"Einsatz für Frau Holle – glatte Straßen, aber auch Winterfreuden in der ganzen Region", macht das GrenzEcho auf. "Chaos auf der Straße, Spaß auf dem Schlitten", titelt Het Belang van Limburg. "Der Schnee, das Chaos", stöhnt Le Soir. Auch für La Libre Belgique ist es einfach "Das Chaos". "Schnee: die Katastrophe – wie üblich!", wettert La Dernière Heure. "Hatten wir grundlos Angst vor dem Schneefall? 'Die Gesellschaft wird immer risikoscheuer'", liest man auf Seite eins von De Morgen.
Okay, es hat ein bisschen geschneit, kommentiert De Morgen. Können wir uns jetzt alle trotzdem wieder etwas beruhigen und mal durchatmen? Es ist einfach Winter, da ist so etwas normal. Zu Beginn der Woche ist vor einer "Schneebombe" gewarnt worden. Letztlich hat es vielerorts gerade mal ein paar Zentimeter geschneit, wenn überhaupt. Aber selbst wenn die schlimmsten Vorhersagen eingetroffen wären, hätte es gerade mal 25 Zentimeter Schnee gegeben. Lächerlich, hier von einer "Schneebombe" zu sprechen. Einige Schulen sind sicherheitshalber geschlossen geblieben. Dank Fernunterricht war das auch kein echtes Problem. Aber die Schließung weist auf ein allgemeineres Problem hin: Wir werden als Gesellschaft immer risikoscheuer. Wie sonst soll man es nennen, wenn eigentlich normales Wetter sofort zu Rufen nach Notplänen führt? Und ja, auch die Medien müssen sich hier an die eigene Nase fassen. Auch ohne Eingreifen der Behörden ist es übrigens nicht verboten, den eigenen Verstand einzuschalten. Zum Beispiel, um das Auto mal besser stehen zu lassen, giftet De Morgen.
Schon bei der geringsten Abweichung vom Durchschnittswetter bricht wieder Panik aus und wird von "extremem" Wetter gesprochen, schreibt Het Laatste Nieuws. Als ob Schnee im Januar so ungewöhnlich wäre. Wir warnen vor etwas, was anderswo auf der Welt zum normalen Gang der Jahreszeiten gehört. Wir sind so etwas einfach nicht mehr gewohnt. Daran tragen auch die Bürger und die Medien eine Mitschuld, die verlangen, vor so etwas geschützt zu werden. Die Behörden und auch die Wetterdienste bringt das in die Klemme: Wenn nichts Aufsehenerregendes passiert, dann wird ihnen unnötige Panikmache vorgeworfen. Aber wehe, es passiert doch etwas, dann muss immer sofort ein Sündenbock her, unterstreicht Het Laatste Nieuws.
Arbeitsmarkt, Export und Pulverfass Nahost
La Libre Belgique greift in ihrem Leitartikel die Dauerbrenner-Debatte um die angeblich zu lasche wallonische Politik in puncto Arbeitsmarkt auf. Die ist in den vergangenen Tagen durch neue Äußerungen von Wirtschaftsexperten wieder befeuert worden - auch eher linken Wirtschaftsexperten, betont die Zeitung, die vor allem die Sozialisten verantwortlich machen. Dieses wallonische Übel ist eine Tatsache. Und die Sozialisten von der PS halten, mit wechselnden Partnern, seit 50 Jahren die Zügel in der Hand. Aber das Problem des Arbeitsmarktes ist dennoch komplex. Es geht längst nicht nur um einen Mangel an Arbeitsplätzen, sondern vor allem auch um Ausfälle, insbesondere von Langzeitkranken. Entsprechend muss auch gegen das Phänomen vorgegangen werden, denn bisher ist hier zu wenig getan worden, beklagt La Libre Belgique.
De Tijd befasst sich mit den Problemen der belgischen Exportindustrie: Die hohen Energiepreise, die Wettbewerbsverzerrung durch China und die Vereinigten Staaten, die hohen Lohnkosten durch die automatische Indexanpassung der Löhne, die Deglobalisierung und geopolitische Spannungen – all das setzt den Betrieben zu. Hinzu kommt, dass von ihnen besonders große Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel erwartet werden. Was aber ebenfalls eine Rolle spielt, ist die Abwesenheit eines zuverlässigen gesetzlichen Rahmens in Belgien, siehe beispielsweise Stickstoffausstoß. Die Folge sind weniger Investitionen. Und hier muss die Politik ansetzen, sie muss dabei helfen, wieder ein attraktiveres Investitionsklima zu schaffen. Denn die Industrie ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsmotor, sie wird auch immer wichtiger, um künftig die strategische Unabhängigkeit und Sicherheit Europas zu gewährleisten. Die Wirtschaft wird immer mehr auch zu einer politischen und geopolitischen Waffe, warnt De Tijd.
De Standaard kommt auf die Entscheidung der Europäischen Union zurück, eine Militärmission ins Rote Meer zu entsenden, um die Schifffahrt gegen Angriffe der Huthi-Rebellen zu schützen: Es gibt gute, auch wirtschaftliche, Gründe für so ein Vorgehen. Aber das Seerecht ist eine Sache, einen kühlen Kopf zu bewahren eine andere. Das wird ein hochsensibles Vorhaben in einem geopolitischen Pulverfass. Die Huthi-Milizen haben auch ein ganz anderes Kaliber als etwa somalische Piraten. Die amerikanischen und britischen Bombardierungen haben denkbar wenig Eindruck gemacht auf die Huthis. Vor diesem Hintergrund ist es eine Illusion zu glauben, dass die EU-Mission rein defensiv bleiben wird. Der Afghanistan-Krieg hat uns gezeigt, wie nötig klare Grenzen und eine Exit-Strategie sind, mahnt De Standaard.
Die Kreuzigung von Charles Michel ist nur aufgeschoben
Het Belang van Limburg beschäftigt sich mit Charles Michel und dessen angekündigtem Rücktritt als Präsident des Europäischen Rates: Dank eines Hexenschusses hat sich Michel nun doch nicht vor dem Europäischen Parlament verteidigen müssen. Wir gehen mal davon aus, dass er sich sein Leiden nicht ausgedacht hat, aber die Rückenschmerzen kommen ihm zweifellos sehr gelegen. Möglicherweise hat er auch die Folgen seiner Entscheidung unterschätzt. Denn offenbar nutzen manche in den EU-Kulissen seinen Rücktritt, um das Amt an sich infrage zu stellen und eine Übertragung der Kompetenzen an die Vorsitzende beziehungsweise den Vorsitzenden der Europäischen Kommission zu fordern. Aber selbst, wenn das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates bestehen bleibt, wird es wohl nicht allzu schnell wieder an einen Belgier gehen. Und letztlich wird Michel seiner Kreuzigung durch das Europäische Parlament auch nicht auf Dauer entgehen können, erinnert Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt