"Die wallonischen Landwirte bereiten sich vor, auf die Straße zu gehen", kündigt Le Soir auf Seite eins an. "Die wallonischen Landwirte werden in der nächsten Woche protestieren", präzisiert L'Echo. "Die französischen Bauern schließen sich der europäischen Wut-Bewegung an", ergänzt La Libre Belgique.
Die Bauern werden von der Inflation erdrückt, von den Preisen für Land, Treibstoff, Saatgut, durch immer mehr Regeln und Auflagen, kommentiert L'Echo. Sie werden aber auch von den großen Handelsketten, den Nahrungsmittelkonzernen und den Verbrauchern in die Zange genommen. Die wollen – koste es was wolle – so wenig wie möglich zahlen. Hinzu kommt das Problem, dass es in der Landwirtschaft die Riesen der Branche gibt und die kleinen Familien- und Biobetriebe. Und dann gibt es natürlich auch noch nationale Unterschiede. Entsprechend vielfältig sind die Klagen und Forderungen der Landwirte.
Eines aber ist der Situation der protestierenden Landwirte gemein, unabhängig davon, ob sie nun in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Polen oder ab nächster Woche eben in Belgien auf die Straße gehen: Der viel zu lange alleingelassene Sektor muss politisch begleitet werden und darf nicht weiter rein kommerzieller Logik überlassen werden. Denn die Welt hat sich verändert: Pandemie und Ukraine-Krieg haben gezeigt, wie wichtig unsere industrielle, energetische und militärische Autonomie sind. Das Gleiche gilt aber eben auch für die Landwirtschaft. Wenn die Bauern alleingelassen werden, überlässt man damit auch den Rechtsextremen und ihren widerlichen politischen Visionen das Feld, warnt L'Echo.
Der unentwirrbare flämische Stickstoffknoten
In Flandern liegt der Fokus aktuell hingegen wieder auf dem sogenannten Stickstoffabkommen: Diese Woche wird die regionale Mehrheit das Abkommen vielleicht endlich durchs flämische Parlament bringen, schreibt Gazet van Antwerpen. Aber damit ist die Sache trotzdem noch lange nicht gegessen, das Stickstoffabkommen kann noch gekippt werden. Seit 20 Jahren beschäftigen sich flämische Regionalregierungen mit dem Dossier, das Ganze ist mittlerweile so kompliziert und von sich widersprechenden Interessen durchzogen, dass es zu einem unentwirrbaren Knoten aus Dekreten und Urteilen geworden ist. Naturschutzvereinigungen, Industrie und Landwirtschaft stehen sich mit gezückten Messern gegenüber, jeweils gestützt von Parteien, die versuchen, ihre Wählerschaft zufrieden zu stellen. Die einen sagen, dass die Zukunft der Landwirtschaft auf dem Spiel steht, die anderen sehen Flandern zur wirtschaftlichen Wüste werden, wieder andere warnen vor einem Todesurteil für die Biodiversität. Und sie haben alle Recht. Helfen kann hier nur eines: ein solides Stickstoffabkommen, unterstreicht Gazet van Antwerpen.
De Tijd sieht nur Verlierer: Diese Legislatur hat vielen Landwirten das Leben erschwert beziehungsweise eine unsichere Zukunft beschert. Aber drei Jahre erfolglose Suche nach einem Kompromiss, der Landwirtschaft, Industrie und Natur miteinander versöhnt, hat auch politischen Schaden hinterlassen. Der Staatsrat hat bereits gewarnt, dass das Stickstoffabkommen seiner Meinung nach nicht ausreicht. Die Mehrheitsparteien bestreiten das aber und nehmen damit in Kauf, dass das Abkommen noch juristisch gekippt wird. Allerdings werden wir das erst nach den Wahlen wissen, wenn sich der Verfassungsgerichtshof dazu aussprechen wird. Eine Aufgabe der nächsten flämischen Regierung wird deshalb sein, es besser zu machen als die jetzige. Aber die Debatte wird auch auf europäischer Ebene geführt werden müssen, fordert De Tijd.
Tierwohl beginnt mit Aufrichtigkeit
De Morgen befasst sich anlässlich neuer Enthüllungen einer Tierschutzorganisation über Missstände in der industriellen Kaninchenhaltung mit der Fleischindustrie: Seit Jahren beharrt der Sektor drauf, dass das Tierwohl ein zentrales Anliegen sei. Dabei sehen viele Tiere so etwas wie Wiesen und Weiden das erste Mal, wenn sie zum Schlachthof transportiert werden. Jedes Mal, wenn Misshandlungen und Missstände ans Tageslicht gebracht werden, sagt der Sektor, dass das doch nur Ausnahmen sind und nicht die Regel, dass ein verzerrtes Bild gezeichnet wird. Aber selbst wenn das stimmen würde, ginge es immer noch jedes Jahr um Millionen Tiere.
Natürlich stehen die Tierzüchter wirtschaftlich unter hohem Druck. Der Kunde wolle auch nicht für Tierschutz bezahlen, so ein immer wieder gehörtes Argument. Aber vielleicht würde es ja helfen, wenn dem Kunden nicht mehr weisgemacht würde, dass da Fleisch auf seinem Teller landet, das von glücklichen Tieren stammt, giftet De Morgen.
Weltraum: Wo bleibt Europa?
La Libre Belgique blickt in den Weltraum: Am vergangenen Samstag ist eine japanische Raumsonde auf dem Mond gelandet, damit ist Japan zum fünften Land der Welt geworden, dem das gelungen ist. Und Europa? Fünfzig Jahre nach der Gründung der Europäischen Weltraumorganisation müssen wir noch immer auf diesen Schritt warten. Sicher, es gibt das ehrgeizige Artemis-Programm, das ab 2026 wieder Menschen auf den Mond schicken will. Aber die Europäer und damit auch die Belgier werden hier weiter auf dem Rücksitz Platz nehmen müssen. Das Steuer bleibt fest in der Hand der Amerikaner.
Der Weltraum ist eine große Herausforderung für alle, die sich auf der Erde behaupten wollen. Nur so lässt sich die technologische Unabhängigkeit garantieren, das Wachstum stimulieren und Verteidigung und militärische Fähigkeiten gewährleisten. Deshalb muss Europa sich hier auch stärker engagieren – und sich die dafür notwendigen Mittel geben, appelliert La Libre Belgique.
Boris Schmidt