"Gabriel Attal soll der zweiten Amtszeit von Präsident Macron neues Leben einhauchen", schreibt L’Echo auf Seite eins. "Der jüngste Premierminister in der französischen Geschichte soll Marine Le Pen zurückdrängen", notiert De Tijd. Le Soir spricht einfach nur vom "fulminanten Aufstieg des Gabriel Attal".
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat den erst 34-jährigen Gabriel Attal zum neuen Premierminister ernannt. Attal gilt als sehr talentiert und wäre vielleicht sogar ein Kandidat für die Nachfolge von Macron. "Attal auf den Spuren von Macron", schreibt jedenfalls schon La Libre Belgique auf Seite eins.
Gabriel Attal, ideales Aushängeschild für den Macronismus
Der junge Gabriel Attal passt auf jeden Fall sehr gut ins Bild, meint L’Avenir in seinem Leitartikel. Die Ähnlichkeiten mit seinem Mentor Emmanuel Macron sind jedenfalls unübersehbar: Ein junger, ehrgeiziger Mann, der die Regeln der politischen Kommunikation beherrscht und der in Windeseile die Karriereleiter hochklettert. Kein Wunder, dass Macron Gefallen an ihm gefunden hat. Politisch gesehen wird Attal zwar auf der linken Seite verortet, er hat aber durchaus auch schon Maßnahmen unterstützt, die eigentlich der konservativen Rechten gut zu Gesicht stehen würden. All das macht ihn jedenfalls zum idealen Aushängeschild für den Macronismus.
Auf Gabriel Attal wartet eine schwierige Aufgabe, ist derweil Le Soir überzeugt. Der einzige Trumpf des neuen Premierministers ist sein Alter und die aufgrund dessen von ihm ausgestrahlte Dynamik. Ihm fehlt allerdings das politische Gewicht. Nicht nur, dass Präsident Macron ihn wahrscheinlich zu seiner Marionette machen will – Attal wird sich zudem mit unendlich vielen "Schwiegermüttern" herumschlagen müssen, die sich selbst gerne als Regierungschef gesehen hätten. Und an der Ausgangslage hat sich ohnehin nichts geändert: Die Partei von Emmanuel Macron verfügt nicht über eine Mehrheit in der Assemblée Nationale, was das Regieren für Attal genauso kompliziert machen wird wie für seine Vorgängerin Elisabeth Borne. Innenpolitisch stellt sich derweil vor allem die Frage, mit welcher Mission der neue Mann in sein Amt startet. Was genau hat Präsident Macron jetzt vor? Das wird sich wohl erst in den kommenden Tagen zeigen.
Prominente Stimmenfänger statt junger politischer Talente
Apropos "neue Besen": Die Partei Défi hat gestern eine aufsehenerregende Neurekrutierung präsentiert. Man konnte den früheren Untersuchungsrichter Michel Claise für sich gewinnen. Der Mann hatte sich im Kampf gegen Korruption und Finanzkriminalität einen Namen gemacht.
Prominente, die von Parteien vor den Wahlen aus dem Hut gezaubert werden, sind letztlich nichts anderes als Stimmenfänger, analysiert La Libre Belgique. Das war schon immer so, und das wird auch immer so sein. Promis, die über Nacht zu Politikern werden, können sich nur in den seltensten Fällen in der Politik etablieren. Ein unschöner Nebeneffekt ist zudem, dass sie junge Talente, die schon ein gewisses Maß an Erfahrung gesammelt haben, schlichtweg verdrängen. Im Grunde sind solche Leute nicht mehr als Strohfeuer. Und das in einer Zeit, in der wir eigentlich Männer und Frauen in der Politik brauchen, die eine langfristige Vision haben, und die auch bereit sind, im Namen des Allgemeinwohls dafür zu kämpfen.
Van Langenhoves Prozess – Unwürdige Provokation
Die flämischen Zeitungen beschäftigen sich vor allem mit dem Prozess gegen den ehemaligen Kammerabgeordneten Dries Van Langenhove, der vor fünf Jahren auf einer Liste des rechtsextremen Vlaams Belang ins Parlament gewählt worden war. Wegen seiner Aussagen in einem Onlineforum werden ihm Rassismus und sogar Negationismus zur Last gelegt. Die Verteidigung hatte mit allen Mitteln versucht, den Prozess zu verzögern. Weil ein Befangenheitsantrag gegen den zuständigen Richter abgelehnt wurde, hat Van Langenhoves Anwalt jetzt angekündigt, auf ein Plädoyer zu verzichten und gleich in Berufung zu gehen.
Rechtsanwalt Hans Rieder schlägt damit dem Fass den Boden aus, wettert De Standaard in seinem Kommentar. In unserem Rechtssystem ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich einem Urteil beugt. Im vorliegenden Fall wurde der Befangenheitsantrag gegen den zuständigen Richter vom Appellationshof abgewiesen. Ein Einspruch vor dem Kassationshof war nicht möglich. Ergo: Hans Rieder hatte alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Alle Rechtsanwälte würden das akzeptieren. Nur einer eben nicht. Stattdessen erschien dieser Hans Rieder im Gerichtssaal mit einer jüdischen Kippa auf dem Kopf, obgleich er kein Jude ist. Das konnte nur so wirken, als wolle er die Nebenkläger zu allem Überfluss auch noch verhöhnen. Eine derart niveaulose Provokation ist eines Rechtsanwalts unwürdig.
Bewusste Unterminierung des Rechtsstaates und der Demokratie
Hans Rieder und damit auch sein Mandant, Dries Van Langenhove, bringen damit einfach nur ihre Geringschätzung des Rechtssystems zum Ausdruck, konstatiert auch Gazet Van Antwerpen. Trotz anderslautender Gerichtsentscheide bleiben sie dabei, dass der Richter angeblich "zu links" und das Gericht "illegal zusammengestellt" ist. Und deswegen haben sie mal einfach so für sich entschieden, sich nicht mehr an dem Verfahren zu beteiligen. Dries Van Langenhove macht hier nichts anderes als ein Donald Trump, der sich ebenfalls über dem Gesetz wähnt. Das ist ein gefährliches Spiel. Umso trauriger, dass ein angeblicher Spitzenanwalt das auch noch unterstützt.
Van Langenhove und sein Anwalt ziehen hier ein gefährliches Register, warnt auch Het Nieuwsblad. Im Grunde spielen sie hier das Liedchen vom großen Komplott des angeblichen "deep state" gegen die freie Meinungsäußerung. Und man darf davon ausgehen, dass Van Langenhove letztlich nur darauf hofft, verurteilt zu werden. Dann kann er sich nämlich als Märtyrer inszenieren, der im Rahmen eines politisch-motivierten Prozesses zum Schweigen gebracht wurde. Dass Rechtsanwalt Hans Rieder sich an dieser politischen Profilierung beteiligt, die Provokationen und Wahnvorstellungen seines Mandanten gar mitträgt, ist eine regelrechte Schande. Dass man Gerichten die Legitimität abspricht, kannten wir bislang nur von islamistischen Terroristen. Hier werden der Rechtsstaat und damit die Demokratie bewusst unterminiert.
Roger Pint