarminister zu ihrem Gipfel zusammenkommen. Und es ist davon auszugehen, dass sich nicht nur die belgischen Bauern ins EU-Viertel aufmachen werden, warnt L'Avenir.
Mindestlohn und Finanztransfers
La Dernière Heure beschäftigt sich mit einem Vorstoß der frankophonen Sozialisten PS für eine Erhöhung des Mindestlohns – von aktuell 2.070 Euro brutto auf 2.800 Euro brutto. Damit will PS-Chef Paul Magnette sogar noch weiter gehen als die linksextreme PTB. Auf der rechten Seite des politischen Spektrums und bei den Arbeitgebern sorgt der Vorstoß derweil für laute Empörung und Spott angesichts des Zustands der Staatskasse und der Wettbewerbsfähigkeit.
Aber wenn man sich die Idee genauer anschaut, dann stellt man fest, dass sie gar nicht so dumm ist. Eigentlich will die PS das Gleiche erreichen wie die Liberalen: Arbeiten soll sich mehr lohnen als arbeitslos sein. Allerdings ist der Weg der PS eben ein anderer und zweifellos zu radikal. Und die Frage der Finanzierung so eines Vorhabens ist natürlich legitim. Die PS will letztlich irgendeine Form der Umverteilung von den hohen Gehältern zu den niedrigen. Das wird natürlich zu Widerstand führen. Zusammengefasst: Es ist eben Wahlkampf, so La Dernière Heure.
L'Echo kommt auf eine neue Studie zu den innerbelgischen Finanztransfers zurück: Ungefähr acht Milliarden Euro fließen jedes Jahr aus Flandern in die Wallonie und nach Brüssel. Das bedeutet umgerechnet, dass jeder Flame etwa 1.200 Euro pro Kopf und Jahr an die anderen Regionen abtritt. Dass das im Norden seit Langem für böses Blut sorgt, ist bekannt. Aber auch die Frankophonen sollten die Transfers nicht als selbstverständlich betrachten und mit den üblichen historischen und politischen Rechtfertigungen kommen. Denn dadurch verhindern sie eine konstruktive Diskussion über eine Reform des Systems. Und sie liefern vor allem auch Nationalisten jeder Couleur Munition. Anstatt wieder und wieder mit Flandern über die Transfers zu verhandeln, sollten die Frankophonen sich fragen, wie der Unternehmergeist im Süden gestärkt und Arbeiten attraktiver gemacht werden kann, fordert die Wirtschaftszeitung L'Echo.
Boris Schmidt