"Ecuador steht unter Schock nach beispielloser Gewalt", so die Schlagzeile von De Morgen. "Chaos in Ecuador - Drogenkriminelle nehmen Journalisten live im Fernsehen als Geisel", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Aber auch bei uns stellen die Drogenkartelle eine Bedrohung dar", titelt La Dernière Heure.
In Ecuador suchen die Drogenkartelle inzwischen den offenen Konflikt mit der Regierung. In zahlreichen Gefängnissen des Landes haben sie Aufstände angezettelt. Der traurige Höhepunkt war aber, als sich Mitglieder von Drogenbanden Zugang zu einem Fernsehstudio verschafften und während einer Livesendung die Mitarbeiter mit Schusswaffen und Handgranaten bedrohten. Bereits am Montag hatte Präsident Noboa den Ausnahmezustand verhängt. Eine Gewalt wie in Ecuador ist auch bei uns nicht gänzlich auszuschließen, sagen Experten in La Dernière Heure. Schon jetzt werden die Drogenbanden immer dreister. In Antwerpen explodieren ja in regelmäßigen Abständen Handgranaten oder werden Fassaden beschossen.
Polemik rund um das neue Migrationsgesetzbuch
"Das Migrationsgesetz von Nicole De Moor ist bereits unter Beschuss", so derweil die Aufmachergeschichte von De Morgen. Die CD&V-Asylstaatssekretärin hatte gestern den Entwurf eines neuen Migrationsgesetzbuches der Presse vorgestellt. Eine Neufassung sei nötig, da das bisherige Regelwerk aus dem Jahr 1980 stamme und inzwischen regelrecht unlesbar geworden sei, sagte De Moor. Aus der Opposition und auch aus einigen Mehrheitsfraktionen kam aber schon zum Teil harsche Kritik.
"Endlich ein Migrationsgesetzbuch!", freut sich Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Alle Akteure auf dem Terrain haben sehnlichst auf dieses neue Instrument gewartet. Und es ist nicht nur eine Neuformulierung der bestehenden Regeln und Bestimmungen. Staatssekretärin De Moor hat zudem auch neue Maßnahmen einarbeiten lassen, die darauf abzielen, Prozeduren zu straffen, den Verwaltungsaufwand einzuschränken und Hintertüren zu schließen. Man könnte also davon ausgehen, dass die Parteien sich auf diesen Entwurf stürzen und so schnell wie möglich darüber debattieren wollen. So sieht es aber leider nicht aus. Das liegt zuallererst an der Vorgehensweise von Nicole De Moor, die hier offensichtlich einen Alleingang macht. Vielleicht hat sie es sogar darauf angelegt, dass die anderen sich querlegen. Auf diese Weise hofft sie womöglich beim Wähler zu punkten.
Wahlkampfthema Migration – Den Worten müssen Taten folgen
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich. Dass die Asylstaatssekretärin ihren Entwurf so kurz vor der Wahl vorstellt, und ihn zudem noch vor dem Parlament erst der Presse präsentiert, ist wohl kein Zufall. Jeder weiß, dass die Migrationsproblematik eines der zentralen Wahlkampfthemen sein wird. Nicole De Moor will mit ihrem Entwurf wohl demonstrieren, dass sie durchaus gewillt ist, die Lage zu verbessern. Und wenn sich die Koalitionspartner sträuben, nun, dann liegt die Schuld eben bei ihnen. Hier mag man ein Muster erkennen. De Moors Parteikollege, der CD&V-Finanzminister Vincent Van Peteghem, war ja mit seiner Steuerreform gescheitert. Man könnte meinen, die CD&V wolle mit Vorhaben punkten, die sie nicht durchgesetzt bekommt.
Mit dem Vorstoß von gestern verfolgt die Asylstaatssekretärin in jedem Fall nur ein Ziel: Sie will die Wähler beruhigen, ist L’Echo überzeugt. Man kann nur feststellen, dass die Migrationspolitik für viele Bürger oberste Priorität hat. Auf EU-Ebene hat man das verstanden und hat im Eilverfahren einen neuen Migrationspakt durchgeboxt. Indem man den Eindruck vermittelt, die Kontrolle über die Migrationsströme zurückzugewinnen, will man rechtsextremen Parteien das Wasser abgraben. Grundbedingung dafür ist allerdings, dass das auch funktioniert, also dass man den Worten auch Taten folgen lässt. Auf Belgien bezogen: Sollte das neue Migrationsgesetz am Widerstand der Koalitionspartner scheitern, dann würde das den Extremisten nur noch weiter Auftrieb geben.
Genozid-Klage gegen Israel – Heikle belgische Position
De Standaard beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit der Genozid-Klage gegen Israel, die aktuell vor dem Internationalen Strafgerichtshof anhängig ist. Eingereicht wurde die von Südafrika. Darin wird Israel beschuldigt, im Gazastreifen einen Völkermord an den Palästinensern zu verüben. In Belgien wird die Forderung immer lauter, sich dieser Klage anzuschließen. Das könnte sich allerdings als riskant und sogar kontraproduktiv erweisen, warnt De Standaard. Insbesondere bei den linken Parteien mag die Versuchung groß sein, Israel international an den Pranger zu stellen. Doch mag die Frage erlaubt sein, ob man dort die südafrikanische Klageschrift überhaupt mal genau gelesen und studiert hat. Die Empörung mag aufrichtig sein, doch sollte man hier extreme Vorsicht walten lassen. Mit Blick auf die belgische EU-Ratspräsidentschaft sollte die Regierung hier ohnehin einen möglichst neutralen Standpunkt einnehmen. Denn die Europäische Union kann sich nur Gehör verschaffen, wenn sie im Nahostkonflikt mit einer Stimme spricht. Belgien sollte hier eine Vermittlerrolle einnehmen, statt sich zum Vorkämpfer für drastische diplomatische Aktionen zu machen.
Hans Rieder = Gott?
De Morgen schließlich kommt noch einmal zurück auf den Eklat beim Rassismus-Prozess gegen den flämischen Rechtsextremisten Dries Van Langenhove. Dessen Anwalt, Hans Rieder, hat dem Genter Strafgericht in dieser Sache die Legitimität abgesprochen und deswegen auf ein Plädoyer verzichtet. Dieser Hans Rieder hält sich wohl für Gott, giftet De Morgen. Er kann nicht akzeptieren, dass er mit seinem Befangenheitsantrag gescheitert ist. Und statt sich zu beugen, verweigert er dann ganz einfach die Mitarbeit. Wenn er konsequent wäre, dann hätte Hans Rieder dann auch seine Toga ausgezogen. Aber, apropos Outfit: Rieder trug zu allem Überfluss eine jüdische Kippa. Die symbolische Bedeutung dieser Kopfbedeckung ist eigentlich, dass es "etwas Größeres" gibt. Nun, wenn sich Hans Rieder für Gott hält, warum trägt er dann noch eine Kippa?
Roger Pint